Der Glaube im Islâm - Teil 6: Die Glaubensartikel nach islâmischer Auffassung

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Die Glaubensartikel nach islâmischer Auffassung

 

Der Islâm enthält - wie die anderen Himmelsreligionen - Glaubensinhalte und -grundlagen. Der Islâm verpflichtet seine Anhänger dazu, an diese Grundlagen zu glauben, sie zu verbreiten und sie den Menschen näher zu bringen, ohne sie zum Glauben daran zu zwingen oder zu etwas zu verpflichten. Das geht nach dem qurânischen Gebot: Es gibt keinen Zwang im Glauben. (Der Weg der) Besonnenheit ist nunmehr klar unterschieden von (dem der) Verirrung. Wer also falsche Götter verleugnet, jedoch an Allah glaubt, der hält sich an der festesten Handhabe, bei der es kein Zerreißen gibt. Und Allâh ist Allhörend und Allwissend.“ (Sûra 2:256)

 
Der Islâm hat die Muslime ja dazu aufgefordert, auf die beste Weise zum Islâm einzuladen: „Rufe zum Weg deines Herrn mit Weisheit und schöner Ermahnung, und diskutiere mit ihnen in bester Weise...“ (Sûra 16:125)
 
Die Überzeugung, dass man an die richtige Religion glaubt, ist etwas Wesentliches im Islâm, denn der Zwang lässt einen mit dem Mund sagen, woran man im Herzen nicht glaubt. Das ist gerade die Heuchelei, vor der der Islâm warnt und die der Islâm schlimmer als den Unglauben selbst betrachtet:
 
„Gewiss, die Heuchler werden sich auf dem untersten Grund des (Höllen)feuers befinden, und du wirst für sie keinen Helfer finden.“ (Sûra 4:145)
 
Auf der anderen Seite lässt der Unglaube eine Lebensart entstehen, die das Vertrauen auf Allâh nicht kennt, so dass man z.B. aus den Problemen und erdrückenden Prüfungen des Lebens keinen Ausweg findet. Unfester Glaube ist wie gezwungener Glaube eine Ursache der Verlegenheit und Verlorenheit auf dieser Welt. Es gibt aber auch Menschen, die irrtümlich von Dingen überzeugt sind, die ihnen weder nutzen noch schaden können.
 
„Wen Allâh rechtleitet, der ist (in Wahrheit) rechtgeleitet; wen Er aber in die Irre gehen lässt, für den wirst du keinen Schutzherrn finden, der ihn den rechten Weg führt...“ (Sûra 18:17)
 
Die Gesandten und Propheten Allâhs haben die Aufgabe, den Menschen Allâhs Botschaft zu verkünden und sie ohne Zwang oder Nötigung zum Guten zu leiten.
 
„Und gehorcht Allâh und gehorcht dem Gesandten. Wenn ihr euch jedoch abkehrt, so obliegt Unserem Gesandten nur die deutliche Übermittlung (der Botschaft)...“ (Sûra 64:12)
 
Im Allgemeinen sind die Grundelemente des Glaubens im Islâm sechs Glaubensartikel:
 
1. Der Glaube an den einzigen, allmächtigen Gott.
 
Diesen Punkt haben wir oben behandelt.
 
Die wesentlichen Attribute Gottes sind:
 
- Seine Einzigkeit: Allah ist absolut einzig, jedwede Art von Trinität oder ähnlichem, wie es etwa die Christen glauben, wird abgelehnt. Auch hat Gott keine Söhne wie dies etwa bei Jesus behauptet wird, keinen Vater und keine Mutter, keine Frau. Sag: Er ist Allâh, ein Einer, Allah, der Überlegene. Er hat nicht gezeugt und ist nicht gezeugt worden, und niemand ist Ihm jemals gleich.“ (Sûra 112:1-4)
 
Der Islâm verkündet, wie erwähnt, die reinste Form des Monotheismus. Allâh ist der eine Gott; Er ist unteilbar und hat niemanden neben sich. Er ist unvergleichlich und nichts ist Ihm auch nur ähnlich. Nichts geschieht ohne Seinen Willen. Er ist der Erste, der Letzte, der Ewige, der Unendliche, der Allmächtige, der Allwissende. Er ist der Schöpfer und Erhalter aller Dinge. Er ist der Erhabene, Preiswürdige, der Wahrhaftige. Er ist der Inhaber und Besitzer aller vollkommenen Eigenschaften.
 
- Seine Gnade und Barmherzigkeit: Alle Sûren des Qurân, außer der neunten, beginnen mit dem Satz: „lm Namen Allahs, des Barmherzigen des Erbarmers.“ Diese Eigenschaft Allâhs ist notwendig und eine Gnade für die Menschen, da jeder Muslim weiß, dass er wegen seiner Unfähigkeit, Allâhs Anforderungen in absolut vollkommener Weise gerecht zu werden von Allâhs Barmherzigkeit und von Seinem Erbarmen abhängig ist.
 
Somit ist der Muslim nicht nur auf Allâhs Gerechtigkeit, sondern auf seine Gnade und Barmherzigkeit angewiesen. Das ist der einzige Weg der Erlösung und Rettung für den Muslim. Um dies aber zu erreichen, muss der Muslim Allâh gegenüber aufrichtige Reue für seine Sünden zeigen.
 
