Fasten und Zufriedenheit
Wir suchen ständig nach Zufriedenheit. Welche Art von Vergnügen wir suchen, ist unsere Wahl. Wir suchen nach dem, von dem wir denken, dass es uns Zufriedenheit bringen wird. Aber in Wahrheit verlieren sich sogar die Anbeter des Diesseits in Dingen, die unwichtig sind, selbst unter Anwendung ihrer eigenen Maßstäbe. Ihr Dilemma ist dasselbe: Die meisten Islâm-Leugner verbringen ihr Leben damit, indem sie tun, was sie selbst nicht wirklich schätzen. Es ist natürlich schade, dass ihre eigentlichen Ziele vergebens und wertlos sind – weil diejenigen, die ihren Gott (Allâh) nicht kennen, sich selbst nicht kennen. Allâh sagt: „Das Gleichnis derjenigen, die ihren Herrn verleugnen: Ihre Werke sind wie Asche, auf die der Wind an einem stürmischen Tag heftig bläst. Sie haben keine Macht über etwas von dem, was sie erworben haben. Jenes, das ist das weite Fehlgehen.“ (Sûra 14:18).
Doch wie unvergleichlich dümmer ist es für den Gläubigen sein Ziel aus den Augen zu verlieren, weil er weiß, wie großartig der Herr ist, Der über ihn wacht, wie groß die Belohnung ist und wie schrecklich die Strafe. Die Gläubigen – selbst die Besten unter ihnen - vergessen jedoch, weil der Glaube nicht etwas Unbewegliches ist: Der Glaube nimmt zu und nimmt ab und verschwindet sogar vollständig. Aus diesem Grund verlieren sich die meisten von uns Menschen, Gläubige oder nicht, im Suchen nach körperlichem Vergnügen, der Zufriedenheit gemäß diesseitiger Kalkulationen. Wir lassen uns dazu verleiten, dass das Befriedigen unserer Sinne uns glücklich machen wird. Unsere Zwillingsfeinde, der Satan und unser zügelloses Verlangen – dessen Übel vielleicht manchmal sogar den Satan blendet –, arbeiten beide unaufhörlich, um uns an einen Schwindel glauben zu lassen. Allâh der Allmächtige sagt: „Er macht ihnen Versprechungen und erweckt in ihnen Hoffnungen; und nichts verspricht der Satan ihnen außer Illusionen.“ (Sûra 4:120).
Der menschliche Zustand ist jedoch, wenn man ihn mit dem Auge der Besinnung betrachtet, ein Zeugnis für die Tatsache, dass die meisten Männer und Frauen unglücklich sind. Der Grund ist, dass sie nicht erkennen, dass die Zufriedenheit, nach der sie Tag und Nacht streben, nicht die Zufriedenheit des Körpers, sondern die ihrer Seele, ihres Herzens und der Öffnung beider ist. Allah sagt: „Wer sich aber vom Gedenken Meiner abwendet, für den ist wahrhaftig ein kümmerliches Leben und Wir werden ihn am Tag der Auferstehung als Blinden versammeln.“ (Sûra 20:124).
Doch hier ist der Unterschied zwischen den Muslimen – diejenigen, die sich Allâh unterwerfen, und diejenigen, die es nicht tun: Wir wissen, wohin wir uns wenden müssen und wie. Wir gestehen unsere Schwäche ein und bitten Allâh um Hilfe. Und Allâh gibt uns Wissen, Glauben und Gnade, durch die Er, der Allmächtige, uns erlaubt unser niedriges Selbst zu bezwingen. Als die Engel zum Zeitpunkt unserer Erschaffung erstaunt waren – wie Allâh sagt: „Und als dein Herr zu den Engeln sprach: Ich stehe wahrhaftig im Begriff, auf Erden einen Statthalter einzusetzen! Sie sagten: Setzt Du auf ihr jemanden ein, der auf ihr Unheil anrichtet und das Blut vergießt? Und wir lobpreisen Dich ob Deiner Erhabenheit über jeden Mangel und rühmen Deine Heiligkeit. Er sprach: Ich weiß wahrhaftig am besten, was ihr nicht wisst!" (Sûra 2:30) –, antwortete Allâh der Erhabene und Weise, indem Er Adam die Namen aller Dinge lehrte, und den Engeln zeigte, dass das Wissen und der Verstand, den Adam und seine Nachkommen besitzen, deren Platzierung auf Erden als Seine Statthalter rechtfertigen. Der Schöpfungsbericht des Qurân endet mit der Lehre: „... Wenn nun zu euch von Mir Rechtleitung gewiss kommt – wer dann Meiner Rechtleitung folgt, über die kommt dann keine Furcht und sie sind nicht traurig.“ (Sûra 2:38). Das Gesetz, das Allâh uns gesandt hat, ist diese Rechtleitung – und es macht den Gläubigen, die ihm folgen, vielversprechende Hoffnung: Ihr sollt weder Furcht noch Kummer haben.
