Islâm: Eine Heimstنtte für Toleranz, nicht für Fanatismus

7582 4084

Seit den schrecklichen Terroranschlägen auf Amerika haben die Medien die Zeigefinger auf die muslimische und arabische Welt gerichtet. Das bedeutete für einfache Bürger der Vereinigten Staaten und anderer westliche Länder, eine leichte Beute für Antireligionsrandalierer zu werden. Dies ist wahrlich eine Schande.

 

Traurigerweise scheint es so, dass der letzte Schrecken, den Amerika getroffen hat, von Menschen verursacht wurde, die nahöstlichen Ursprung haben und muslimische Namen tragen. Wiederum eine Schande.
 
Dies schürt mehr Hass gegenüber einer Religion und einem Volk, das nichts mit diesen Ereignissen zu tun hat. Darum möchte ich ein paar grundlegende Fakten der edlen Lebensweise, die wir Islâm nennen, erklären, bevor – Gott bewahre – eine weitere Katastrophe geschieht, die das nächstes Mal vielleicht gegen Muslime gerichtet ist.
 
Ich kam in meinen späten 20ern, während meiner Zeit der Suche als ein umherstreifender Popstar zum Islâm. Ich fand eine Religion, die wissenschaftliche Erklärung mit spiritueller Realität verbindet, in einem vereinenden Glauben, weit entfernt von den Schlagwörtern der Gewalt, der Zerstörung und des Terrorismus.
 
Eines der ersten interessanten Dinge, die ich im Qurân lernte war, dass der Name dieses Glaubens vom Wort Salâm – Frieden abgeleitet ist. Weit entfernt von der türkisch-arabischen Botschaft, die ich erwartet hatte, präsentierte der Qurân einen Glauben an die Existenz eines einzigen Gottes, der der Gott aller Menschen ist. Er diskriminiert keinen Menschen; Er sagt, dass wir zwar verschiedene Hautfarben haben und von verschiedenen Stämmen abstammen, dass wir jedoch alle Menschen sind. Er sagt uns auch: „die Besten unter den Menschen sind die Gottesfürchtigsten“ (Sûra 49:13)
 
Heute bin ich als Muslim durch den Schrecken der aktuellen Ereignisse wie am Boden zerstört; die Vorführung von Tod und willkürlichem Morden, die wir alle erlebt haben, erstickte das Vertrauen der Menschheit in sich selbst. Terror in diesem Ausmaß betrifft auf diesem kleinen Planeten jedermann und niemand ist vor den Auswirkungen gefeit. Dennoch sollten wir uns daran erinnern, dass solche Gewalt ein fast tägliches Vorkommnis in manchen muslimischen Ländern ist, wobei dies nicht durch Racheattacken auf noch mehr unschuldige Familien und Gemeinschaften verschlimmert werden sollte.
 
Wie die meisten Muslime empfinde ich es als Pflicht zu erklären, dass solche inszenierten und unverständlichen Massaker nichts mit den Glaubensinhalten der meisten Muslime zu tun haben. Der Qurân erklärt speziell (hierzu) sinngemäß: "Aus diesem Grunde haben Wir den Kindern Isra'ils vorgeschrieben: Wer ein menschliches Wesen tötet, ohne (dass es) einen Mord (begangen) oder auf der Erde Unheil gestiftet (hat), so ist es, als ob er alle Menschen getötet hätte. Und wer es am Leben erhält, so ist es, als ob er alle Menschen am Leben erhält."(Sûra 5:32)
 
Der Qurân, den unsere jungen Leute lesen, ist voller Erzählungen und Lehren aus der Geschichte der gesamten Menschheit. Es wird auf das Indschîl (Evangelium) und die Taurâh (Thora) verwiesen. Îsâ (Jesus) und Ibrâhîm (Abraham) werden erwähnt. Tatsächlich wird der Prophet Mûsâ (Moses) öfter im Qurân erwähnt, als jemand anderes. Der Qurân bestätigt die Koexistenz anderer Glaubensrichtungen und bekräftigt damit, dass verschiedenen Kulturen gemeinsam in Frieden leben können.
 
Im Qurân steht: "Es gibt keinen Zwang im Glauben." (Sûra 2:256) Dies bedeutet, dass Menschen nicht dazu gezwungen werden sollten, ihren Glauben zu ändern. An anderer Stelle steht: "Euch eure Religion und mir meine Religion." (Sûra 109:6)
 
Der Respekt gegenüber religiösen Werten und die Gerechtigkeit sind das „Herzstück“ des Qurân. Die qurânische Geschichte, die wir unseren Jugendlichen beibringen, enthält genügend Beispiele von interreligiösen und internationalen Beziehungen und für das Zusammenleben.
 
Einige Extremisten reißen aber Teile der heiligen Schriften aus dem Zusammenhang. Diese Leute handeln als Individuen und wenn sie nicht als Teil einer politischen Gruppierung oder im Rahmen eines Konsultationsprozesses zusammenkommen, findet man diese andersdenkende Sondergruppe ihre eigenen Regeln aufstellen, die im Gegensatz zum Geist des Qurân stehen – der dazu auffordert, dass jene, die die Verantwortung für die Muslime haben, sich in Bezug auf gesellschaftliche Angelegenheiten gemeinsam beraten sollen. Es gibt ein ganzes Kapitel im Qurân, das „die Beratung“ heißt.
 
Das Gemeinwohl ist nach dem Islâm für das menschliche Leben zentral, ebenso gibt es im Islâm ein Konzept, das Istihsân heißt, was „nach dem Wohl der Gemeinschaft streben“ bedeutet. Obwohl der Qurân Regeln aufstellt, sind Gelehrte dazu angehalten die jeweils herrschenden Umstände zu betrachten (Anm. d. islâm. Lektorats: dürfen jedoch die Grundsätze der Religion nicht verändern). Das bedeutet manchmal, das kleinere Übel zu wählen oder eine Regel, wenn nötig, aufzuheben. Beispielsweise wird eine Person, die während einer Hungersnot stiehlt, nicht wie ein Dieb behandelt.
 
Einmal schrieb ich in einem Lied: „Wo spielen die Kinder?“ Unser Mitgefühl und unsere Gedanken gehen an die Familien all jener, die ihr Leben bei diesen tragischen Gewalttaten verloren haben und ebenso zu jenen, die verletzt wurden. Aber das Leben muss weiter gehen. Kinder müssen weiterhin spielen und die Menschen müssen weiter leben und mehr über ihre Nachbarn lernen, so dass Unwissenheit nicht noch mehr blinden Fanatismus erzeugt. Mäßigung ist auch ein Teil des Glaubens, also sollten jene, die muslimische Schulen der Förderung des Fanatismus beschuldigen, ein bisschen mehr über den Islâm lernen.
 
Der Prophet sagte: „Ruiniert sind jene, die auf Härte im Glauben bestehen“ und „ein Gläubiger bleibt im Bereich seiner Religion, solange er keine andere Person verbotenerweise tötet.“ Solches Wissen und (solche) Worte der Führung sind in dieser Zeit dringend nötig, um Fakten von Lügen zu unterscheiden und um zu verstehen wie der letzte Prophet das definierte, was eine Person vorbildlich macht und ebenso den Glauben, den er lebte und den wir versuchen zu lehren.
 

Von Yûsuf Islâm (ehemals Cat Stevens)

Verwandte Artikel