Al-´Izz ibn ´Abdussalâm war einer der berühmtesten Persönlichkeiten des siebten Jahrhunderts nach der Hidschra (13. Jahrhundert nach Christus). Er war ein Gelehrter mit tiefgründigem Wissen in den Islamwissenschaften wie beispielsweise im Fiqh (Rechtswissenschaft) und in der Hadîth-Lehre. Er war auch ein großartiger Schriftsteller, der wertvolle Bücher verfasste. Dies waren nicht die einzigen Gründe, die die Menschen dazu veranlassten ihn zu lieben und zu respektieren. Die Menschen liebten ihn, weil er für sie lebte, sie ihre religiösen Angelegenheiten lehrte, Erneuerungen und Aberglauben in der Religion abschaffte, die Herrscher beriet, den bewaffneten Kampf um Allâhs willen auf den Schlachtfeldern verrichtete und Ungerechtigkeit und Tyrannei bekämpfte.
Al-´Izz ibn ´Abdussalâm
- Veröffentlicht:05.04.2011
- Kategorie:Muslimische Gelehrte
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Ein Genie in seiner Kindheit
´Abdul´azîz ibn ´Abdussalâm, bekannt als Al-´Izz, wurde im Jahr 577 n.H./1181 n.Chr. in Damaskus geboren. Er verbrachte seine jungen Jahre in Damaskus, wo er Wissen erlangte. Zu jener Zeit gab es überall in Damaskus Unterrichte, ob in Moscheen oder in Schulen. Al-´Izz hinkte seinen Kollegen im Wissenserwerb ein wenig hinterher, doch es gelang ihm, das Wissen, das er verpasst hatte, aufzuholen, indem er im Unterricht sehr fleißig war und seine Lektionen mit starkem Willen und Begeisterung lernte. Seine Intelligenz und sein tiefes Verständnis verhalfen ihm dazu, die Fächer Rechtswissenschaften, Qurân-Exegese, Qurân-Wissenschaften, Hadîth-Wissenschaften, Arabisch, Literatur, Grammatik und Rhetorik zu meistern.
Nachdem er sein Studium beendet hatte, begann er damit, in seinem Haus, in Moscheen in Damaskus und in staatlichen Schulen zu unterrichten. Der junge Lehrer hatte eine große Zahl von Studenten, die ihn auf Grund seines tiefgründigen Wissens, der Beherrschung seiner Themen, der Vorzüglichkeit die Lektionen zu erklären und seines Sinns für Humor mochten, zumal er üblicherweise einige Anekdoten erwähnte, die die Schwere im Unterricht milderte und Langeweile beseitigte. Wegen dieses Vorgehens besuchten viele Studenten seine Unterrichte und mochten ihn.
Der Prediger der Umayyaden-Moschee in Damaskus
Al-´Izz ibn ´Abdussalâm war ein ausgezeichneter Prediger, der seine Zuhörer durch seine aufrichtige Bewegtheit, sein tiefgründiges Wissen, seine angenehme Art und seine klaren Vorstellungen prägte.
Diese Fähigkeiten machten ihn zum Prediger der Umajjaden-Moschee in Damaskus. Seine Chutbas (Predigten) waren ausgezeichnete Vorträge, in denen die Leute über die Lehren ihrer Religion und Themen, die sie interessierten, erfuhren und lernten, wie man Probleme löst, die ihnen in ihrem alltäglichen Leben begegneten und die er löste. Al-´Izz ibn ´Abdussalâm war berühmt für seine Standhaftigkeit und er blieb nie ruhig, wenn er Falschheit oder Ungerechtigkeit sah – besonders bei Angelegenheiten, die die islamische Gemeinschaft oder das Gebiet, in dem er lebte, betrafen. Wenn er von bestimmten Übergriffen oder Verstößen erfuhr, bestimmte er sie sofort genau und stellte die islâmische Sichtweise diesbezüglich dar. Diese Einstellung bereitete ihm einige Probleme, doch es war ihm egal, solange er seine islâmische Pflicht erfüllte.
In einer seiner Chutbas verkündete er eine Fatwâ, die verbot, Waffen an die Kreuzritter zu verkaufen, die immer noch einige Gebiete in der Levante besetzten. Er vertrat diese Meinung besonders, nachdem er erfahren hatte, dass die Kreuzritter diese Waffen benutzten, um Muslime zu bekämpfen.
