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Das Praktizieren des Islâm im Alltag - Teil 4

Das Praktizieren des Islâm im Alltag - Teil 4

Das Gesellschaftsleben

Das Gesellschaftsleben des wahren Muslims beruht auf höchsten Prinzipien, die entworfen wurden, um für das Individuum wie auch für die Gesellschaft glückliche Zufriedenheit und Wohlstand zu sichern. Klassenkampf, gesellschaftliche Kasten und Vorherrschaft des Einzelnen über die Gesellschaft und vice versa sind dem islâmischen Gesellschaftsleben fremd. Nirgendwo im Qurân oder in den Hadîthen des Propheten Muhammad kann man eine Erwähnung der Überlegenheit auf Grund von Klasse, Abstammung oder Besitz finden. Vielmehr gibt es zahlreiche Qurân-Verse und Aussagen Muhammads, die den Menschen an die wesentlichen Tatsachen des Lebens erinnern. Tatsachen, die gleichzeitig als Prinzipien für die Sozialstruktur des islâmischen Lebens dienen. Hierzu zählt die Tatsache, dass die Menschheit eine Familie bildet, die von ein und demselben Vater und von ein und derselben Mutter abstammt und dieselben definitiven Ziele anstrebt.

Die Einheit der Menschheit versteht sich im Lichte der gemeinsamen Elternschaft von Adam und Eva. Jeder Mensch ist ein Mitglied der vom ersten Vater und der ersten Mutter gegründeten universellen Familie und demnach dazu berechtigt, die gemeinsamen Vorteile zu genießen, genauso wie ihm auferlegt ist, die gemeinsamen Verantwortlichkeiten zu teilen. Wenn alle Leute begreifen würden, dass sie alle von Adam und Eva abstammen und dass diese Gottes Geschöpfe waren, dann gäbe es keinen Platz für rassistische Voreingenommenheit, soziale Ungerechtigkeit oder Zweite-Klasse-Bürgerschaft. Die Menschen wären in ihrem Sozialverhalten vereint, genauso wie sie durch die gemeinsame Elternschaft in ihrer Natur vereint sind. Im Qurân und in den Hadîthen Muhammads wird ständig an diese wichtige Tatsache, die Einheit der Menschen durch ihre Natur und Abstammung, erinnert. Dies dient der Beseitigung von Rassenstolz und von Ansprüchen auf nationale oder ethnische Überlegenheit und ebnet den Weg zu echter Brüderlichkeit (siehe Sûra 4:1; 7:189; 49:10-13!).

Die Menschheit ist nicht nur durch ihre Abstammung, sondern auch durch ihre definitiven Ziele vereint. Laut dem Islâm ist Allâh das Endziel der Menschheit. Von Ihm kommen wir, für Ihn leben wir und zu Ihm werden wir zurückkehren. Der einzige Zweck der Schöpfung besteht in der Tat darin – wie im Qurân beschrieben – Allâh anzubeten und Seiner Sache, der Sache der Wahrheit und Gerechtigkeit, der Liebe und Barmherzigkeit sowie der Brüderlichkeit und Moral zu dienen (siehe Sûra 51:56-58!).

