Tilgt der Haddsch alle Sünden?

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Jemand stellte mir diese Frage nach einem Freitagsgebet; er sagte, dass er während der Durchführung seiner Haddsch-Reise in diesem Jahr als Erstes nach dem Beendigen der rituellen Weihe, nachdem er die Steinchen bei der Aqaba- Steinsäule geworfen hatte, in einen Laden ging um etwas zu kaufen. Er beabsichtige jedoch, dem Ladenbesitzer nichts dafür zu bezahlen, und er ging ohne bezahlt zu haben.

 
Später bereute er, was er getan hatte, weil er jemanden hörte, der den Hadîth von Allâhs Gesandten zitierte, in dem er sagt: „Wer den Haddsch in diesem Haus (Allâhs) verrichtet und sich weder unmoralisch verhält noch irgendwelche Unanständigkeiten begeht, wird zurückkehren wie an dem Tag, als seine Mutter ihn gebar.“ (Al-Buchârî)
 
Er fühlte sich schuldig und befürchtete die Belohnung für seinen Haddsch zu verlieren. Deshalb ging er zurück um dem Ladenbesitzer das ihm zustehende Geld zu bezahlen, aber er konnte den Laden nicht mehr finden, aus dem er den Artikel gestohlen hatte. Der Mann fragte mich: „Was soll ich jetzt tun?“
 
Diese Frage machte mich traurig und war schmerzhaft für mich. Mir wurde bewusst, dass es vier Hauptangelegenheiten gibt, über die viele Muslime nichts wissen, und ich entschied mich, diesen Aufsatz zu schreiben um auf sie hinzuweisen.
 
Im Allgemeinen handelt es sich bei diesen Angelegenheiten um Folgendes: Ein Haddsch ist keine Buße für Sünden, die der Sünder nicht bereut hat; das Begehen eines Verstoßes während der Verrichtung eines Werkes der Frömmigkeit annulliert das Gutschreiben dieses Werkes; Sünden, die von einem bösartigen Temperament motiviert sind, gehören zu den schlimmsten Kardinalsünden; die Strafe für ein Vergehen, das im sakrosankten Bereich begangen wurde, wird in gleicher Weise vervielfacht wie die Belohnung für eine gute Tat vervielfacht wird.
 
Vom Sünder nicht bereute Sünden
 
Man sollte sich dessen bewusst werden, dass der Haddsch keine Buße für Sünden darstellt, die der Sünder nicht bereut hat. Wer darauf beharrt, eine häufige Sünde zu begehen, und versagt zu bereuen, wird diese Sünde nicht durch das Verrichten des Haddsch als Buße angerechnet erhalten. Der Haddsch resultiert in Sühne und Belohnung nur für jemanden, der bei Allâh bereut, sich an Ihn wendet und auf Seine Gnade und Vergebung hofft, nachdem er ein für alle Mal aufgehört hat, jede Kardinalsünde zu begehen, die er gewöhnlich beging.
 
Der Beweis hierfür ist ein Hadîth, der von Muslim berichtet wird, den Abdullâh ibn Mas'ûd zitiert, der sagte: „Einige Leute fragten Allâhs Gesandten : 'O Gesandter Allâhs, werden wir für das zur Rechenschaft gezogen, was wir vor dem Islâm taten?' Er sagte: 'Jeder von euch, der sich gut im Islâm verhält, wird nicht für jenes zur Rechenschaft gezogen, und jeder, der etwas falsch macht, wird für seine Taten vor dem Islâm und danach zur Rechenschaft gezogen.'“
 
Es ist hier darauf hinzuweisen, dass der Prophet deutlich aussagt, dass das Annehmen des Islâm das löscht, was davor geschah.
 
Obwohl der Islâm das löscht, was davor geschah, wird jemand, der etwas Falsches im Islâm begeht für seinen Fehltritt im Islâm und davor bestraft. Wer ein Islâm-Leugner war, alkoholische Getränke trank und außerehelichen Geschlechtsverkehr beging, bevor er den Islâm annahm, dessen frühere Sünden werden gelöscht und von Allâh vergeben, wenn er Muslim wird. Wenn er jedoch zu seiner Gewohnheit des Begehens des Ehebruchs und des Trinkens zurückkehrt, wird er für seine früheren und späteren Taten bestraft.
 
Sünden werden außerdem in große und kleine aufgeteilt. Wir werden darüber informiert, dass kleine Sünden von Allâh vergeben werden, solange die großen Sünden vermieden werden; denn Allâh sagt: „Wenn ihr Schwerwiegendes, das euch verboten ist, meidet, tilgen Wir euch eure bösen Taten und gewähren euch auf eine ehrenvolle Weise Zugang.“ (Sûra 4:31).
 