Im Monat Ramadân zu fasten ist Allâhs Rechtleitung für uns. In der Tat ist es ein besonderes, göttliches Geschenk für uns – das Geschenk der wahren Zufriedenheit. Es macht unsere körperlichen Gelüste schwach, damit wir uns auf das konzentrieren können, was unsere Herzen glückselig macht. Es ist eine von Allâh dem Perfekten in Weisheit und Wissen geschaffene Praktik, um uns zu helfen, das zu erkennen und zu erlangen, was uns wirklich glücklich macht. Wir sind jedoch nicht gewillt und undankbar. Allâh sagt: „... und Wenige aus den Reihen Meiner anbetend Dienenden sind die Dankerfüllten.“ (Sûra 34:13).
Nichtsdestoweniger ist dieses wertvolle Geschenk von Allâh verpackt und in einer Hülle verborgen, wie unsere Geschenke füreinander. Aus Seiner Gnade heraus schrieb Allâh die Versprechen der unschätzbaren Schätze, die in der Verpackung enthalten sind, direkt auf die Verpackung. Es verlockt uns dazu die Verpackung zu öffnen und das Geschenk zu benutzen, aber es zwingt es uns nicht auf. Welch Trauerspiel ist es, dass die Meisten von uns dieses Geschenk nie auspacken! Wir erhalten es, lesen sogar die beigefügten Versprechen und Ermahnungen, aber weder packen wir es aus, noch benutzen wir es. Wenn wir dies täten, würden wir das Größte aller Geschenke finden: Die wahre Glückseligkeit des Herzens, die sich entfaltet, wenn wir Erholung von der Befriedigung unseres animalischen Selbst finden. Der Prophet bestätigte dieses Trauerspiel: „Wie viele gibt es, die fasten, aber dabei zu nichts gelangen außer zu Hunger und Durst!“ (An-Nasâ´i und Hâkim).
Das Geschenk Allâhs, das darin enthalten ist, ist das Geschenk der Taqwâ (Demut in Ehrfurcht gegenüber Allâh) – sich der wirklichen Wahrheiten hinter den Fassaden dieser weltlichen Vergnügungen und Verführungen bewusst zu sein. Allâh sagt: „O ihr, die den Glauben verinnerlichen! Vorgeschrieben ist euch das Fasten, wie es auch denen vorgeschrieben ward, die vor euch gewesen; vielleicht seid ihr ja demütig in Ehrfurcht gegenüber Allâh.“ (Sûra 2:183); das heißt, ihr sollt dazu gelangen, euch Allâhs stets bewusst zu sein.
Taqwâ ist das Geschenk der inneren Ausgeglichenheit, der Gelassenheit und Glückseligkeit. Allâh der Allbarmherzige sagt: „Finden denn nicht im Gedenken Allâhs die Herzen Ruhe?!“ (Sûra 13:28).
Doch der Missklang unserer körperlichen Gelüste ist zu laut und betäubend, um den Klang von Allâhs Frieden zu hören. Selbst wenn wir Allâh erwähnen, sind unsere Stimmen durch die Ansprüche und Sorgen unserer Glieder und Sinne überlagert. Das Fasten ist Allâhs Verfahren, um diese betäubende Lautstärke leiser zu stellen und uns den wahren Klang der Zufriedenheit, nach der wir streben, hören zu lassen.
Es ist ein Geschenk von Allâhs unendlicher Belohnung. „Das Fasten ist für Mich, und Ich allein werde es belohnen“, wie der Allmächtige uns in einem von Ihm direkt an den Propheten übermittelten Hadîth mitteilte. Wenige realisieren dies, aber die wahre Zufriedenheit des Diesseits ist in schwer verständlicher Weise mit der des ewigen Lebens verbunden, wie Ibn Taimîya sagte: „Es gibt ein Paradies im Diesseits. Diejenigen, die es hier nicht betreten, werden es auch im Jenseits nicht betreten.“ Er meinte das Paradies der Nähe und Liebe zu Allâh.
Es ist das Geschenk der Nähe Allâhs. Das Fasten befähigt uns dazu die Fassaden unserer animalischen Gelüste abzureißen. Durch dieses Vorgehen wenden wir uns Allâh zu, und wenn wir uns Ihm zuwenden, können wir uns Seiner Antwort sicher sein. Allâh sagt: „Und wenn dich Meine anbetend Dienenden nach Mir fragen – so bin ICH wahrhaftig nahe! Ich erhöre den Ruf des Bittenden, wenn er Mich bittet...“ (Sûra 2:186).