Ramadân als Gelegenheit zur Demut in Ehrfurcht gegenüber Allâh - Teil 1

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Ramadân ist näher gerückt, mit seinem Licht und seinem Duft, mit seinem Guten und seiner Reinheit. Er kommt, um die Menschen Willensstärke und Selbstbewusstsein zu lehren und sie zur Geduld zu erziehen. Er will sie daran gewöhnen, Unglücksfälle zu ertragen und den Problemen und Schwierigkeiten des Lebens gegenüber Stärke zu zeigen. Der Prophet beglückwünschte seine Gefährten zum Anbruch des Ramadân und brachte ihnen frohe Botschaft. Er sagte ihnen: „Ramadân ist zu euch gekommen. Ein segensreicher Monat, den Allâh euch angewiesen hat zu fasten. In ihm werden die Tore des Paradieses geöffnet und in ihm werden die Tore der Hölle geschlossen. In ihm werden die widerspenstigen Teufel gefesselt und in ihm gibt es eine Nacht, die besser ist als 1.000 Monate. Wem ihr Gutes verwehrt wird, dem wurde wirklich verwehrt.“ Überliefert von Ahmad und An-Nasâî.

 
In einer Überlieferung von At-Tirmidhî, Al-Baihaqî und Ibn Hibbân steht: „Und ein Rufender ruft jede Nacht: O Erstrebender des Guten, wende dich ihm zu! O Erstrebender des Schlechten, halte dich davon zurück! Und Allâh lässt viele aus dem Höllenfeuer frei. Und dies geschieht jede Nacht.“
 
Ramadân ist eine erzieherische Schule, in der der Muslim seine Willensstärke im Einhalten der Grenzen seines Herrn in allen Dingen trainiert. In der er lernt, sich Seinem Urteil in allen Dingen zu unterwerfen und Seine Anweisungen und Gesetze in allen Angelegenheiten auszuführen. In der er übt, in allen Dingen das zu meiden, was seiner Religion, seinem Leben oder seinem Körper schadet. Dies tut er, um sich psychisch und physisch vollkommen dessen zu entledigen, was er in diesem segensreichen Monat nicht machen soll, damit er zu jeder Zeit, an jedem Ort und in jeder Situation die Taqwâ erlangt. Dies gelingt ihm, wenn er sich um das Festhalten an dieser Schule der Barmherzigkeit bemüht, indem er die Nacht mit dem Tag verbindet, ohne eine Sünde oder etwas Verwerfliches zu begehen und all seine Gliedmaßen von allem Verbotenem fernhält. So besteht er diese Schule wirklich erfolgreich und verlässt sie im Kampf gegen sich selbst siegreich. Er bringt somit seine menschlichen Talente und materiellen sowie ideellen Kräfte für den Kampf gegen seine Feinde auf. Somit ist er dieses Monats würdig geworden, ihn als eine goldene Gelegenheit zu nutzen, zu sich selbst Stellung zu nehmen und mit sich selbst abzurechnen, damit er das korrigiert, was vergangen ist, und erreicht, was kommen wird, bevor er stirbt. Er ist würdig geworden, diese Chance der Taqwâ zu ergreifen, weil Allah der Erhabene im Monat Ramadân die Voraussetzungen des Guten und die Verrichtung der guten Taten erleichtert. Die Seelen sind in ihm aufgeschlossen und die Herzen sind sehnsüchtig. Weil die widerspenstigen Teufel im Ramadân in Ketten gelegt werden, erreichen sie nicht das, was sie außerhalb des Ramadan erreichen. Im Ramadân öffnen sich die Tore des Paradieses und schließen sich die Tore der Hölle. Allâh lässt jede Nacht viele aus dem Höllenfeuer frei. Im Ramadân befindet sich die Nacht der Bestimmung, die besser ist als 1.000 Monate. Es gibt keine gewaltigere frohe Botschaft. Wenn wir sie mit Verstand und Überlegung bedächten, sähest du uns zum Guten eilen, um fromme Dinge wetteifern, vom Schlechten abwenden, Neigungen unterlassen und den Ramadân als Gelegenheit zur Taqwâ nehmen.
 
