Der Tag von Arafât

29213 1636

Die ersten zehn Tage von Dhû Al-Hiddscha zeichnen sich unter den restlichen Tagen des Jahres dadurch aus, dass sich unter ihnen der Tag von Arafât befindet. Es ist ein höchst bedeutsamer Tag. So werden an ihm die Fehltritte vergeben und die Bittgebete erhöht, und an jenem Tag rühmt Allâh Seine anbetend Dienenden bei den Himmelsbewohnern.

 
Der Tag von Arafât ist der Tag, an dem die Religion vervollständigt und die Gnade an die Muslime vollkommen wurde. So ist von Umar ibn Al-Chattâb überliefert, dass ihm ein Jude sagte: „O Führer der Gläubigen, es gibt einen Vers in eurem Buch, den ihr lest; wäre er uns Juden herabgesandt worden, hätten wir diesen Tag zum Fest ernannt.“ Er fragte: „Welcher Vers ist das?“ Er antwortete: „...Heute habe Ich euch eure Religion vollendet und Meine Gnade an euch ganz erfüllt, und für euch den Islam als Religion ausersehen...“ (Sûra 5:3) Darauf sagte Umar: „Wir kennen diesen Tag und den Platz, an dem dieser Vers auf den Propheten herabgesandt wurde, als er nämlich am Freitag am Tag von Arafât stand.“ (Überliefert von Al-Buchâri und Muslim)
 
Dieser Tag ist der Ruhm der Muslime und ihr Fest, denn der Prophet sagte: „Der Tag von Arafât, der Opfertag und die drei Festtage sind unser Fest, ihr Leute des Islâm, es sind Tage des Essens und Trinkens.“ (Überliefert von At-Tirmidhî)
 
Es ist der Tag der Vergebung der Sünden, der Befreiung vom Höllenfeuer und des Rühmens der in ´Arafât Verweilenden. Was für ein bedeutender Tag und was für ein gewaltiger Ort! Der Prophet sagte: „Es gibt keinen Tag, an dem Allâh mehr anbetend Dienende vom Höllenfeuer befreit, als am Tag von Arafât. Er nähert Sich und rühmt sie vor den Engeln. Und Er sagt: Seht nach, was sie wünschen!“ (Überliefert von Muslim.)
 
Er sagte in einem anderen Hadîth: „Allâh rühmt die Leute von Arafât vor den Himmelsbewohnern. So sagt Er ihnen: Schaut nur auf Meine anbetend Dienenden, sie kamen zu Mir mit gekräuseltem Haar und staubbedeckt.“ (Überliefert von Ahmad)
 
Allâh leitet mit diesem Tag das Opferfest ein, denn an diesem Tag steht man vor Allâh und bittet Ihn demütig, bereut seine Sünden, während man am Schlachttag herbeiströmt und Besuche abstattet: Nachdem sich die Pilger am Abend von Arafât von ihren Sünden reinigten, gestattete ihnen ihr Herr und Herrscher am Tag des Opferfests, Ihn zu besuchen und Sein Haus zu betreten. So ist der Tag von Arafât eine Reinigung vor dem Opferfest. In einem Hadîth heißt es laut Bilâl, dass der Prophet die Menschen um Ruhe bat und dann sagte: „Allâh blickte auf eure Versammlung herab und beschenkte den Sündigen unter euch ob der Tugendhaften unter euch und gab den Tugendhaften, worum sie baten. So brecht im Namen Allâhs auf!“ (Überliefert von Ibn Mâdschah und von einigen Gelehrten als authentisch eingestuft)
 
Jeder, der sich wünscht, dass er an diesem höchst bedeutsamen Tag vom Höllenfeuer befreit wird und seine Sünden vergeben werden, muss auch den Ursachen für diese Vergebung nachkommen:
 
- Den Körper vor Sünden bewahren: Es wurde von Ibn ´Abbâs berichtet: Jener saß am Tag von Arafât hinter dem Propheten auf, der junge Mann wurde auf die Frauen aufmerksam und begann ihnen nachzuschauen. Der Prophet schob mehrmals dessen Gesicht mit seinen eigenen Händen in eine andere Richtung. Der Jugendliche schaute jedoch weiter, worauf der Prophet sagte: „Mein Neffe! Wer an diesem Tag sein Gehör, seine Augen und seine Zunge kontrollieren kann, dem werden seine Sünden vergeben.“ (Überliefert von Ahmad, die Überlieferungskette ist jedoch kritisch zu beurteilen)
 
- Das Fasten: Es ist erwünscht am Tag von Arafât zu fasten, solange man nicht am Haddsch teilnimmt:  Der Prophet sagte dazu: „Für das Fasten am Tag von Arafât rechne ich bei Allâh als Belohnung an, dass er die Sünden des Vorjahres und des Jahres danach tilgt.“ (Überliefert von Muslim.)
 
Es gehört aber nicht zur Sunna, dass die Pilger an diesem Tag fasten, denn der Prophet trank an diesem Tag vor aller Augen. Denn der Pilger braucht seine Kraft um Allâhs zu gedenken sowie für Bittgebete am Nachmittag von Arafât.
 
