Die Geschichte der Sunna - Teil 4: Die Zeit der Sahâba und der Tâbi‘ûn

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Die Hadîth-Niederschrift

 
Wir haben schon früher in dieser Serie die Niederschrift der Sunna zu Lebzeiten des Propheten erörtert und zeigten, dass die Gefährten von ihm ermuntert wurden, das Schreiben zu lernen, und dass viele von ihnen es lernten und meisterten. Also benutzten die Gefährten nicht nur ihr Gedächtnis, um eine Tradition der mündlichen Überlieferung der Sunna zu beginnen, sondern nutzten auch ihre neu erlernte Gabe: das Schreiben.
 
Viele Gefährten schrieben die Sunna für ihren persönlichen Gebrauch nieder, und um ihre auswendig gelernten Hadîthe besser vor dem Vergessen zu bewahren. Die Existenz dieser persönlichen Sammlungen war das Thema vieler Abhandlungen früherer und zeitgenössischer muslimischer wie auch nicht-muslimischer Gelehrter.
 
Es werden jedoch zwei Einwände von den Zweiflern erwähnt, die glauben, dass die Sunna nicht von den Gefährten niedergeschrieben wurde, und diese Argumente wollen wir hier erörtern.
 
Der erste Einwand ist die Behauptung, dass es Überlieferungen von einigen bekannten Gefährten gäbe, die die Niederschrift der Sunna ablehnten und zudem anderen befahlen, sie nicht niederzuschreiben. Diese Berichte schließen Abû Bakr, Umar ibn Al-Chattâb, Alî, Ibn Abbâs und Ibn Mas´ûd mit ein. Manche dieser Berichte sind zwar authentisch, aber keine dieser Überlieferungen verbietet tatsächlich die Niederschrift der Sunna. Diese Gefährten befürchteten vielmehr, dass durch die Niederschrift der Sunna der Qurân mit den Hadîthen verwechselt werden könnte. Zudem deutet keine Überlieferung darauf hin, dass sie jemals versuchten, andere vom Schreiben abzuhalten. Darüber hinaus waren diese Gefährten dagegen, persönliche Sammlungen anzulegen, nicht jedoch gegen das Schreiben der Sunna im Allgemeinen; später ordneten manche von ihnen, wie Abû Bakr, Umar und Alî während ihrem Kalifat sogar die Niederschrift der Sunna zu bestimmten Anlässen an.
 
Der zweite Punkt ist die Behauptung, dass Umar ibn Abdulazîz als Erster die Niederschrift der Sunna in Form einer Sammlung anordnete. Offensichtlich wird dies als Unterstützung für die Behauptung zitiert, dass bis zu diesem Zeitpunkt kein schriftliches Zeugnis der Sunna existierte. Dies ist nicht wahr, weil authentische Berichte beweisen, dass viele Sammlungen - meistens persönliche - zu Lebzeiten des Propheten und der der Gefährten vorhanden waren. Umars Bemühungen waren jedoch Teil eines Versuchs, die Hadîthe weltweit zu sammeln, um sie allen Menschen leichter zugänglich zu machen. Letztendlich wurde dieses Ziel erreicht, und alle authentischen Hadîthe wurden akribisch in den bekannten Büchern gesammelt und so kritisch überprüft, wie dies in keiner anderen Religion oder Nation der Fall war. Es ist eine unumstrittene Tatsache, dass die Gefährten ihre Schreibfertigkeit für die Erhaltung der Sunna benutzt haben und sie an ihre Schüler weitergaben.
 
Praxis
Eine sehr wichtige Methode, die die Gefährten anwandten, um die Sunna zu bewahren, waren ihre Bemühungen, die Sunna zu praktizieren und ihr Leben danach zu richten. Sie verstanden wahrlich, dass die Wichtigkeit, die der Islâm dem Wissen beimisst, über das bloße theoretische Verstehen und die intellektuelle Übung hinausgeht. Sie erkannten, dass Muhammads Lehren keine philosophischen Betrachtungen sind, sondern Weg und Rechtleitung für den Alltag. Sie sahen im Propheten einen Lehrer und ein Vorbild; was immer sie von ihm hörten, setzten sie sofort in die Tat um. Ihr Leben war in allen Lebensbereichen durch die Sunna bestimmt, eine Umgebung, welche durch eine weit verbreitete Verehrung und einer dauernden Praktizierung der Sunna produziert wurde. Diese Umgebung bot die beste Situation für sie, um denen die nach ihnen kamen, die ganze Religion zu lehren und sie zu trainieren, so wie sie es lernten und praktizierten, wodurch sie sie für die Zukunft bewahrten. Wir alle sind ihnen zu Dank verpflichtet.
 