Ja, denn der Ramadân ist eine Gelegenheit zur Taqwâ, damit  der anbetend Dienende zu den ausgewählten Taqwâ Besitzenden, Rechtschaffenen und Frommen gehört. Allâh der Erhabene sagt: „O ihr, die den Glauben verinnerlichen! Vorgeschrieben ist euch das Fasten, wie es auch denen vorgeschrieben ward, die vor euch gewesen; vielleicht seid ihr ja demütig in Ehrfurcht gegenüber Allâh.“ (Sûra 2:183).
 
Seine Aussage „vielleicht seid ihr ja demütig in Ehrfurcht gegenüber Allâh“ ist ein Grund für die Verpflichtung zum Fasten und verdeutlicht dessen großen Nutzen und immense Weisheit. Es ist die Taqwâ, nach deren Bedeutung der Führer der Gläubigen Umar ibn Al-Chattâb den ehrenwerten Prophetengefährten Ubai ibn Ka´b fragte, worauf dieser zurückfragte: „O Fürst der Gläubigen: Hast du nie einen dornigen Weg eingeschlagen?“ Umar antwortete: „Doch!“ Ubai fragte: „Und was hast du getan?“ Er antwortete: „Ich habe mich bemüht, mich vor den Dornen zu hüten und mich von ihnen fernzuhalten.“ Ubai entgegnete: „Das ist die Taqwâ!“
 
Die Taqwâ ist also etwas Empfindsames im Gewissen, etwas Transparentes in den Gefühlen, eine andauernde Furcht und eine ständige Vorsicht. Sie ist die Furcht vor den Dornen auf dem Weg. Dem Weg des Lebens, der mit den Dornen der Gelüste und Neigungen, Ängste und Sorgen, Versuchungen und Todsünden gespickt ist. Dieser Weg ist auch voller Dornen der falschen Hoffnung in dem, der keine Antwort auf die Hoffnung besitzt, und voller Dornen der falschen Angst in dem, der weder Gutes noch Schlechtes zu tun vermag.
 
 
Diese und viele weitere Dornen bilden das Verständnis der Taqwâ. Wenn es dir immer noch nicht verständlich ist, dann höre, was Alî über die Taqwâ gesagt hat: „Sie ist die Angst vor dem Glorreichen, das Handeln gemäß dem Geoffenbarten, die Zufriedenheit mit dem Geringen und die Vorbereitung auf den Tag des Aufbruchs [den Todestag].“ Dies ist die wahre Bedeutung von Taqwâ und dies ist ihr Verständnis. Wo stehen wir hinsichtlich dieser strahlenden Bedeutungen?
 
 
Die erste islâmische Gesellschaft war ein Vorbild für Rechtschaffenheit, großartige Charakterzüge und das Streben ihrer Individuen nach Zufriedenheit ihres majestätischen Herrn (erhaben sind Seine Namen). Die Taqwâ war ein deutliches Motto im Leben dieser großartigen Generation, die die Welt mit ihrem Mut und ihrem Einsatz beherrschte und deren Ruf durch ihre Charaktereigenschaften und ihre Vorzüge weit gen Osten und Westen drang. Das Oberhaupt der Taqwâ Besitzenden Muhammad war beispiellos für seine Taqwâ, Frömmigkeit und immense Furcht vor seinem gewaltigen, glorreichen Herrn. Er stand in der Nacht auf und betete, bis seine edlen Füße Hautrisse bekamen. Man hörte in seiner Brust ein Rasseln wie das eines Kessels vom Schluchzen und Weinen. Dabei war er doch derjenige, dem seine vorangegangenen und seine nachfolgenden Sünden vergeben wurden.
 
