Wer hinter einem Imâm betet, dessen Rezitation nicht korrekt ist

18-5-2010 | IslamWeb

Frage:

Ich betrat einen kleinen Gebetsraum, um ein Gebet zu verrichten, das still verrichtet wird. Da beeilte sich ein Mann, dessen Muttersprache nicht Arabisch ist, um das Gebet zu leiten. Damals wussten die Beter noch nicht, ob er die Rezitation der ersten Sûra beherrscht oder nicht. Manche Nichtaraber sagen beim Aufrichten des Körpers nach der Beugung "Sami`a Allâhu liman hamedah" anstatt "Sami'a Allâhu liman hamidah". Manchmal sprechen sie es in einer Rak´a (Gebetseinheit) richtig, in einer anderen aber falsch aus.
Was soll man machen? Darf man hinter ihnen beten? Oder vielleicht soll man in solchen Fällen alleine beten? Falls man hinter einem von diesen betet und es sich erweist, dass er nicht richtig rezitiert, darf man das Gebet alleine zu Ende führen, gleich nach Änderung eigener Intention, auf dass es so scheint, dass man dem Imâm noch folgt, also wie manche meinen, die sich mit Islâm-Wissenschaften beschäftigen? Falls derartige Gebete ungültig waren, was soll man machen? Soll man enorm viele Gebete solcher Art wiederholen? Oder genügt es, freiwillige Gebete zu verrichten? (Zu dieser Meinung habe ich besonders Neigung.)
Was ist die rechtliche Beurteilung des laut rezitierten Gebetes, wobei der Imâm die erste Sûra zum Teil nicht richtig rezitiert? Übrigens, dies ist leider weitverbreitet, sogar unter den offiziellen Imâmen. Sie sagen z. B. anstatt "ihdina As-Sirat Al-mustaqîm": "ihdina asirat Al-mustaqim". Ich bin mir ganz sicher, dass euch dies auch bekannt ist. Wenn dies der Fall mancher offiziellen Imâme ist, wie steht es dann um Laien wie mir, oder sogar der Fall der Nichtaraber wie Inder und Pakistaner?
Vielen Dank!

Antwort:

Der Lobpreis ist Allâhs! Möge Allâh Seinen Gesandten in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken!

 

Und nun zur Frage:

 

Wenn du nicht wusstest, dass der Imâm, hinter dem du betest, die erste Sûra nicht richtig rezitiert, so dass sich die Bedeutungen ändern, wäre dein Gebet gültig. Jeder Muslim darf mitbeten, wo immer ein Gemeinschaftsgebet stattfindet. Von ihm verlangt man nicht, die stille Rezitation des Imâms zu überprüfen, da dies unmöglich wäre. Ibn Qudâma sagt: "Würde derjenige, der perfekt rezitieren kann, hinter einem Imâm ein still rezitiertes Gebet verrichten, von dessen Art und Weise seiner Rezitation niemand vorher Bescheid weiß, wäre sein Gebet hinter diesem Imâm gültig, denn logischerweise leitet das Gebet, wer am besten rezitieren kann. Niemand kennt ja das Verborgene." (Al-Mughnî)

 

Hört man die Rezitation des Imâms und stellt fest, dass er die ersten Sûra nicht richtig rezitiert, dass sich die Bedeutungen ändern, wie z. B. wenn er einen Buchstaben durch einen anderen austauscht, so soll man das Gemeinschaftsgebet verlassen und sein Gebet alleine zu Ende führen. Man darf hinter ihm nicht mehr beten, nachdem die Fehlerhaftigkeit seiner Rezitation erwiesen worden ist. Würde man hinter ihm trotzdem beten, so wäre das Gebet ungültig.

