Die ـbereinstimmung der beiden Verse: „Was Wir an Versen aufheben“ und „Es gibt nichts, was Allâhs Worte abنndern kِnnte.“

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Das Wort Nas-ch (Aufheben) im Arabischen:

 
Die Aufhebung einer Sache und deren Beseitigung. Im Islâm bedeutet dies, dass ein islâmisches Urteil nach seiner Festlegung aufgehoben wurde. Die Aufhebung ist eindeutig im Qurân und in der Sunna belegt. Darin gibt es unter den renommierten Gelehrten keine Meinungsverschiedenheiten. Die Abrogierung (Aufhebung) ist ein Bereich der Wissenschaft Usûl Al-Fiqh (Methodenlehre der islâmischen Wissenschaften) und die Gelehrten dieser Fachrichtung haben darüber bereits genug Bücher verfasst. Dies soll aber heute nicht unser Thema sein, sondern eine Frage, die mit der Vers: „Was Wir an Versen aufheben“ (Sûra 2:106) verbunden ist.
 
Der Vers wurde von At-Tabarî folgendermaßen erklärt:
 
„Wenn Wir (Allâh) ein Urteil in einem Vers ändern und diesen ersetzen, oder den Vers nicht ersetzen, aber die Regel aufheben, so bringen Wir ein besseres Urteil als das aufgehobene Urteil. Die Änderung des Urteils wirkt sich entweder auf das Diesseits aus, weil es eine Erleichterung darstellt, indem eine vorherige Pflicht von euch genommen wurde, wie etwa die später aufgehobene Pflicht für die Gläubigen, die Nacht im Gebet zu verbringen, diese Erleichterung war besser für sie im Diesseits, da diese Last von ihnen genommen wurde. Auch kann sich die Aufhebung auf das Jenseits beziehen, weil dem Verrichten der Tat im Diesseits große Belohnung im Jenseits folgt, weil die Tat eine Bürde (im Diesseits) war und dem Körper schwer fiel.“ (Zitatende)
 
Soviel zur allgemeinen Bedeutung des Verses. Uns interessiert nun an dieser Stelle die Frage, ob es zwischen dem erwähnten Vers über die Aufhebung und folgendem Vers einen Widerspruch gibt: „Es gibt niemanden, der Seine Worte abändern könnte.“ (Sûra 6:115 und 18:27)
 
Der Wortlaut dieser drei Verse widerspricht sich auf den ersten Blick, da Allâh einerseits sagt: „Was Wir an Versen aufheben“ was bedeutet, dass die Aufhebung eine fest beschlossene Sache ist, während die anderen beiden Verse erwähnen, dass die Worte Allâhs nicht verändert werden. Wie kann man also beide Verse in Einklang bringen? Auf diese Frage antworten wir folgendermaßen:
 
Wenn man die Verse genau betrachtet und analysiert, stellt man jedoch fest, dass es zwischen dem Aufhebungsvers und den beiden anderen Versen keinen Widerspruch gibt. Betrachtet man nämlich die Bedeutung und den Offenbarungskontext der Verse, klärt sich die Frage von selbst: Der Vers in der Sûra Al-Baqara verdeutlicht, dass die Aufhebung eines Qurân-Verses nur durch Allâhs Willen geschieht und nicht durch andere. Der Vers verdeutlicht ebenfalls, dass die Aufhebung eines Verses zur Erleichterung der Diener führen kann und zwar durch ein anderes oder gleichwertiges Urteil, oder sogar ein schwereres Urteil. All dies wird ausführlich in den Qurân-Kommentaren dargelegt.
 
Was nun die anderen beiden Verse angeht, so erklären sie, dass niemanden Seine Worte ändern kann, Erhaben ist Er über jeden Makel! Dies ist eine alleinige Eigenschaft Allâhs, die der Mensch nicht beeinflussen kann, wie mächtig er auch sein mag. Ibn Abbâs möge Allah zufrieden mit ihm sein sagte über den Vers: „Es gibt niemanden, der Seine Worte abändern könnte“: „Niemand kann Seine Bestimmung abwenden, Sein Urteil ändern oder Sein Versprechen verhindern.“
 
Al-Baidâwî sagte über den Vers: „Es gibt niemanden, der Seine Worte abändern könnte“: „Keiner kann sie durch richtigere und gerechtere Aussagen ersetzen; oder: Keiner ist in der Lage, etwas davon auch nur im Geringsten zu entstellen, wie es mit der Thora geschah.“ Die „Worte Allâhs“ mit dem Qurân übersetzt werden. Dies beinhaltet somit, dass Er Seine Worte vor Veränderungen schützt und bewahrt, wie Allâh an einer anderen Stelle sagt: „Gewiss, Wir sind es, die Wir die Ermahnung offenbart haben, und Wir werden wahrlich ihr Hüter sein.“ (Sûra 15:9)
 
Aus dem Vers: „Es gibt niemanden, der Seine Worte abändern könnte,“ versteht man also, dass niemand Seine Bestimmung verhindern und Sein Urteil ändern kann und dass niemand in Wirklichkeit über die Schöpfung verfügt. Hat man dies erkannt, so versteht man auch den Vers: „Allâh (allein) richtet, und es gibt niemanden, der letztendlich Sein Urteil rückgängig machen kann“ (Sûra 13:41)
 
Nachdem wir dies verstanden haben, ergänzen wir dazu die Aussage einiger Gelehrten: "Die Worte Allâhs sind zweierlei: Die Worte der Gesetze und die Worte über die Schöpfung. Die Worte der Gesetze sind Seine Offenbarungen an die Propheten, die Worte über die Schöpfung sind Seine Bestimmung. Daraus ergibt sich aus dem Verständnis des Verses: „Es gibt niemanden, der Seine Worte abändern könnte,“ dass niemand die Worte, sprich die Urteile des Islâm, ändern darf und niemand Seine Bestimmung ändern kann. Seine Gesetze kann niemand ändern, beziehungsweise durch bessere ersetzen. Dies beinhaltet auch, dass Allâh Seine Worte im Qurân vor Veränderung, Fälschung und Aufhebung schützt. Nur Allâh alleine obliegt dies. Ebenfalls kann niemand die Worte Seiner Bestimmung ändern; sprich, niemand außer Allâh kann seine Bestimmung verhindern, Sein Urteil abändern oder über das Universum verfügen: „Nichts ist Ihm gleich; und Er ist der Allhörende und Allsehende.“ (Sûra 42:11)
 
Die verschiedenen Verse widersprechen sich somit nicht, jeder Vers muss in seinem Zusammenhang verstanden werden, damit der Sinn des Verses auch verstanden wird und augenscheinliche Widersprüche miteinander in Einklang gebracht werden können, denn dieser Qurân, die Worte Allâhs, widersprechen sich nicht: „Denken sie denn nicht sorgfältig über den Qurân nach? Wenn er von jemand anderem wäre als von Allâh, würden sie in ihm wahrlich viel Widerspruch finden.“ (Sûra 4:82)

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