Sehnsucht nach dem Ramadân – Teil 2
02/08/2010| IslamWeb
Du schautest sie an während sie weinten, während sie dem weltlichen Genuss trotzend im nächtlichen Gebet verharrten. Sie bangten lediglich um das Jenseits und scheuten das Diesseits, sie warfen sich nieder und sprachen Bittgebete, wobei sie ihre Hoffnung einzig auf Allâh setzten.
Safwân ibn Salîm betete das freiwillige Nachtgebet, bis seine Venen hervorquollen und ihre grüne Farbe sichtbar wurde.
Umar ibn Al-Chattâb weinte so viel, dass sich in seinem Gesicht zwei dauerhafte Linien eingruben.
Abdullah ibn Al-Fudail hörte einen Vers, der ihn ohnmächtig machte und zu Fall brachte. Es waren die Worte Allâhs (ungefähre Bedeutung): „Und wenn du sehen würdest, wenn sie vor das (Höllen)feuer gestellt werden! Dann werden sie sagen: »O würden wir doch zurückgebracht werden! Wir würden (dann) nicht die Zeichen unseres Herrn für Lüge erklären, sondern würden zu den Gläubigen gehören. «" (Sûra 6:27)
Für diese Menschen sind sicherlich folgende Worte Allâhs zutreffend (ungefähre Bedeutung): „Ihre Seiten weichen vor den Schlafstätten zurück; sie rufen ihren Herrn in Furcht und Begehren an und geben von dem, womit Wir sie versorgt haben, aus. Keine Seele weiß, welche Freuden im Verborgenen für sie bereitgehalten werden als Lohn für das, was sie zu tun pflegten.“ (Sûra 32:16-17)
O Ramadân! Doch wen triffst du heutzutage an, wenn du eintriffst? Elende Menschen, deren einzige Sorge während der Nacht Unterhaltung und Leichtfertigkeit ist! Törichte Menschen, die die Gebete unterlassen haben und sich mit TV-Sendern beschäftigen. Faule Menschen, von denen manche nur anstreben, die acht Rak’as des Tarawîh-Gebets mit dem Imâm zu beten, um anschließend die Moschee verlassen und damit prahlen, als hätten sie dessenthalben ihre Pflicht zur Anbetung und alle anderen Verpflichtungen gegenüber Allâh erfüllt. Hartherzige Menschen, die den Qurân Tag und Nacht rezitiert hören und deren Herzen sich dennoch nicht bewegen und deren Augen niemals eine Träne vergießen!
O Ramadân! Vergib uns! Unsere Herzen sind hart geworden und unsere Augen sind trocken; wir fühlen die Süße des Gehorsams Dir gegenüber nicht mehr, noch spüren wir die Schönheit der Anbetung.
Entschuldige, O Ramadân! Du kamst zu Menschen, die ohne jegliche Blutsverwandtschaft und Geschwister waren. Sie erkannten jedoch den Wert der Brüderlichkeit, verstanden deren Bedeutung und erfüllten deshalb deren Rechte. Sie begriffen die Worte des Propheten völlig, als er sagte: "Ein Muslim ist der Bruder seines muslimischen Gefährten."
Sie glichen einem einzigen Körper. Die Älteren waren barmherzig mit den Jungen und die Jungen ehrten die Älteren. Sie führten ein Leben voller Mitgefühl und behandelten sich gegenseitig voll Liebe. Sie lebten in Harmonie und hegten keinen Hass, keine Eifersucht oder Boshaftigkeit. Sie litten, wenn ihre Brüder litten und strebten danach, die Bedürfnisse ihrer Brüder zu erfüllen.
Einst kam ein Mann zu Ibn 'Abbâs und stellte fest, dass er während des I'tikâf in der Moschee wohnte. Er bat ihn, ihm dabei zu helfen, etwas zu erledigen. So stand Ibn Abbâs auf, um ihn zu begleiten und ihm zu helfen. Manche fragten ihn: "Du bist in deinem I'tikâf! Wie kannst du gehen?" Er antwortete: "Es ist besser (lohnenswerter) für mich, meinen Bruder zu begleiten, mit dem Ziel, seine Angelegenheit zu erledigen, als zwei vollständige Monate in der Moschee des Propheten im I'tikâf zu verweilen."
O Ramadân! Heutzutage triffst du aber lediglich Menschen an, die Brüderlichkeit durch Feindschaft und Liebe durch Hass ersetzt haben. Es ist, als hätten sie die folgenden Worte des Propheten niemals gehört: "Die Taten werden jeden Montag und Donnerstag zu Allâh erhoben und Er vergibt allen Menschen, außer Zweien, die einen Streit miteinander haben. Es wird gesagt werden: »Stell diese Zwei zurück, bis sie ihren Streit schlichten!«"
Du kommst heutzutage, um lediglich Menschen vorzufinden, deren Sinn für Brüderlichkeit abgenommen hat, sowie auch ihr Empfinden für die Verpflichtung, die zwischen ihnen und Allâh ist, am Schwinden ist. Sie reagieren auf das Unheil ihrer muslimischen Gefährten auf der ganzen Welt nicht mehr. Es bewegt sie nicht, wenn ihre Schwestern vergewaltigt werden oder ihre Rechte verletzt werden. Es ist, als hätten sie fogende Worte des Propheten niemals gehört: "Wer sich nicht um die Angelegenheiten der Muslime kümmert, gehört nicht zu ihnen." Du kommst heutzutage, um lediglich Menschen anzutreffen, die nicht einmal etwas über ihren unmittelbaren Nachbarn wissen.
Entschuldige, o Ramadân! Dies sind unsere Wunden und dies ist die Realität, in der wir leben!