Beim Auswendiglernen des Qurân zu beachtende Regeln

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 Wir haben bereits in einem früheren Artikel über die Vorzüge des Auswendigbeherrschens des Qurân und die damit verbundenen Fragen gesprochen. Hier wollen wir nun auf einige wichtige Regeln aufmerksam machen, die beim Auswendiglernen des Qurân helfen.

 

Jedem Bemühen, das erfolgreich sein will, muss eine gewisse Ordnung und Planmäßigkeit zu Grunde liegen. Man kann auch sagen, eine bestimmte Methode und ein klarer Leitfaden, um das erhoffte Ziel zu erreichen.

 

Darum gilt es, folgende Regeln zu beachten:

 

1. Aufrichtigkeit: Aufrichtigkeit ist Grundlage jeder Anbetungshandlung, einer von zwei Pfeilern, der Voraussetzung dafür ist, dass eine derartige Handlung überhaupt angenommen wird. So sagt Allâh der Erhabene: „... Wer nun stets die Begegnung mit seinem Herrn erhofft, der wirke ein rechtschaffenes Werk und geselle beim anbetenden Dienen gegenüber seinem Herrn niemanden bei!“ (Sûra 18:110). Wer wünscht, dass Allâh ihm die Ehre zuteil werden lässt, Sein Offenbarungsbuch auswendig zu beherrschen, dessen Absicht muss es darum zweifellos sein, durch sein Bemühen die Belohnung von Allâh zu erreichen, ohne auf irgendeinen materiellen oder ideellen Gewinn zu hoffen.

 

2. Richtigkeit des Lesens und der Aussprache: Das ist die zweite der beiden wesentlichen Grundlagen, die zur Annahme der Handlung notwendig sind. Denn dabei geht es um die Richtigkeit der Handlung und deren Übereinstimmung mit der Sunna. Wer den Qurân auswendig lernen möchte, muss sich von jemandem unterrichten lassen, der das entsprechende Wissen besitzt, und darf nicht einfach auf sich selbst vertrauen. Es ist eine der Besonderheiten des Qurân, dass er nur durch den Unterricht durch eine Person erworben werden kann, die das nötige Wissen besitzt. Dies wird dadurch bestätigt, dass der Prophet selbst möge Allah ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken ihn vom Engel Gabriel empfangen hat, die Gefährten ihn wiederum vom Propheten empfingen und so weiter, sodass der Qurân bis in unsere Tage unverändert und ohne jeglichen Fehler weitergegeben wurde.

 

3. Genaue Einteilung, wie viel täglich gelernt wird: Diese Regel erleichtert das Auswendiglernen des Offenbarungsbuchs Allâhs, nämlich festzulegen, wie viele Verse oder Seiten pro Tag zu lernen sind. Hier soll an jene Vorgehensweise erinnert werden, auf die der Prophet hingewiesen hat: „Verrichtet so viel an Arbeit, wie ihr ertragen könnt! Denn Allâh wird nie verdrossen, solange ihr nicht verdrossen werdet. Die von Allâh am meisten geliebte Tätigkeit aber ist diejenige, die regelmäßig verrichtet wird, auch wenn sie nur gering ist.“ (Al-Buchârî, Muslim). Es wird auch gesagt: Es ist also besser, regelmäßig wenig zu tun, als nur hin und wieder sehr viel auf einmal.

 

4. Bereits Gelerntes festigen, bevor man etwas Neues beginnt: Wer das Buch Allâhs auswendig lernen möchte, soll nicht einfach mit dem Lernen fortfahren, ohne bereits Erlerntes auch tatsächlich gefestigt zu haben. Wann immer es die Zeit zulässt, sollte man darum das bereits Gelernte wiederholen, zum Beispiel beim rituellen Pflicht- oder Sunna-Gebet oder während man auf den Beginn des Gebets wartet oder in ähnlichen Situationen, denn auf diese Weise wird bereits Erlerntes am besten gefestigt.

 

5. Verwenden eines bestimmten Qurân-Exemplars: Diese Regel erleichtert das Auswendiglernen des Offenbarungsbuchs Allâhs, denn man lernt nicht nur durch das Hören, sondern auch durch das Sehen. Durch das oftmalige Lesen der Verse prägt sich ebenso der jeweilige Schriftzug dem Gedächtnis ein. Verwendet man nun jedes Mal ein anderes Qurân-Exemplar, so erschwert dies das Lernen. Man sollte darum an einem einzigen Exemplar festhalten, am besten an einem, das speziell für das Einprägen des Qurân gestaltet ist, wie zum Beispiel eines Qurân-Exemplars, dessen Seiten mit einem Vers beginnen und mit einem Vers enden.

 

6. Gelerntes soll auch verstanden werden: Einer der besten Wege, um Gelerntes im Gedächtnis zu behalten, besteht darin, die entsprechenden Verse auch zu verstehen und über Zusammenhänge der Verse Bescheid zu wissen. Das Einprägen und das Verstehen sind untrennbar miteinander verbunden, sie ergänzen einander, sind sich gegenseitig eine Stütze und keiner der beiden Aspekte kann auf den anderen verzichten.

 

7. Beginn und Ende jeder Sûra müssen verbunden werden: Nachdem man eine Sûra vollständig auswendig beherrscht, sollte man, bevor man zur nächsten Sûra übergeht, Beginn und Ende der Sûra verbinden, sodass man sich jede Sûra in ihrer Einheit vollständig und ganz eingeprägt.

 

8. Auswendig Gelerntes muss wiederholt werden: Es ist eine der wichtigsten Regeln, dass derjenige, dem Allâh der Erhabene die Ehre zuteil werden ließ, Sein Offenbarungsbuch vollständig auswendig zu beherrschen, durch ständiges Wiederholen sein Wissen bewahren soll. Am besten ist es, das mit einem Zweiten zu tun, denn darin liegt sehr viel Gutes. Es erleichtert einerseits das Sich-Einprägen, andererseits kann man das korrigieren, was man vorher in einer falschen Weise auswendig gelernt hat. Darüber hinaus garantiert das gemeinsame Wiederholen auch, dass es dauerhaft erfolgt, denn der Mensch zeigt meist mehr Eifer, wenn er mit einem Anderen zusammenarbeitet, als wenn er allein für sich ist. So sagt Allâh der Erhabene: „... Wir werden deinen Arm durch deinen Bruder stärken und für euch beide eine Macht schaffen ...“ (Sûra 28:35).

 

Am besten ist es, für jeden Tag einen bestimmten Qurân-Abschnitt festzulegen. Es ist dir, meinem Glaubensbruder, bekannt: So sehr Allâh auch das Einprägen des Qurân erleichtert, so schnell wird das Eingeprägte wieder vergessen, wenn es nicht regelmäßig wiederholt wird. Darum sagte der Prophet diesbezüglich: „Lest den Qurân regelmäßig, denn bei Dem, in Dessen Hand sich die Seele Muhammads befindet, er entflieht dem Gedächtnis schneller als ein Kamel!“ (Al-Buchârî, Muslim).

 

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