Unselbstständigkeit bei Kindern - ein ernst zu nehmendes Problem - Teil 2

  • Veröffentlicht:17.03.2011
  • Kategorie:Kinder
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Ein reifes Kind lernt Verantwortung

 
Lasst uns einmal die Geschichte ´Alîs betrachten und sehen, wie er schon von klein auf Verantwortung trug! Er soll unseren Kindern ein Vorbild sein, und zwar bevor wir über die erzieherische Methode, der wir mit unseren Kindern folgen sollen, sprechen.
 
Die Entscheidung:
 
Eine Entscheidung, zu der die größten Männer unfähig waren, zu der Abû Dschahl und ´Uqba ibn Mu`ait und Andere unfähig waren, obwohl sie zu den mächtigsten und entschlossensten der hohen Riege der Quraisch gehörten: Die Entscheidung ist das Übertreten zum Islâm. Aber ein kleines Kind, auch „Mann unter Kindern“ genannt, traf diese Entscheidung auf seine eigene Verantwortung. Es ertrug alle seine Folgen und Gefahren. Es war eine ausschlaggebende Entscheidung. Es verließ damit die Religion seiner Väter und Großväter, es änderte seine Bräuche und Gewohnheiten. Diese Entscheidung änderte sein Ziel und seinen Lebenszweck. Die Folge war eine tiefe Feindschaft zwischen ihm und seinem Volk. Es hatte sich jedoch entschlossen und ertrug ganz allein die Folgen seines Entschlusses. Somit hatte es sich den Namen „Mann unter Kindern“ verdient.
 
Lieber Erziehender, betrachte mit uns das Gespräch zwischen dem Propheten Muhammad , als er von Allâh mit dem Islâm gesandt wurde, und dem zehnjährigen ´Alî ! Stell dir vor, wie dieser kleine Junge gedacht haben muss: ´Alî kam zum Propheten , nachdem die Mutter der Gläubigen Chadîdscha dem Islâm beigetreten war. Er sah sie beide beten und fragte daraufhin den Propheten , nachdem sie beide das Gebet beendet hatten: „O Muhammad, was ist das?“ Da entgegnete ihm der Prophet : „Die Religion Allâhs, die Er für Sich Selbst ausgewählt hat und mit der Er Seine Gesandten gesandt hat. Daher rufe ich dich zu Allâh und zur Anbetung Seiner und zum Unglauben gegenüber Al-Lât und Al-´Uzzâ auf!“
 
Da sagte ´Alî: „Von dieser Sache habe ich vor dem heutigen Tage nichts gehört. Ich werde keine Entscheidung treffen, bevor ich mit Abû Tâlib geredet habe.“ Der Gesandte Allâhs wollte nicht, dass sein Geheimnis verraten werde. Daher sagte er zu ihm: „O ´Alî, wenn du nicht dem Islâm beitrittst, dann schweige!“ ´Alî verbrachte jene Nacht in Gedanken über diese bedeutsame Angelegenheit.
 
Sieh, lieber Erziehender, wie sich dieser Zehnjährige verhält! Er bittet um Bedenkzeit, um sich seine Entscheidung gut zu überlegen. Der Prophet vertraute ihm zudem, da er ihm nicht sagte: „Sei ruhig, du bist ja noch ein kleiner Junge!“ oder „Sei ruhig, das ist eine Sache für Erwachsene!“ oder irgendetwas Negatives, was die Eltern zu ihren Kindern sagen.
 
Als der Morgen anbrach, ging ´Alî zum Gesandten Allâhs . Als er bei ihm eintraf, sagte er: „Was hast du mir anzubieten, o Muhammad?“ Er antwortete ihm: „Dass du bezeugst, dass es keinen andere Gottheit außer Allâh gibt, dem Einzigen, der keinen Partner hat, dich von Al-Lât und Al-´Uzzâ abwendest und dich von den Teilhabern lossagst!“ Da trat ´Alî dem Islâm bei und schwieg über den Propheten .
 
Ein Junge im Wert einer ganzen Gemeinschaft
 
´Alî begnügte sich nicht damit, nur seine eigene Verantwortung zu tragen. Er begann, die Verantwortung des Islâm zu tragen, als er noch ein Junge war. Trotz bevorstehender Gefahren spielte er eine wichtige Rolle bei der Rechtleitung von Abû Dharr und dessen Übertritt zum Islâm.
 
