Ich bin ein armer Mann, ich habe zwei behinderte Kinder. Die wohltätigen Leute haben mir von ihrer Zakâ und von ihren Spenden gegeben, so dass mein Geld die Zakâ-Erhebungsgrenze erreicht hat. Nun ist mein Vermögen seit einem Jahr über der Erhebungsgrenze. Muss ich die Zakâ entrichten?
Der Lobpreis gebührt Allâh und möge Allâh den Gesandten Allâhs, sowie dessen Familie und Gefährten in Ehren halten und ihnen Wohlergehen schenken!
Die Mehrheit der Gelehrten ist der Meinung, dass die Zakâ für das Vermögen entrichtet werden muss, wenn es die Zakâ-Erhebungsgrenze erreicht und dann ein Jahr lang so verbleibt. Wenn der Muslim also Eigentum besitzt, das die Zakâ-Erhebungsgrenze erreicht hat, und darüber ein Jahr vergangen ist, dann ist er zur Entrichtung der Zakâ verpflichtet, egal ob er reich oder arm ist. Die Hanafiten schließen von der Zakâ alles aus, was man für die Grundbedürfnisse aufbewahrt, wie Essen, Trinken, Kleidung und Ähnliches. Die Hanafiten meinen, dass dafür die Zakâ nicht entrichtet werden muss.
Die Mehrheit der Gelehrten ist jedoch anderer Meinung: Jeder, dessen Eigentum die Zakâ-Erhebungsgrenze erreicht hat, ist zur Zahlung der Zakâ verpflichtet, auch wenn er arm ist. Dass er einer derjenigen ist, die Anspruch auf die Zakâ haben, hindert ihn nicht daran, dass er sie entrichten muss. Die Gelehrten unterscheiden zwischen dem Reichtum, der zur Entrichtung der Zakâ verpflichtet, und dem, der daran hindert, Zakâ-Gelder zu beanspruchen. Der Reichtum, der zur Entrichtung der Zakâ verpflichtet, gilt laut Mâlik, As-Schâfi'î und Ahmad dann, wenn das Vermögen die Zakâ-Erhebungsgrenze erreicht.
Ibn Qudâma sagt: Die vierte Voraussetzung ist der Reichtum. Als Beweis dafür dient die Aussage des Propheten (möge Allah ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken) zu Mu'âdh ibn Dschabal: Sag ihnen, dass sie zum Entrichten einer Pflichtabgabe verpflichtet sind, die von den Reichen genommen und an die Armen gezahlt wird. (Überliefert von Al-Buchârî und Muslim). Da die Zakâ noch als ein Trost den Armen gegenüber gilt, musste der Reichtum als Voraussetzung zur Verpflichtung angesehen werden, damit der Reiche den Armen trösten kann. Mit dem Reichtum ist hier das Eigentum gemeint, das die Zakat-Erhebungsgrenze erreicht, ohne dass der Eigentümer verschuldet ist.
Mit dem Reichtum aber, der daran hindert, Zakâ-Gelder zu beanspruchen, ist gemeint, dass man die Grundbedürfnisse ausreichend decken kann, egal ob das eigene Vermögen die Zakâ-Erhebungsgrenze erreicht oder nicht. Al-Chattâbî erwähnt: Mâlik und As-Schâfi'î sagen, es handle sich bei der Zakâ nicht um eine bestimmte Vermögensgrenze, sondern um den finanziellen und körperlichen Zustand des Menschen. Wenn er damit zufrieden ist, was er besitzt, dann ist es ihm verboten, Spendengelder für den Eigenbedarf aufzuwenden. Wenn er aber bedürftig ist, ist es ihm erlaubt. As-Schâfi'î sagt, der Mann könne mit einem Dirham reich sein, weil er arbeitet. Er könne aber trotz des Besitzes von eintausend Dirham arm sein, weil er schwach ist und viele Kinder hat.
Die Hanafiten meinen aber, dass beide Arten des Reichtums gleich seien und dass derjenige, dessen Vermögen die Zakâ-Erhebungsgrenze erreicht, nichts von der Zakâ nehmen dürfe, weil er reich geworden sei. Wahrscheinlicher ist die Meinung der Mehrheit der Gelehrten.
Demnach bist du zur Entrichtung der Zakâ verpflichtet, solange dein Vermögen die Zakâ-Erhebungsgrenze erreicht hat und ein Jahr so verweilt. Das schließt nicht aus, dass du Zakâ-Gelder beanspruchen darfst, falls du Anspruch darauf hast.
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