- Seine Transzendenz: Im Islâm ist Gottes Transzendenz als vollkommen aufgefasst und dargelegt. Kein Blick vermag Ihn zu erfassen. Himmel und Erde, Ort und Zeit umschließen Ihn nicht. Davon gibt es keine relativen Vorstellungen, Er wird nicht personifiziert. Deshalb gibt es im Islam keine Sakramente, keine Kultbilder oder Statuen. Obwohl Allâh/Gott so transzendent ist, ist Er zugleich völlig nahe. Im Qurân heißt es: Wir haben ja den Menschen erschaffen und wissen, was (alles ihm) seine Seele einflüstert, und Wir sind ihm doch näher als seine Halsschlagader.“ (Sûra 50:15)
 
- Seine Versorgungskraft: Er alleine versorgt die Menschen mit allen Gaben. Er machte die Welt für uns bewohnbar. Seine Fürsorge begleitet den Menschen sein ganzes Leben hindurch. Was wäre der Mensch ohne Seine Versorgung?
 
- Seine Schöpferkraft: Gott hat Himmel und Erde erschaffen. Die ganze Schöpfung hat Allâh dem Menschen dienlich gemacht. Durch diese wunderbare Schöpfung kann der Mensch Gott erkennen. Hier befindet sich nach der islâmischen Weltanschauung das Spielfeld des menschlichen Verstandes.
 
- Gott ist der gerechte Richter des Jüngsten Tages.
 
Der Glaube an die Existenz Gottes setzt im Islâm drei Elemente voraus, die für die islâmische Vorstellung vom Monotheismus entscheidend sind:
 
a) Der Glaube an die Einzigkeit Allâhs/Gottes in Bezug auf seine Versorgungskraft (Tauhîd Ar-Rubûbiyya). Das bedeutet, dass man daran glaubt, dass Allâh existiert, und dass Er der Schöpfer dieses Universums und aller Geschöpfe ist. Er ist der Besitzer dieses Alls, der darüber entscheidet, was in ihm geschieht. Er ist der absolute Herr und Herrscher. Es kann nichts geben, was Er nicht will. Nichts kann geschehen, was Er nicht zulässt. So sagt Er im Qurân: „... Sicherlich, Sein ist die Schöpfung und der Befehl. Segensreich ist Allah, der Herr der Weltenbewohner.(Sûra 7:54) Allâh, der Erhabene, führt die Beweise Seiner Einzigkeit an, die sich in der Schöpfung ausdrücken. Er erklärt uns auch, dass es unmöglich ist, dass ein anderer Gott neben Ihm existieren kann. „Allah hat Sich keine Kinder genommen, und keinen Gott gibt es neben Ihm, sonst würde fürwahr jeder Gott das wegnehmen, was er erschaffen hat, und die einen von ihnen würden sich den anderen gegenüber wahrlich überheblich zeigen. Preis sei Allah, (und Erhaben ist Er) über das, was sie (Ihm) zuschreiben.“ (Sûra 23:91)
 
b) Der Glaube an Seine Einzigkeit in der Göttlichkeit (Tauhîd Al-Ulûhiyya). Das ist der feste Glaube daran, dass Er alleine Verehrung und Anbetung verdient; auf Ihn alleine muss man sein Vertrauen setzen, Ihn alleine muss man um Hilfe bitten, an Ihn alleine wendet man sich in Notzeiten, weil Gott alleine Unglück und Schaden beseitigt. Ihm alleine zuliebe werden Gelübde abgelegt usw. So sagt Allâh im Qurân: „Und Wir haben vor dir keinen Gesandten gesandt, dem Wir nicht (die Weisung) eingegeben hätten: „Es gibt keinen Gott außer Mir, so dient Mir!““ (Sûra 21:25)
 
c) Der Glaube an Seine Einzigkeit in Bezug auf Seine Namen und Eigenschaften (Tauhîd Al-Asmâ wa As-Sifât). Das bedeutet, dass Allâh der Erhabene, die schönsten Namen und die höchsten Attribute hat. Man muss auch daran glauben, dass Ihm keinerlei Mangel, Unfähigkeit oder Ähnliches geziehmt, Er ist vielmehr in jeder Hinsicht vollkommen und erhaben. „Allâhs sind die schönsten Namen; so ruft Ihn damit an und lasst diejenigen, die mit Seinen Namen abwegig umgehen. Ihnen wird das vergolten, was sie zu tun pflegten.“ (Sûra 7:180)
 
Es gibt viele Eigenschaften Allâhs, von denen Seine schönen Namen abgeleitet werden. Die Sunna kennt insgesamt 99 Namen Allâhs. All Seine Eigenschaften müssen in einer ausgewogenen Weise betrachtet werden, ohne dass die eine Eigenschaft zugunsten einer anderen vernachlässigt wird, oder zum Nachteil einer anderen überbetont wird; denn Allâh allein hat sich mit all diesen Namen benannt, daher muss man vorsichtig sein und darf keinen dieser schönen Namen und edlen Attribute bewusst oder unbewusst für unwichtig halten.
 

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