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Scharīk ibn Abdullāh

Scharīk ibn Abdullāh

Justiz … Gerechtigkeit … Unrecht … das Recht der Menschen … das Recht Allâhs; das waren die Worte, die Scharîk in den Sinn kamen, als der Kalif ihm das Richteramt in Kufa angeboten hatte, denn welch eine große Verantwortung war das!

Im Jahre 95 nach der Hidschra wurde Scharîk ibn Abdullâh An-Nacha’î in der Stadt Buchara in der heutigen Republik Usbekistan geboren. Im Alter von neun Jahren lernte er den edlen Qurân auswendig und studierte dann Fiqh (islâmische Rechtswissenschaft) und Hadîth. Er war jemand geworden, der Hadîthe des Gesandten Allâhs  möge Allah ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken auswendig gelernt hatte.

In der Stadt Kufa war er durch sein Wissen und seine Tugenden bekannt geworden. Er begann, die Menschen zu lehren und ihnen Rechtsgutachten über die Angelegenheiten ihrer Religion zu erteilen. Er geizte nicht mit seinem Wissen und machte in seiner Gesellschaft keinen Unterschied zwischen Armen und Reichen. Es wird erzählt, dass ein Sohn des Kalifen Al-Mahdî zu ihm kam, um den Vorträgen zuzuhören, die Scharîk hielt. Er wollte etwas fragen und fragte Scharîk danach, während er sich an die Wand lehnte, als ob er keinen Respekt vor der wissenschaftlichen Sitzung hätte; da würdigte ihn Scharîk keines Blickes. Er wiederholte die Frage, aber Scharîk würdigte ihn keines Blickes und wandte sich von ihm ab. Die Anwesenden sagten: „Du tust so, als ob du die Söhne des Kalifen gering schätzen und nicht gebührend behandeln würdest!“ Scharîk entgegnete: „Nein! Aber das Wissen ist bei den Seinen besser aufgehoben, als dass ihr euch ihm gegenüber nachlässig verhaltet.“ Dem Sohn des Kalifen blieb dann nichts Anderes übrig als auf seine Knie zu fallen und ihn zu fragen, worauf Scharîk sagte: „So sucht man das Wissen!“

Ihm wurde das Richteramt angeboten, was er indes ablehnte, weil er diese große Verantwortung aus Angst, jemandem Unrecht zu tun, nicht übernehmen wollte. Als der Kalif ihn zu sich kommen ließ und ihm sagte: „Ich möchte dir das Richteramt anvertrauen“, entgegnete er: „Befrei mich davon, Fürst der Gläubigen!“ Der Kalif erwiderte: „Ich befreie dich nicht davon!“ Daraufhin willigte Scharîk ein und begann, die Klagen zu studieren und darüber gerecht zu urteilen, wobei er keine Furcht kannte außer vor Allâh.

Es wird erzählt, dass er eines Tages bei einer Gerichtssitzung war, als eine Frau zu ihm kam und sagte: „Ich habe Allâh und dann nur dich, o Helfer der Unterdrückten!“ Scharîk sah sie an und fragte: „Wer hat dir Unrecht getan?“ Sie antwortete: Prinz Mûsâ ibn Îsâ, der Vetter des Fürsten der Gläubigen väterlicherseits.“ Er fragte sie: „Wieso?“ Sie erwiderte: „Ich hatte einen Garten mit Palmen und Pflanzen am Ufer des Euphrats. Ich habe ihn von meinem Vater geerbt und ummauert. Gestern hat der Prinz fünfhundert Diener geschickt, die die Mauer abgerissen haben, sodass ich jetzt die Grenzen zwischen meinem Garten und seinen Gärten nicht erkennen kann.“ Da schrieb der Richter dem Prinzen: „Und nun zum Thema … möge Allâh den Prinz schützen und ihm Seine volle Güte erweisen! Eine Frau kam zu mir und teilte mir mit, der Prinz habe ihr gestern ihren Garten weggenommen. Also möge der Prinz jetzt zur Urteilsverkündung kommen! Friede!“