- Bittgebeten und Erwähnung Allâhs: Zu den Ursachen für die Barmherzigkeit und Vergebung gehört das vermehrte Sprechen von Bittgebeten und die Erwähnung Allâhs, besonders durch die Bezeugung, dass es nichts Verehrungswürdiges außer Allâh gibt. Dies ist ja die Grundlage des Islâm, den Allâh an diesem Tag vollendete. Der Prophet sagte: „Das beste Bittgebet ist das Bittgebet an Arafât und das beste (Bittgebet), was ich und die Propheten vor mir sprachen war: Lâ ilâha illâ Allâh, wahdahu lâ scharîka lah, lahu-l-mulku wa lahu-l-hamdu wa huwa ´alâ kulli schai`in qadîr.“ - „Es gibt keine Gottheit außer Allâh, dem Einen, der keine Teilhaber hat. Sein ist die Herrschaft und der Lobpreis; und Er ist zu allem in der Lage.“ (Überliefert von At-Tirmidhî.)
 
Deswegen soll der Pilger am Tag von Arafât vermehrt um Vergebung und Befreiung vor dem Höllenfeuer bitten, da an diesem Platz am ehesten die Bitten erhöht werden. Der Pilger soll sich beim Sprechen der Bittgebete tugendhaft verhalten, sich dabei in Gebetsrichtung wenden, seine Hände heben und demütig flehen, wie es der Prophet vorzeigte. Er begab sich gleich nach dem Gebet gen Arafât und stand bei den Felsen undbegann demütig mit erhobenen Händen zu bitten, während er sich in Richtung Ka'ba wandte, und er verharrte so bis zum Sonnenuntergang.
 
Hüte dich vor den Sünden, lieber Pilger, denn sie hindern dich daran Vergebung zu erlangen. Zu diesen Sünden zählen unter Anderem Hochmut, Angeberei und das beständige Beharren auf großen Sünden. Wende dich bescheiden und demütig an Allâh, damit Er dich akzeptiere, denn dies ist der beste Wunsch und Er ist der Gütigste, den man bitten kann, makellos und erhaben ist Er!
 
Lieber Pilger, das Verweilen in der Arafât-Ebene ist eine Ehrfurcht gebietende höchst bedeutsame Situation, die die Rechtschaffenen so verschieden wahrnehmen und erleben! So gibt es jenen, bei dem Furcht und Scham vorherrschen, wie Matraf ibn Abdullah ibn As-Schachîr und Bakr Al-Muzanî, als beide bei Arafât standen und einer sagte: ‚O Allâh, weise jene Leute nicht meinetwegen zurück!‘ Der Andere sagte: ‚Es wäre ein Platz voller Hoffnung, wenn ich nicht anwesend wäre!‘ Der Gelehrte Al-Fudail ibn Iyâd stand bei Arafât als die Leute Bittgebete sprachen. Er jedoch weinte so heftig, dass er des Bittens unfähig war. Als der Sonnenuntergang herannahte, hob er seinen Kopf gen Himmel und sagte: „Wie schlimm bin ich doch, selbst wenn Du mir vergäbest!“
 
Es gibt aber auch jene Gläubige, die an diesem Tag die Barmherzigkeit Allâhs erhoffen. So sagte Ibn Al-Mubârak: „Ich ging am Abend von Arafât zu Sufyân At-Thaurî, der niederkniete und abwesend dreinblickte. Ich sagte: „Wem unter den Anwesenden ergeht es am Schlechtesten?“ Er entgegnete: „Wer meint, dass Allâh seine Sünden nicht vergeben wird.“ Da sah Al-Fudail ibn Iyâd die Lobpreisung und das Weinen der Leute am Nachmittag von Arafât und sagte: „Was meint ihr, wenn diese Leute zu einem Mann gingen und ihn um ein sechstel Dirham bäten? Denkt ihr, dass er es ablehnen würde?“ Sie verneinten, woraufhin er fortfuhr: „Bei Allâh, Allâh ist großzügiger in Seiner Vergebung als ein Mann mit dem Geben seines Sechstel eines Dirhams!“
 
Deswegen sollst du – lieber Pilger – an diesem höchst bedeutsamen Tag Furcht und Hoffnung vereinen, sprich Allâhs Strafe fürchten und gleichzeitig Seine Belohnung und Vergebung erhoffen.
 
Wenn du in der Arafât-Ebene verweilst, so gedenke des Tages, an dem die Kinder ergrauen! Des Tages, an dem die anbetend Dienenden vor Allâh dem Herrn der Geschöpfe stehen: barfüßig, nackt und unbeschnitten! Damit jeder Seele ihr volles Maß angerechnet wird und ihnen nicht im Geringsten Unrecht geschieht. Strebe nach dem, was dich vor dem Grauen jener Versammlung bewahrt und bereite dich darauf vor, solange noch Zeit zum Handeln ist und bevor die Zeit verronnen ist!

 

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