Mein Rückblick auf den Haddsch

1998 713
Ein einzelner Gedanke über den Haddsch sorgt dafür, dass sich mein Kopf senkt und meine Augen sich mit Tränen füllen. Ich versuche darüber zu reden, doch mein Atem stockt und ich fühle in meiner Brust, wie mein Herz erweicht. Ich wurde damit gesegnet, dreimal in meinem Leben den Haddsch zu verrichten, dennoch verlangt es in mir nach einem weiteren Mal.
 
Von meinen Erinnerungen getrieben drängt es mich erneut an diesen Ort zu gehen. Allâhu akbar! Ich kann immer noch die Worte hören, die in meinen Ohren hallen: „Labbaika Allâhumma labbaik, labbaika lâ Scharîka laka labbaik. Inna Al-Hamda wa An-Ni’mata laka wa Al-Mulk, lâ Scharîka lak!“
 
Als ich das erste Mal im Bus nach Makka saß, sah ich viele Dinge. Ich bemerkte Wachposten entlang der Autobahn, die Autos anhielten, um Reisepässe zu überprüfen. Während ich aus dem kleinen Fenster des Busses hinausblickte, fühlte ich mich an diesem Ort sicher, genauso wie in meinem Heim. Weiter vorne sah ich eine große Gruppe verängstigter Menschen, die den Eingang des Haram passieren wollten. Je näher ich der Ka’ba kam, desto ängstlicher wurde auch ich. „Ich bin schon fast da“, sagte ich zu mir selbst. Ich staunte nicht schlecht, als ich die Muslime beim Tawâf sah.
 
Ich blickte weiter in die Mitte und sah die Ka’ba! Sie ist groß und majestätisch, mit schwarzem Samt umhüllt, mit einem einzigen goldenen Streifen, der den gesamten Würfel horizontal umfasst. Ich stand sehr ruhig da und starrte. Ich bemerkte nicht einmal, wie ich den Bus verließ. „Nun gut“, dachte ich und atmete tief ein, „hier bin ich, o Allâh. Was geschieht nun? Ich bin hier, in Deinem Haus!“ Meine Gedanken überschlugen sich, als ich mich einer Pilgergruppe anschloss. Ich lief mit der sich schnell bewegenden Menschenmenge in Richtung As-Safâ und Al-Marwa – verschmolzen mit dem Gang dieser Muslime. Ich verrichtete eine der Säulen unserer Religion!
 
Der Haddsch symbolisiert die Einheit der Muslime, das war deutlich zu spüren. Es gab Muslime aus allen Ländern, die sich hier versammelt hatten. Sie alle trugen dieselbe Kleidung und beteten denselben Gott auf die gleiche Art und Weise an. Ich bin immer noch vor Ehrfurcht ganz ergriffen angesichts des wahren Islâm an diesem Ort und ich erinnere mich an die Worte Allâhs: „Und Allâh steht es den Menschen gegenüber zu, dass sie die Pilgerfahrt zum Hause unternehmen - (diejenigen,) die dazu die Möglichkeit haben.“ (Sûra 3:97)
 
Gegen Ende meiner Reise kam ich erneut mit dem Bus in Muzdalifa an. Es geschah dort, dass ich von einem Skorpion gestochen wurde. Dieser Stich hinterließ seine Spuren an meinem Unterarm. Obwohl schmerzhaft, kam alsbald durch die Gnade Allâhs ein Krankenwagen, der sich durch eine große Menschenmenge durchschlug und mich innerhalb von fünf Minuten behandelte. Ich wurde zum Krankenhaus gebracht, wo man mich pflegte, sodass ich bald wieder in der Lage war, meinen Haddsch fortzusetzen. Ich wusste, dass ich an diesem besonderen Ort sicher war.
 
Für mich ist der Haddsch eine aufregende Erfahrung, die man nicht mit bloßen Worten beschreiben kann. Er ist ein Schritt in eine Welt des reinen und unbefleckten Islâm, in der die Liebe unter den Muslimen im Überfluss vorkommt. Die Einheit der Umma ist hier deutlich zu bemerken und mit Leib und Seele zu spüren. Sieht man sich die Gläubigen hier an, wird man Zeuge unvergleichlicher Demut und der Anbetung, die die Pilger unserem Schöpfer entgegenbringen.
 
Wie ich bereits eingangs erwähnt habe, verrichtete ich den Haddsch dreimal und wünsche mir, ihn ein weiteres Mal anzugehen. Obgleich ich meine Pflicht bereits erfüllt habe, merke ich deutlich, dass die Seele nicht genug davon bekommen kann, denn der Haddsch ist eine Reise, nach der – hat man sie einmal erlebt – sich die Seele sehnt.

 

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