 

Daher müsste das Gebet wiederholt werden, abgesehen davon, ob man (hinter ihm) einmal oder mehrmals schon betete. Wüsste man die Anzahl der derart verrichteten Gebete nicht, sollte man ihre Anzahl soviel wie möglich schätzen. All diese vorigen Beurteilungen gelten erst, wenn der hinter dem Imâm Betende die erste Sûra richtig rezitieren kann. Wäre dessen Rezitation der des Imâms ähnlich, so wäre sein Gebet hinter diesem Imâm gültig.

 

Beide sollten soviel wie möglich die richtige Rezitationsweise, besonders die der ersten Sûra, lernen, da (nur) die fehlerhafte Rezitation der ersten Sûra das Gebet ungültig macht. Also wenn ein Imâm z. B. "Sami'a Allâhu liman hamideh" anstatt "Sami'a Allâhu liman hamidah" ausspricht (also einen Buchstaben mit einem anderen ihm ähnlichen austauscht), ist sein Gebet gültig, und daher darf man ihn (beim Gemeinschaftsgebet) nicht verlassen, weil dieser Fehler nicht in der ersten Sûra ist.

                                                                             

Ibn Qudâma sagte: "Wer einen Buchstaben der ersten Sûra weg lässt, da er diesen nicht aussprechen kann, diesen durch einen anderen wie zum Beispiel statt des gerollten "R" das "R" im Gaumen ausspricht oder da er zwei Buchstaben zusammenlegt oder wenn er nicht richtig rezitiert, dass sich der eigentliche Sinn ändert, wie z. B. "Iyyaki" anstatt "iyyaka" , oder "an'amtu" anstatt "an'amta", der würde als Analphabet eingestuft. Hinter ihm darf derjenige, der richtig rezitieren kann, nicht beten. Ein Nicht-lesender darf hinter seinesgleichen beten, da beide gleich sind. Wer die Fehlerhaftigkeit seiner Rezitation korrigieren kann und dies trotzdem nicht macht, wäre sowohl dessen Gebet, und das Gebet dessen, der hinter ihm betet, ungültig."

 

Ibn Qudâma fuhr fort: "Es ist (nur) verwerflich, dass man hinter demjenigen betet, der nicht richtig rezitiert, (vorausgesetzt) dass die Fehlerhaftigkeit seiner Rezitation den eigentlichen Sinn nicht ändert. Dies ist die Meinung von Ahmad. Wer nicht richtig rezitieren kann, hinter dem darf man ja beten, da dieser der Pflicht des Lesens nachkommt. Rezitiert dieser andere Verse als die der ersten Sûra nicht richtig, dass sich der Sinn ändert, so wäre sein Gebet nicht ungültig und daher kann man hinter ihm beten, es sei denn, er beabsichtigt die Änderung des Sinnes. Sonst wäre ihr Gebet ungültig." (Al-Mughnî)

 

Ad-Dusûqî meinte: "Beabsichtigt jemand, nicht richtig zu rezitieren, wäre sowohl sein Gebet, als auch das Gebet dessen, der hinter ihm betet einstimmig ungültig. Rezitiert jemand aus Versehen nicht richtig, wäre sein Gebet einstimmig gültig. Könnte jemand aus Natur weder richtig rezitieren, noch die richtige Rezitationsweise erlernen, so wäre sein Gebet auch einstimmig gültig. Es würde aber zum Streitgegenstand, wenn man Analphabet wäre, aber belehrt werden könnte. Man muss unterscheiden, könnte er die richtige Rezitationsweise erlernen, oder nicht, könnte er hinter demjenigen beten, der richtig rezitiert, oder nicht? Nach überwiegender Meinung wäre sowohl sein Gebet, als auch das Gebet dessen, der hinter ihm betet, gültig. Darüber stimmten Al-Lachmî und Ibn Rushd überein.“

 

Außerdem sind die späteren Hanafiten der Ansicht, wer einen Buchstaben (sogar aus) der ersten Sûra durch einen anderen austauscht, wäre dessen Gebet gültig. Da dies leider weit verbreitet und nicht zu vermeiden ist.

 

Und Allâh weiß es am besten.

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