Die Beziehungen zwischen dem Individuum und der Gesellschaft beruhen auf dieser einheitlichen Abstammung und diesem definitiven Ziel als Hintergrund für das Gesellschaftsleben im Islâm. Die Rolle des Individuums ergänzt sich mit der Rolle der Gesellschaft. Zwischen ihnen herrschen gesellschaftliche Solidarität und gegenseitige Verantwortung. Der Einzelne ist verantwortlich für das Allgemeinwohl und den Wohlstand seiner Gesellschaft. Diese Verantwortlichkeit besteht nicht lediglich gegenüber der Gesellschaft, sondern auch gegenüber Allâh. Auf diese Weise arbeitet der Einzelne mit einer vernünftigen sozialen Gesinnung und mit einem echten Gefühl unentrinnbarer Verantwortlichkeit. Er hat die Aufgabe, sein Bestes für seine Gesellschaft zu tun und zu deren Allgemeinwohl beizutragen. Andererseits ist die Gesellschaft ebenfalls gegenüber Allâh für das Wohlergehen des Individuums verantwortlich. Falls der Einzelne imstande dazu ist, ist er der Beitragende und die Gesellschaft die Begünstigte. Im Gegenzug erhält er das Recht auf Sicherheit und Fürsorge, falls er arbeitsunfähig wird. In diesem Fall ist er der Begünstigte und die Gesellschaft die Beitragende. Auf diese Weise decken sich die Pflichten und Rechte in harmonischer Weise. Verantwortung und soziales Interessen beruhen auf Gegenseitigkeit. Es gibt keinen Staat, der das Individuum beherrscht und dessen persönliche Eigenheit außer Kraft setzt. Gleichermaßen gibt es kein Individuum oder keine Klasse von Individuen, die die Gesellschaft ausnutzen und den Staat korrumpieren. Es herrschen Harmonie, Frieden und gegenseitige Absicherung. Es gibt ein konstruktives Zusammenspiel zwischen dem Individuum und der Gesellschaft.

Neben der Einheit der Menschheit durch ihre Abstammung und ihr definitives Ziel und neben der gegenseitigen Verantwortung und dem sozialen Interesse ist das islamische Gesellschaftsleben geprägt von gütiger und tugendhafter Kooperation. Es zeichnet sich durch die vollständige Anerkennung des Einzelnen und dessen unantastbares Recht auf Leben, Eigentum und Würde aus. Es zeichnet sich außerdem dadurch aus, dass der Einzelne eine wirksame Rolle im Bereich der gesellschaftlichen Moral und Ethik spielt. In einer islâmischen Gesellschaft kann das Individuum nicht teilnahmslos sein. Er wird ihm auferlegt, bei der Errichtung einer soliden Gesellschaftsmoral eine aktive Rolle zu spielen, indem er zum Guten einlädt und jegliche Form des Schlechten mit allen rechtmäßigen, ihm zur Verfügung stehenden Mitteln bekämpft. Indem er dies tut, meidet er nicht nur das Schlechte und tut Gutes, sondern verhilft zudem anderen dazu, das Gleiche zu tun. Ein Individuum, das sich gleichgültig gegenüber seiner Gesellschaft verhält, ist ein egoistischer Sünder; seine Moralvorstellungen sind defekt, sein Gewissen gestört und sein Glaube schwach entwickelt.

Die Struktur des Gesellschaftslebens im Islâm ist sehr erhaben, solide und umfassend. Zu den substanziellen Elementen dieser Struktur zählen aufrichtige Liebe für die Mitmenschen, Erbarmen mit den Jüngeren, Respekt gegenüber den Älteren, Trost und Zuspruch für die Bekümmerten, Krankenbesuche, Unterstützung der Betrübten, echtes Brüderlichkeitsempfinden und soziale Solidarität, die Achtung des Rechts anderer Menschen auf Leben, Eigentum und Würde sowie gegenseitige Verantwortung zwischen dem Individuum und der Gesellschaft. Es ist deshalb ganz normal, auf Äußerungen des Propheten wie die Folgenden zu stoßen:

Wer immer einem Menschen eine Sorge im Diesseits lindert, dem wird Allâh eine Sorge am Tag des Gerichts lindern!

Jemand, der kein Erbarmen mit den Jüngeren hat und keinen Respekt gegenüber den Älteren, gehört nicht zu uns Muslimen!

Ihr glaubt nicht wirklich, bis ihr für euren Glaubensbruder das liebt, was ihr für euch selbst liebt!

Wer andere zum Guten einlädt, ist wie derjenige, der Gutes tut, und wird dementsprechend belohnt. Und wer Schlechtes anzettelt, ist wie derjenige, der Schlechtes tut, und wird dementsprechend bestraft!