Er erfuhr auch, dass As-Sâlih Ismâ´îl, der Sultan von Damaskus, einigen Kreuzrittern erlaubte, Damaskus zu betreten, um von den muslimischen Händlern Waffen zu kaufen.
Diese Chutba wirkte stark auf die Leute ein, die über sie sprachen und sie bewunderten – außer dem Sultan und dessen Gefolge. Der Sultan enthob ihn des Amtes Predigten zu halten oder Fatwâs zu erlassen und inhaftierte ihn sogar. Allerdings entließ er ihn kurz darauf, weil der Herrscher den Zorn der Leute und eine Revolution fürchtete. Der Sultan erließ jedoch eine rechtsverbindliche Anordnung, dass Al-´Izz sein Haus nicht verlassen dürfe.
Sein Aufbruch nach Kairo
Al-´Izz ibn ´Abdussalâm war auf Grund der Isolation, die ihm auferlegt wurde, und weil ihm verboten wurde religiöse Vorträge zu halten und Fatwâs zu erlassen, deprimiert. Er empfand, dass der Wert eines Menschen auf dessen Fähigkeit basiert, anderen nützlich zu sein und dass seine Wertigkeit darin lag, sich unter die Menschen zu mischen, sie zu unterrichten, Fatwâs zu erlassen und Chutbas zu halten. Deshalb entschloss er sich dazu, nach Kairo zu reisen. Er weigerte sich, den Sultan um Verzeihung zu bitten, damit dieser mit ihm zufrieden sei.
Der Scheich kam 639 n.H./1241 n.Chr. in Kairo an. As-Sâlih Ayyûb, der Sultan von Ägypten, empfing ihn herzlichst. Der Sultan bat ihn umgehend, Chutbas in der ´Amr ibn Al-´Âs-Moschee zu halten. Er ernannte ihn zum Vorsitzenden Richter und zur Aufsichtsperson, um verlassene Moscheen in Ägypten wiederzubeleben. Seine Aufgabe entsprach ungefähr der, für die heutzutage der Minister für Stiftungsgelder und islâmische Angelegenheiten bekannt ist.
Al-´Izz ibn ´Abdussalâm verkauft die Prinzen
Der verehrte Scheich willigte ein, der Vorsitzende Richter zu sein, um die Rechte der Menschen zu verteidigen und sie vor Unterdrückern und Machthabern zu schützen. Der Scheich fand heraus, dass die meisten Prinzen, auf die As-Sâlih Ayyûb vertraute, immer noch Sklaven waren. Er empfand, dass, es nicht in Ordnung war Prinzen dafür zu bestimmen, die Angelegenheiten des Landes zu verwalten, solange diese Prinzen nicht frei waren. Der mutige Scheich sagte ihnen umgehend seine Meinung. Er verbot ihnen Handelsgeschäfte, wie Kaufen, Verkaufen und andere Handlungen, die nur freie Menschen verrichten. Die Interessen der Prinzen waren gelähmt, und zu diesen Prinzen gehörte der Stellvertreter des Sultans.
Die Prinzen versuchten mit Al-´Izz ibn ´Abdussalâm zu verhandeln, damit er die Fatwâ, dass sie verkauft werden sollen und die Erlöse für sie beim Fiskus der Muslime aufbewahrt werden, zurücknehme. Der Scheich lehnte ihre Verhandlungen und ihren Aufruf ab. Da es eine schwierige Situation für die Sklaven-Prinzen war, weigerten sie sich, dem Urteil des Scheichs Folge zu leisten und brachten die ganze Angelegenheit vor den Sultan As-Sâlih Ayyûb. Der Sultan bat den Scheich dessen Meinung zurückzunehmen, doch der Scheich weigerte sich. Der Sultan sprach in einer strengen Art und Weise mit dem Scheich, der das Treffen mit der Absicht verließ sein Amt aufzugeben.
Die Auktion des Prinzenverkaufs:
Als sich die Neuigkeiten über die Amtsabgabe des Scheichs und sein Entschluss Kairo zu verlassen verbreiteten, folgten ihm die Menschen und baten ihn darum zurückzukehren. Zur selben Zeit erkannte der Sultan, dass er einen Fehler begangen hatte und folgte dem Scheich ebenso, um ihm zu gewähren, was immer er sich wünsche. Der Sultan überzeugte ihn zurückzukehren und der Scheich stimmte zu, doch verlangte er, dass die Prinzen verkauft werden müssten.