Bemühungen der Schüler der Sahâba um die Bewahrung der Sunna
 
Die Schüler der Sahâba (Tâbi´ûn) waren die Generation, die den Sahâba in Frömmigkeit, Wissen, Idschtihâd, ihrem Eifer im Befolgen der Sunna und ihrer Ernsthaftigkeit im Verbreiten der Religion am nächsten waren. Dies war zu erwarten, da sie die Schüler der Gefährten waren, und somit die ersten waren, welche die Religion und das Wissen von ihnen lernten und sich bemühten, diese zu bewahren.
 
In ihrer Zeit verbreitete sich der Islâm über eine sehr große Fläche der bekannten Welt. Menschen aller Religionen, Nationen und Rassen kamen in den Islâm, und die Schüler der Sahâba hatten eine gewaltige Verantwortung, die Religion zu bewahren und sie diesen neuen Muslimen korrekt und effektiv zu lehren. Dies stellte sich als eine bedeutende Aufgabe heraus, da die Zahl der Neulinge in dieser jungen Religion, die Zahl der Gelehrten und Schüler des Wissens weit überstieg. Ihre Arbeit wurde noch durch die Tatsache erschwert, dass manche jener, die nicht wollten, dass der Islâm vorherrschte, ihn entschieden von innen zu bekämpfen versuchten. Dabei täuschten sie vor, Muslime zu sein, um somit dem Islâm von innen zu schaden, indem sie unter den neuen Muslimen Irrlehren im Namen des Islâm verbreiteten.
 
Die Herausforderungen, denen sich die Schüler der Gefährten stellten, waren völlig neu und schwierig, aber Allâh leitete sie dazu das Richtige zu tun: der Methode der Sahâba zu folgen. Die Bücher der Sîra (Biografie des Propheten), der islâmischen Geschichte und die Gelehrtenbiografien erzählen uns viel von ihren Mühen und ihrem Erfolg. Jeder Muslim sollte diese Bücher lesen, weil sie eine unerschöpfliche Quelle für Wissen und Inspiration sind.
 
Betrachtet man die Zeit der Tâbi’ûn, erkennt man, dass sie in der Bewahrung der Sunna genau den Fußstapfen der Prophetengefährten folgten. Bei näherer Überprüfung offenbart sich darüber hinaus, dass die Bemühungen der Tâbi’ûn, die Sunna zu bewahren und die Religion zu verbreiten, in mindestens vier Methoden unterteilt werden können:
 
- Sie folgten der gleichen Methode, die sie von den Gefährten lernten, sie liebten die Sunna, studierten sie und befolgten deren Lehren. Sie nahmen sie fest und aufrichtig an. Sie mussten jedoch neue Regeln für die Überlieferung hinzufügen, sowie manche der existierenden erweitern, da sich die Zeiten änderten und nicht mehr nur von den Sahâba überlieferten, also auch Regeln zum kritischen Prüfen aufstellen mussten. Sie waren mit einer Situation konfrontiert, in welcher die Anstrengungen, die Sunna zu verdrehen, wucherten, vor allem an manchen Orten wie Kûfa im Irak. Schu´ba ibn Al-Haddschâdsch sagte zum Beispiel: „Akzeptiere Wissen nur von denen, die dir wohl bekannt sind.“
- Sie zeigten eine konkurrenzlose Begeisterung und Wissensdurst. Manche der Gefährten mussten Gruppen mit mehreren Tausend (Menschen) unterrichten. Ibn Asâkir schrieb in seinem Geschichtswerk At-Târîch Al-Kabîr, dass Abû Ad-Dardâ alleine mehr als 1500 Schüler in seinem Lehrzirkel in der Moschee von Damaskus hatte. Sie ermutigten sich und ihre Kinder nach Wissen zu streben und diesem die Zeit zu widmen, die es brauchte, um es zu meistern. Sie lernten die Sunna so gut, dass es ihnen möglich war, sie so anzuwenden, wie dies einst die Gefährten taten.
 
- Sie bemühten sich besonders die Sunna niederzuschreiben – aus persönlichem Interesse wie auch auf offiziellem Wege. Belege dieser persönlichen und offiziellen (durch Umar ibn Abdazîz) Schriften sind bis heute verfügbar.
 
- Sie bemühten sich sehr die Sunna überall zu verbreiten und jedem zu lehren. Die große Zahl der Studienzirkel war ein Phänomen der Zeit der Tâbi‘ûn. Es gab in allen Regionen der muslimischen Länder viele Gelehrte: Ägypten, Kûfa, Basra, Syrien, Nordafrika, Spanien, Persien und in Teilen des Indischen Subkontinents.

 

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