Der Haddsch und seine Wirkung auf die Erziehung des Gewissens - Teil 1

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Ideale und trotzdem praktizierbare Erziehung: Wie schön ist die Erziehung, die der Qur'ân den Gläubigen erteilt! Sie macht den Menschen sowohl auf die guten reinen Werte als auch auf die Wirklichkeit aufmerksam. Somit bildet sie eine ideale, aber trotzdem praktizierbare Weise zur Erziehung eines Muslims, und zwar in seiner Beziehung zu seinem Herrn, zu sich und zu seiner Umgebung. Dazu wird er auch in mancher Hinsicht erzogen, wie hinsichtlich der Verrichtung der Anbetungshandlungen, hinsichtlich seines Umgangs mit seinen Mitmenschen, hinsichtlich seines Sich-Unterwerfens unter Traditionen und hinsichtlich all seiner Lebensbereiche.

 
Im Folgenden führen wir ein Beispiel an, um diese Tatsache zu beleuchten:
Der Islâm ruft auf der einen Seite zur absoluten und umfassenden Gerechtigkeit auf und macht somit dem Menschen den angestrebten Idealismus lieb, indem Allâh sagt: "Allâh gebietet Gerechtigkeit und das Verrichten guter Taten und Freigebigkeit gegenüber den in Verwandtschaftsbeziehung Stehenden ...“ (Sûra 16: 90)
 
Der Islâm ruft ebenso zur Toleranz und Nachsicht auf, indem Allâh sagt: "Und wenn ihr erlasst, kommt das der demütigen Ehrfurcht gegenüber Allâh näher.“ (Sûra 2: 237) Und: "Wer ungerechterweise getötet wird, dessen nächstem Verwandten haben Wir Ermächtigung erteilt; doch soll er nicht maßlos im Töten sein, denn ihm wird gewiss geholfen.“ (Sûra 17: 33)
 
Auf der anderen Seite vernachlässigt der Islâm nicht die Veranlagung des Menschen, die auf die Verteidigung des Selbst bedacht ist, falls es angegriffen wird. Beachtete der Islâm diese Veranlagung nicht, so wäre der Aufruf des Islâm ein fantasievoller Idealismus, der nicht zu ertragen ist. Davon ausgehend wurde das Recht auf Wiedervergeltung verordnet: Allâh sagt: "In der Wiedervergeltung liegt Leben für euch, o ihr, die ihr Verstand besitzt, damit ihr demütig in Ehrfurcht gegenüber Allâh werden möget!“(Sûre 2: 197)
 
Es ist weder ein Aufruf zur Wiedervergeltung unter Ausschluss der Nachsicht noch ein Aufruf zur Nachsicht unter Ausschluss des Rechtes auf Wiedervergeltung. Allâh verordnete vielmehr beides: Du bist im Recht, falls du auf Wiedervergeltung bestehst. Du bist nachsichtig, falls du Nachsicht übst.
 
Erziehung des Gewissens:
Der Prophet ließ die Gläubigen auf ein hohes Niveau gelangen, indem er sie ihrem guten Gewissen überließ, und zwar in all ihren Angelegenheiten, sei es Tun oder Unterlassen. Der Prophet sagte in diesem Sinne: "Ihr [streitet manchmal miteinander und] sucht dann Entscheidungen bei mir. Es könnte wohl sein, dass der Eine von euch hinsichtlich seiner Beweisführung klüger ist als der Andere. Gäbe ich dem Einen von euch daraufhin das Recht seines Bruders, so gäbe ich ihm somit Glut. Er hat dann zu entscheiden: Entweder nimmt er sie oder er lässt sie.“ (von 'Umm Salama berichtet und von Al-Buchârî und Muslim übereinstimmend überliefert)
 
Siehst du diese gefühlvolle Erziehung und diese moralische Veredlung des Einzelnen?! Sie begnügt sich nicht nur mit der materiellen Beweisführung, sondern legt vielmehr größten Wert auf des Menschen Gewissen, denn es ist möglich, dass der eine Prozessgegner geschickter in seiner Beweisführung als sein Gegner ist, weshalb er den Prozess unberechtigt gewinnt. Dieser sollte dann vorsichtig sein: Es geht nämlich um einen Streit. Die ungerechte Entscheidung erlaubt keineswegs Unerlaubtes und verbietet auch keineswegs Erlaubtes.
 
Drei moralische Gerichte und der Weg zur Errettung:
Der Qurân macht uns auf drei moralische Gerichte aufmerksam, nämlich das Gericht des Gewissens, das Gericht der Gesellschaft in unserer Umgebung und das Gericht des Himmels. In diesem Sinne sagt Allâh: " Und sprich: Wirkt! Allâh wird euer Tun sehen und Sein Gesandter und die Gläubigen. Und ihr werdet zum Wissenden um das Verborgene und das Offenbare zurückgebracht werden, und dann wird Er euch kundtun, was ihr zu tun pflegtet.(Sûra 9: 105)
 
Unsere Freisprechung vor dem Himmelsgericht besteht in der Erziehung unserer religiösen Gefühle. Die Freisprechung vor dem Gesellschaftgericht besteht in der Erziehung unserer sozialen Gefühle. Und die Freisprechung vor dem Gewissensgericht besteht in der Erziehung unseres guten Gewissens, das dem Menschen ein Mahner ist. Aus diesem Grunde warnte uns der Prophet vor Gewissensbisse und rief uns dazu auf, die Entscheidungen bei unseren Gewissen zu suchen, indem er sagte: "Such die Entscheidung in deinem Herzen, auch wenn dich die Menschen auf sie aufmerksam machen!“
 

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