Sühne für kleine Sünden kann dadurch erreicht werden, dass man die großen vermeidet, aus Furcht und Gehorsam gegenüber Allâh. Allâh vergibt auch Verstöße und kleine Sünden, wenn ein Muslim beständig in seiner Folgsamkeit und seinem Gehorsam ist, wie es durch einen authentischen Hadîth belegt wird, der besagt, „Die fünf Gebete, zwei aufeinanderfolgende Freitage und zwei aufeinanderfolgende Ramadâne – alle sind eine Sühne für das, was zwischen ihnen stattfindet, solange die großen Sünden vermieden werden.“ (Muslim).
 
Dies ist ein Beweis dafür, dass Allâh alle kleinen Sünden vergibt, die in der Zeit zwischen zwei Handlungen der Frömmigkeit begangen wurden, solange die betroffene Person sich von den großen Sünden fernhält.
 
Ohne Zweifel besagen die Hadîthe oberflächlich, dass „ein angenommener Haddsch keine andere Belohnung hat außer das Paradies,“ und die, in denen der Prophet sagt: „Wer den Haddsch in diesem Haus (Allâhs) verrichtet und sich weder unmoralisch verhält noch irgendwelche Unanständigkeiten begeht, wird so zurückkehren wie an dem Tag, als seine Mutter ihn gebar“ (Al-Buchârî) deuten darauf hin, dass ein Haddsch eine Sühne für alle großen und kleinen Sünden bildet. Aber andere Verse und Hadithe zeigen, dass dies nur der Fall ist, wenn ein Pilger bereute und mit allen großen Sünden aufhörte sowie entschlossen ist diese nicht wieder zu begehen.
 
Wer glaubt, dass der Haddsch eine Sühne für große Sünden darstellt, in deren Begehen ein Sünder beharrt, macht einen sehr großen Fehler und missversteht die Bedeutung der oben zitierten Hadîthe.
 
Ein Beweis dafür liegt in den Worten Allâhs am Ende der Haddsch-Verse in Sûra Al-Baqara, in denen Er sagt: „Und gedenkt Allâhs während einer bestimmten Anzahl von Tagen! Wer sich jedoch in zwei Tagen beeilt, den trifft keine Sünde, und wer länger bleibt, den trifft keine Sünde, für den, der demütig in Ehrfurcht gegenüber Allâh ist. Seid demütig in Ehrfurcht gegenüber Allâh und wisst, dass ihr zu Ihm versammelt werdet!“ (Sûra 2:203).
 
In der Aussage „für den, der demütig in Ehrfurcht gegenüber Allâh ist“ deutet Allâh darauf hin, dass jemand, der fromm ist und demütig in Ehrfurcht gegenüber Allâh ist, seine Sünden vergeben bekommt, sobald der Haddsch vollzogen ist, ob er sich nun beeilt, innerhalb der zwei Tage abzureisen, oder dies bis zum dritten verzögert. Die Worte „für den, der demütig in Ehrfurcht gegenüber Allah ist“, beziehen sich auf beide Fälle. Es ist auf der anderen Seite jedoch klar, dass jemand, der in Sünden beharrt, Allâh gegenüber nicht demütig in Ehrfurcht ist.
 
Hinsichtlich der Frage, ob der Haddsch nicht wiederholte Sünden löscht, selbst wenn der Sünder nicht damit aufhörte sie zu begehen, dann ist die korrekte Antwort: Hoffentlich! Wenn es sich jedoch dabei um eine Angelegenheit handelt, die sich auf das Recht Anderer bezieht, dann werden sie nicht vergeben, wie man es dem Hadîth entnehmen kann, der besagt „Der Märtyertod um Allâhs willen ist eine Sühne für alle Sünden außer Schulden. Dies ist so, weil eine Schuld die Rechte Anderer beinhaltet.“ Die gleiche Regel gilt hier; Haddsch ist keine Sühne für das, was Anderen zusteht.
 
Wer unbezahlte Schulden hat oder etwas Treuhandgut erhalten hat oder etwas Geld für jemanden aufbewahrt, sollte wissen, dass ein Haddsch, wie alle anderen Taten der Folgsamkeit und der guten Taten, die Missetaten sühnen, keine Verbrechen sühnen, die die Rechte von Anderen umfassen. Sofern die Rechte gegenüber den Leuten nicht gewahrt sind, werden diese Rechte sie entweder im Diesseits oder im Jenseits loslassen, oder man muss am Tag der Auferstehung mit den Eigentümern dieser Rechte schlichten.
 
Der Prophet sagte: „O Leute! Jeder, der eine Beschwerde von seinem Bruder gegen sich hat, ob es eine Angelegenheit der Ehre oder des Geldes ist, so enthebe ihn dessen, bevor die Zeit kommt, da es kein Bargeld oder Zahlungsmittel gibt!“ Es ist eine Angelegenheit von guten und schlechten Punkten.
 
Wenn jemand genug gute Punkte hat, dann wird eine Anzahl von ihnen abgezogen, die der Beschwerde gegen ihn gleich kommt. Andererseits werden einige schlechte Punkte der geschädigten Partei abgezogen und dem Konto des Übeltäters hinzugefügt. Dann wird dieser in das Höllenfeuer geworfen. Es ist daher falsch zu glauben, dass ein Haddsch die Rechte anderer Menschen fallenlässt.

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