Sein geehrter Gefährte und bedeutsamer Kalif Abû Bakr As-Siddîq pflegte zu sagen: „O wäre ich doch eine Pflanze, die gepflückt und dann gegessen wird!“ Er hatte einen Diener, der ihm sein Essen brachte. Es gehörte zur Angewohnheit des Siddîq, jedes Mal nach dem Ursprung der Speise zu fragen, aus Angst vor dem Harâmen. Einmal brachte ihm sein Diener das Essen und er vergaß, ihn wie gewöhnlich zu fragen. Als er einen Bissen gegessen hatte, fragte ihn sein Diener: „Wieso fragst du mich nicht wie jedes Mal, o Kalif des Gesandten Allâhs ?“ Abû Bakr sagte: „Von woher ist nun diese Speise, o Junge?“ Er sagte: „Sie wurde mir von Leuten gegeben, denen ich in der Zeit der Unwissenheit mit einer Wahrsagerei geholfen habe“. Hier ergriff den Siddîq heftige Angst. Er führte seine Hand in den Mund und erbrach alles, was er im Magen hatte. Er sagte: „Bei Allâh, wenn dieser Bissen nur mit meiner Seele herausgekommen wäre, hätte ich sie herausgeholt.“ All dies wegen seiner starken Furcht, Taqwâ und Sorge vor dem Harâmen.
 
 
Die Angst Umars und seine starke Taqwâ sind wahrhaftig zu bewundern. Er hörte jemanden den Vers „Am Tag, da sie gewaltsam zum Feuer der Hölle gestoßen werden“ (Sûra 52:13) rezitieren, worauf er für die Dauer von drei Tagen erkrankte und die Menschen ihn besuchten. Einmal las er die Aussage Allâhs des Erhabenen „und haltet sie an; sie sind wahrhaftig Rechenschaftspflichtige!“ (Sûra 37:24) und erkrankte einen ganzen Monat, in dem die Menschen ihm immer wieder Besuche abstatteten. Alî pflegte seinen Bart im Dunkel der Nacht mit der Hand zu ergreifen und zu sagen: „O weltliches Leben, verführe jemand Anderen! Hast du dich für mich geschmückt? Hast du dich nach mir gesehnt? Ich habe dich drei Mal geschieden, wonach es keine Rückkehr gibt. Dein Proviant ist gering und dein Leben ist kurz.“ Ibn Mas´ûd zog einmal mit einer Gemeinschaft hinaus und fragte sie: „Habt ihr eine Angelegenheit zu erledigen?“ Sie sagten: „Nein, wir lieben es nur, dich zu begleiten.“ Er sagte: „Geht, denn es ist Schmach für den Folgenden und Verführung für den Gefolgten!“
 
Wenn wir andere Herrscher außer den rechtgeleiteten Kalifen betrachten, fällt uns Hârûn Ar-Raschîd, der großartige abessinische Kalif, ins Auge. Er besiegte die Kaiser der Römer und Könige der Perser. Seine Herrschaft reichte vom entferntesten Osten bis zum weitesten Westen. Eines Tages verließ er seinen Geleitzug und ein Jude sagte zu ihm: „O Fürst der Gläubigen, sei demütig in Ehrfurcht gegenüber Allâh!“ Hârûn stieg von seinem Reittier ab und warf sich unterwürfig und demütig auf der Erde vor Allâh dem Herrn der Welten nieder. Dann ließ er den Juden kommen und erfüllte ihm dessen Wunsch. Als man ihn darauf ansprach, sagte er: „Als ich sein Wort hörte, erinnerte ich mich an die Aussage Allâhs des Erhabenen: „Und wenn man zu ihm sagt Sei demütig in Ehrfurcht gegenüber Allâh!“, erfasst ihn der Sünde Macht. So ist seine Genüge die Hölle. Und welch gewiss schlimme Lagerstätte!“ (Sûra 2:206) und befürchtete, ich könnte diese Person sein.“
 

 

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