Zum anderen findet man im Qurân zahlreiche Anweisungen Allâhs wie die folgenden:


O die ihr glaubt, fürchtet Allâh in gebührender Furcht und sterbt ja nicht anders denn als (Allâh) Ergebene! Und haltet alle fest am Seil Allâhs und geht nicht auseinander! Und gedenkt Allâhs Gunst an euch, als ihr Feinde wart und Er dann eure Herzen zusammenführte, worauf ihr durch Seine Gunst Brüder wurdet. Und (als) ihr am Rand einer Feuergrube wart und Er euch dann davor errettete. So macht Allâh euch Seine Zeichen klar, auf dass ihr rechtgeleitet werden möget! Und es soll aus euch eine Gemeinschaft werden, die zum Guten aufruft, das Rechte gebietet und das Verwerfliche verbietet. Jene sind es, denen es wohl ergeht. (Sûra 3:102-104).

O die ihr glaubt, haltet die Abmachungen... Helft einander zur Güte und Gottesfurcht, aber helft einander nicht zur Sünde und feindseligem Vorgehen, und fürchtet Allâh! Allâh ist streng im Bestrafen. (Sûra 5:1-2).

Zusätzlich zu dem, was bereits erwähnt wurde, können die sozialen Strukturen des Islâm einmal mehr in der Abschiedspredigt des Propheten Muhammad beim Haddsch gesehen werden. Er sprach zu Zehntausenden von Pilgern und sagte unter anderem:

Ihr Menschen! Hört meine Worte, denn ich weiß nicht, ob ich nach diesem Jahr noch einmal an diesem Ort mit euch zusammentreffen werde!

Euer Blut und euer Eigentum sind wahrhaftig sakrosankt, bis ihr eurem Herrn begegnet, so wie dieser Tag und dieser Monat heilig sind. Denkt daran, dass ihr vor euren Herrn treten müsst, Der euch nach all euren Taten befragt!

Ihr Menschen! Ihr habt gewisse Rechte gegenüber euren Frauen, und eure Frauen haben gewisse Rechte euch gegenüber. Behandelt eure Frauen liebevoll und freundlich! Ihr habt sie wahrhaftig als anvertrautes Gut von Allâh bekommen und sie wurden durch die Worte Allâhs rechtmäßig für euch. Bewahrt stets das euch anvertraute Gut und meidet Sünden!

Jegliche Blutrache aus der Zeit der Ignoranz und Unwissenheit ist verboten und jegliche Blutfehde ist abgeschafft.

Und eure Sklaven! Seht zu, dass ihr sie mit dem Essen speist, das ihr selbst esst, und mit der Kleidung bekleidet, die ihr selbst tragt! Und wenn sie einen Fehler begehen, den ihr nicht vergeben könnt, dann trennt euch von ihnen, da sie die Diener des Herrn sind und nicht harsch behandelt werden dürfen!

Ihr Menschen, hört meine Worte und begreift sie! Wisset, dass jeder Muslim dem anderen Muslim ein Bruder ist und dass ihr alle eine einzige Bruderschaft bildet! Niemandem ist etwas vom Besitz seines Bruders erlaubt außer dem, was er ihm aus freien Stücken gibt; schützt euch also davor, ungerecht zu handeln!

Wie dieser Tag in diesem Monat in diesem Gebiet sakrosankt und unantastbar ist, hat Allâh das Leben, das Eigentum und die Würde eines jeden von euch gegenüber dem Anderen heilig und unantastbar gemacht, bis ihr eurem Herrn begegnet.



So verkünde dies der Anwesende dem Abwesenden, denn vielleicht verkündet es der Anwesende jemandem, der es besser behält als er!

Ich habe meinen Auftrag wahrhaftig erfüllt. Ich habe euch etwas hinterlassen, wodurch ihr niemals mehr fehlgehen werdet, so ihr daran festhaltet: Allâhs Offenbarungsbuch und die Sunna Seines Propheten.


Das Praktizieren des Islâm im Alltag - Teil 3
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