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Die Almosen (Zakâ) - Teil 1

Die Almosen (Zakâ) - Teil 1

Eine weitere besonders erwähnenswerte Angelegenheit und Elemantarpflicht des Islâm ist die Zakâ. Für das im Qurân stehende Wort Zakâ und dessen Bedeutung existiert unseres Wissens in keiner anderen Sprache eine Entsprechung. Es handelt sich bei ihr nicht lediglich um eine Art Wohltätigkeit, Almosengeben, Steuer oder Zehntes. Die Zakâ ist auch nicht lediglich ein Ausdruck von Freundlichkeit. Sie ist all dies vereint und noch viel mehr. Sie ist nicht lediglich ein Abzug eines bestimmten Prozentsatzes vom eigenen Besitz, sondern eine immense Bereicherung und spirituelle Investition. Sie ist weder lediglich eine freiwillige Zuwendung für jemanden oder etwas noch ist sie eine staatliche Steuer, mit der ein cleverer, raffinierter Mensch davonkommen könnte. Vielmehr ist sie eine Pflicht, die von Allâh auferlegt wurde und von Muslimen im Interesse der Gesellschaft als Ganzes ausgeführt wird. Das im Qurân stehende Wort Zakâ umfasst nicht nur Wohltätigkeit, Almosen, Zehntes, Güte, gesetzliche Steuern, freiwillige Spenden etc., sondern verbindet sie zudem mit  Ausrichtung auf Allâh und mit spirituellen sowie moralischen Zielen. Auf Grund der höchsten Originalität des Qurân, dem Buch Gottes, kann es kein Äquivalent für das Wort Zakâ geben.

 

Die wörtliche und schlichte Bedeutung von Zakâ ist Reinheit. Die fachspezifische Bedeutung dieses Wortes bezeichnet den jährlichen Betrag in Sachleistungen oder Geld, den ein bemittelter Muslim unter den rechtmäßigen Empfängern verteilen muss. Die religiöse und spirituelle Bedeutung von Zakâ ist jedoch wesentlich tiefsinniger und dynamischer. Dementsprechend ist auch ihr humanitärer und soziopolitischer Wert. Es folgt eine Erläuterung der weitreichenden Auswirkungen der Zakâ:

 

1. Die Zakâ reinigt den Besitz der bemittelten Menschen und säubert ihn von den Anteilen, die nicht mehr zu diesem gehören, sprich, von den Anteilen, die unter den rechtmäßigen Empfängern verteilt werden müssen. Sobald die Zakâ fällig ist, muss ein gewisser Prozentsatz des Eigentums umgehend in der richtigen Art und Weise verteilt werden, da der Besitzer keinen moralischen oder rechtlichen Anspruch auf diesen Prozentsatz mehr hat. Unterlässt er dies, so hält er offensichtlich etwas zurück, was ihm nicht gehört. Dies stellt in jeder Hinsicht moralisch und spirituell sowie rechtlich und wirtschaftlich Korruption und widerrechtliche Aneignung dar. Es bedeutet, dass der unrechtmäßig einbehaltene Prozentsatz die Gesamtmenge verunreinigt und gefährdet. Sortiert er hingegen die den Armen zustehenden Anteile aus und verteilt er sie unter den rechtmäßigen Empfängern, so werden die übrigen Anteile der Gesamtmenge rein und anständig. Reines Kapital und anständige Besitztümer sind die Haupterfordernisse für dauerhaften Wohlstand und aufrichtige Tätigkeiten.

 

2. Die Zakâ reinigt nicht nur den Besitz des Spenders, sondern auch dessen Herz von Egoismus und Geldgier. Im Gegenzug reinigt sie das Herz des Empfängers von Neid und Eifersucht, von Hass und Unbehaglichkeit und fördert stattdessen in dessen Herzen Wohlwollen und beste Wünsche für den Spender. Folglich reinigt sich die Gesellschaft insgesamt und befreit sich von Klassenkämpfen und Argwohn, von Unmut und Misstrauen, von Verderbtheit und Zerfall sowie von jedem derartigen Übel.

 

3. Die Zakâ reduziert das Leid der bedürftigen und armen Mitglieder der Gesellschaft auf ein Minimum. Sie ist ein äußerst beruhigender Trost für die weniger wohlhabenden Menschen. Sie ist jedoch auch ein lauter Appell an alle, die Ärmel hochzukrempeln und das Los zu verbessern. Für den Bedürftigen bedeutet dies, dass die Zakâ eigentlich eine Notmaßnahme ist und dass er sich nicht völlig darauf verlassen, sondern etwas für sich selbst und auch für die anderen tun sollte. Für den Spender ist es eine herzliche Aufforderung, mehr zu verdienen, um mehr Nutzen stiften zu können. Für alle Beteiligten stellt sie, sowohl direkt als auch indirekt, einen offenen Schatz für eine spirituelle Investition dar, die in reichem Maße vergütet wird.

 

4. Die Zakâ ist eine vernünftige Form der inneren Absicherung gegen egoistische Gier und gesellschaftliche Zwietracht sowie gegen das Eindringen und Durchdringen zersetzender Ideologien. Sie ist ein wirksames Instrument, den Geist des Spenders mit sozialer Verantwortung zu veredeln und dem Empfänger das Gefühl von Sicherheit und Zugehörigkeit zu verleihen.

 

5. Die Zakâ ist eine anschauliche Manifestation eines spirituellen und humanitären Geistes gegenseitiger Interaktionen zwischen dem Einzelnen und der Gesellschaft. Sie ist eine schöne Veranschaulichung der Tatsache, dass der Islâm, auch wenn er die freie Wirtschaft nicht hemmt oder den Privatbesitz nicht missbilligt, keinen egoistischen, gierigen Kapitalismus duldet. Sie ist ein Ausdruck des generellen islâmischen Weltbilds, das einen gemäßigten und mittleren, jedoch positiven und wirksamen Kurs zwischen dem Einzelnen und der Gesellschaft, zwischen dem Bürger und dem Staat, zwischen Kapitalismus und Sozialismus sowie zwischen Materialismus und Spiritualität einschlägt.

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