Als der Prinz den Brief von Scharîk gelesen hatte, wurde er sehr wütend und rief nach dem Polizeichef und sagte zu diesem: „Geh zu Scharîk dem Richter und sag ihm in meinem Namen: »Allâh sei gepriesen! Ich habe nichts Merkwürdigeres erlebt: Wieso gibst du einer dummen Frau das Recht gegen den Prinzen, wobei ihre Klage unberechtigt ist?« Da entgegnete der Polizeichef: „Würde der Prinz mich von dieser Aufgabe befreien? Denn der Richter ist, wie Sie wissen, sehr streng!“ Der Prinz erwiderte wütend: „Geh jetzt ohne Zögern!“

Der Polizeichef verließ den Prinzen und wusste nicht, was er tun sollte, dann sagte er zu seinen Dienern: “Nehmt Decke, Essen und was noch nötig ist und bringt es vor mir ins Gefängnis!“ Dann ging er zu Scharîk, der zu ihm sagte: „Ich habe den Prinzen persönlich hergebeten, er hat dich aber mit seiner Botschaft geschickt, die ihm hier in der Gerichtssitzung nichts nutzt!“ Er rief nach dem Gerichtsdiener und sagte zu diesem: „Bring ihn ins Gefängnis!“ Da sagte der Polizeichef: „Bei Allâh, das habe ich erwartet und deswegen das Notwendige dorthin geschickt!“

Prinz Mûsâ ibn Îsâ schickte einige seiner Freunde, um mit dem Richter darüber zu reden, und dieser brachte sie ebenfalls ins Gefängnis. Als der Prinz davon erfahren hatte, öffnete er das Gefängnis und ließ alle Gefangenen frei. Am nächsten Tag wusste Scharîk der Richter von dem Geschehenen und sagte zu seinem Diener: „Bring meine Sachen und folge mir nach Bagdad! Bei Allâh, wir haben die Abbasiden um dieses Amt nicht gebeten, sondern sie haben es uns aufgezwungen und uns garantiert, dass wir es mit Würde und Freiheit ausüben.“

Als Prinz Mûsâ davon erfuhr, eilte er den Richter Scharîk zu erreichen und sagte zu diesem: „O Abû Abdullâh, du hast meinen Boten und dann meine Freunde ins Gefängnis geworfen!“ Scharîk erwiderte: „Ja, weil sie deinetwegen etwas getan haben, was sie nicht hätten tun sollen. Ihre Vermittlung hindert die Arbeit des Gerichts, verstößt gegen die Gerechtigkeit und verhilft dazu, dem Recht der Schwachen nicht nachzukommen. Ich werde nicht zurückkehren, bevor sie alle ins Gefängnis zurückgebracht wurden, sonst reise ich zum Kalifen und bitte ihn, mich des Richteramtes zu entheben.“ Der Prinz fürchtete sich und ließ sie wieder in Haft nehmen. Der Richter nahm in der Gerichtssitzung Platz und ließ die Klägerin holen und sagte ihr: „Dein Gegner ist nun gekommen!“ Der Prinz sagte: „Da ich gekommen bin, bitte ich Sie, die Gefangenen freizulassen.“ Scharîk erwiderte: „Das kann dir jetzt bewilligt werden.“ Er fragte den Prinzen nach der Klage der Frau und der Prinz sagte: „Sie hat Recht.“ Der Richter Scharîk sagte: „Dann sollst du ihr zurückgeben, was du ihr weggenommen hast und ihre Mauer wieder errichten lassen.“ Der Prinz erwiderte: „Das werde ich tun.“ Da fragte Scharîk die Frau: „Hast du noch etwas gegen ihn?“ Sie sagte: „Möge Allâh dich segnen und es dir mit Gutem vergelten!“ Der Prinz verließ die Sitzung und sagte: „Wer die Sache Allâhs hochschätzt, für den erniedrigt Allâh die Großen Seiner Schöpfung.“

Im Jahre 177 nach der Hidschra starb der Richter Scharîk.

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