Abû Dharr kam nach Makka, um diese neue Religion zu erkunden, von der er gehört hatte. Allerdings war er zu einer schweren Zeit gekommen: Die Führer Makkas versuchten, diesen Aufruf zu ersticken. Sie lauerten jedem Boten oder Anhänger dieser Botschaft auf. Abû Dharr fürchtete sich daher, unter den Quraisch nach dem Aufrufenden zu dieser Botschaft zu fragen, damit sie ihn nicht entdeckten.
 
Als die Nacht über ihn hereinbrach, legte er sich hin. ´Alî sah ihn und nahm ihn mit, damit er die Nacht bei ihm verbringe. Keiner der beiden erzählte seinem Gefährten etwas. Als es Morgen wurde, ging Abû Dharr zur Ka`ba hinaus, bis ihn die Nacht umhüllte. ´Alî sah ihn und nahm ihn die zweite Nacht als Gast auf. Das Gleiche geschah in der dritten Nacht. Dann fragte er Abû Dharr nach dem Grund seines Kommens. Weil Abû Dharr ihm nun vertraute, berichtete er ihm von seiner Absicht.
 
Wie reagierte ´Alî , der eine Verantwortung gegenüber dem Islâm verspürte? Er sagte zu Abû Dharr, ihn zur Wahrheit aufrufend: „Es ist die Wahrheit und er ist der Gesandte Allâhs. Wenn es Morgen wird, dann folge mir! Denn wenn ich etwas sehe, vor dem ich Angst um dich habe, bleibe ich stehen, als ob ich urinieren will. Wenn ich dann weiter gehe, folge mir, bis du dort eintrittst, wo auch ich eintrete!“ Er folgte ihm, bis er den Gesandten Allâhs traf und den Islâm annahm.
 
Stell dir vor, lieber Erziehender, dass derjenige, der diese enorme Tat vollbrachte, umgeben von Gefahren, ein kleiner, noch nicht volljähriger Junge war. Aus welchem Holz war er geschnitzt? Was hat diese Persönlichkeit so vorteilhaft geprägt? Wie hat sie dieses Verantwortungsbewusstsein erlangt?
 
Der Schlaf der Mutigen
 
Die Quraisch scharten sich zusammen, um den Propheten zu töten, als er die Hidschra beabsichtigte. Wer war da so mutig, sich an die Stelle des Propheten auf dessen Schlafplatz zu legen? Wer war jener Mann, der die Verantwortung auf sich nahm, das anvertraute Gut an deren Besitzer zurückzugeben? Es war ´Alî ibn Abû Tâlib .
 
Dr. ´Alî As-Sallâbî sagt zu diesem Thema:
Als ´Alî am Morgen erwachte, stand er von seiner Schlafstätte auf. Da erkannten ihn die Leute und merkten, dass der Gesandte Allâhs entkommen war. Sie fragten ´Alî: „Wo ist dein Gefährte?“ Er entgegnete: „Ich weiß es nicht, oder habe ich ihn etwa verfolgt? Ihr habt ihm befohlen zu gehen, und so ging er.“ Die Leute erzürnten über diese mutige Antwort und wüteten über die Hidschra des Gesandten Allâhs , obwohl sie dabei anwesend waren. Allâh ließ sie nämlich den Gesandten nicht sehen. Daher fielen sie über ´Alî her und schlugen ihn. Sie brachten ihn zur Moschee und hielten ihn dort eine Zeit lang fest. Schließlich ließen sie ihn frei. All dies ertrug er auf dem Wege Allâhs. Seine Freude über das Entkommen des Gesandten Allâhs war größer als alles Übel, das ihm widerfahren war. Er wurde nicht schwach und teilte ihnen nichts über den Aufenthaltsort des Gesandten Allâhs mit. Er zog alsbald durch die Straßen Makkas, auf der Suche nach den Leuten, deren Güter ihm anvertraut worden waren. Ihretwegen war er geblieben, und er brachte alle anvertrauten Güter ihren Besitzern zurück.
 
Lieber Erziehender! Wenn du von deinem Kind möchtest, dass es Verantwortung trägt und in höherem Maße selbstständig wird, wirst du in unserer nächsten Begegnung, so Allâh will, auf deine Fragen die Antworten finden, die deinen Durst stillen werden.
 
Ich bitte Allâh darum, dass er uns sowohl im Diesseits als auch im Jenseits durch unsere Kinder Freude verleihe!

Unselbstständigkeit bei Kindern - ein ernst zu nehmendes Problem - Teil 1

Unselbstständigkeit bei Kindern - ein ernst zu nehmendes Problem - Teil 3

 

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