Es war eine sehr eindrucksvolle Situation, als Al-´Izz ibn ´Abdussalâm damit begann, die Prinzen einen nach dem anderen zu verkaufen und um mehr Geld als Gegenleistung für sie zu bitten. Der Sultan zahlte dem mutigen Scheich, der den Erlös beim Fiskus der Muslime aufbewahrte, den Preis der Prinzen von seinem eigenen Geld. Dieser seltene Vorfall war der Grund dafür, dass Al-´Izz ibn ´Abdussalâm “der Verkäufer von Königen” genannt wurde.
Die Prinzen bei Steuerentrichtung zuerst
Der Scheich blieb in Kairo, bis der Sultan Saifuddîn Qutuz im Jahre 657 n.H./1258 n.Chr. an die Macht kam.
Während seiner Amtszeit sandten die Tataren einige Boten nach Kairo, die eine bedingungslose Kapitulation verlangten. Die Tataren standen vor den Toren Ägyptens, nachdem sie die gesamte östliche muslimische Welt beherrschten. Der Sultan von Ägypten lehnte ab und bestand auf Verteidigung und Widerstand. Al-´Izz ibn ´Abdussalâm war derjenige hinter dem Sultan, der diese Meinung vertrat, und er mobilisierte die Menschen, um in den bewaffneten Kampf zu ziehen.
Der Sultan benötigte Geld, um die Vorbereitungen für die Schlacht zu bezahlen. Er versuchte, den Menschen neue Steuern aufzuerlegen, doch Al-´Izz ibn ´Abdussalâm lehnte diese Entscheidung ab und sagte zu ihm: “Bevor du den Menschen mehr Steuern auferlegst, müssen du und die Prinzen zuerst all euer Geld dem Fiskus der Muslime zurückgeben. Wenn dieses Geld nicht ausreicht, um uns für die Schlacht vorzubereiten, dann kannst du den Menschen mehr Steuern auferlegen.“
Der Sultan akzeptierte die Meinung von Al-´Izz ibn ´Abdussalâm und handelte dementsprechend. Die Muslime marschierten hinaus um den Tataren entgegenzutreten und besiegten sie in der Schlacht von ´Ain Dschâlût.
Bücher des Scheichs und dessen wissenschaftlichen Errungenschaften
Al-´Izz ibn ´Abdussalâm war ein vielseitiger Gelehrter, der Fatwâs erließ, Chutbas hielt, sich als Richter betätigte und lehrte. Er schrieb viele Bücher über Qurân-Exegese, Hadîth-Lehre, Fiqh, Methodenlehre (Usûl) des Fiqh und das Leben des Propheten. Zu seinen berühmtesten Büchern gehören Al-Fawâid fî Ichtisâr Al-Maqâsid und Nihâyat Al-Ichtisâr. Beide Bücher behandeln die Rechtsschule von As-Schâfi´î. Er schrieb auch eine verkürzte Fassung von Sahîh Muslim, Bidayat As-Sûl fî Tafdîl Ar-Rasûl und eine Qurân-Exegese.
Der Charakter von Al-´Izz ibn ´Abdussalâm
Al-´Izz ibn ´Abdussalâm war ein wahrer Gelehrter, der wusste, dass die Funktion eines Gelehrten sich nicht darauf beschränkt, Unterrichte zu geben, Chutbas zu halten und Studenten zu unterrichten. Er war ein Reformator, der die Menschen zum Rechten führte und deren Fehler korrigierte, auch wenn sie von einem Prinzen oder dem Sultan selbst begangen wurden. Da er einen starken Willen hatte und seine Seele mit Liebe zu Allâh gefüllt war, gab es keinen Platz in seiner Seele, den Sultan oder die Machthaber zu fürchten. Er fürchtete nie jemanden außer Allâh. Wenn jemand Allâh fürchtet, dann respektieren ihn die Menschen und schätzen ihn hoch.
Der Scheich lebte, um das Leben der Menschen zu verbessern. Er nahm einen geliebten Platz in ihren Herzen ein und er liebte die Menschen, die wiederum ihn liebten.
Sein Tod
Der verehrte Scheich lebte 83 Jahre lang im Dienste des Islâm, korrigierte Fehler mit seiner Zunge und dem Schreibstift und bekämpfte die Kreuzritter, bis er am zehnten Tag des Monats Dschumâdâ Al-Ûlâ 660 n.H./ 2. März 1261 n.Chr. starb.