Abû Hanîfa An-Nu’mân

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Er verrichtete viele Anbetungshandlungen und schlief nachts nur ganz wenig, sodass man ihn wegen seiner vielen rituellen Gebete den Pflock nannte. Er pflegte zu weinen, bis ihn seine Nachbarn hörten und ihn wegen seiner Furcht und Angst vor Allâh bemitleideten.

 

Sein Vater Thâbit war ein reicher Händler, der den Islâm angenommen hatte und ein guter Muslim geworden war. Man erzählt, dass er mit Imâm Ali ibn Abû Tâlib zusammentraf und dass der Imâm Ali für ihn und seine Nachkommen Allâh um Güte und Segen bat. Allâh erhörte das Bittgebet und schenkte Thâbit einen Sohn, den dieser An-Nu’mân nannte und ihm den Beinamen Abû Hanîfa An-Nu’mân ibn Thâbit gab; dies geschah im Jahre 80 n. H. in der Stadt Kufa.

 

Abû Hanîfa wuchs in Kufa auf und sah die Gelehrtenkreise und die Schüler überall mit Fleiß lernen, und so lernte er das Wissen bei großen Scheichen und Lehrern wie etwa dem Hoch-Rechtsgelehrten von Kufa Hammâd ibn Abû Sulaimân, Imâm Dscha’far dem Wahren, Attâ, Az-Zuhrî, Qatâda und vielen Anderen. Hammâd war sein beliebtester Scheich, und er lernte seine Aussagen auswendig und wiederholte sie oft. Hammâd mochte auch seinen Schüler Abû Hanîfa so sehr, dass er den Menschen um ihn sagte: „Keiner darf neben mir in der Mitte des Studienkreises sitzen außer Abû Hanîfa.“

 

Nach dem Tod von Hammâd übernahm ein Sohn von ihm namens Ismaîl die Führung des Studienkreises, Abû Hanîfa verließ jedoch den Fiqh-(islâmischen Rechtswissenschafts-)Kreis und widmete sich der arabischen Grammatik, die er liebte. Die Leute wandten sich dann an Abû Hanîfa und verlangten von ihm, dass er sich zu ihnen setze und sie die Angelegenheiten ihrer Religion unterrichte. Abû Hanîfa willigte ein und begann damit, die Leute zu lehren, bis er unter den Einfachen und Vornehmen bekannt wurde, wobei er jedoch nicht das Verdienst seines Lehrers und Scheichs Hammâd vergaß; er sprach vielmehr immer gut von ihm und bat Allâh für ihn, sodass er sagte: „Ich habe kein einziges rituelles Gebet verrichtet, ohne Bittgebete für meinen Scheich Hammâd und all meine Scheiche und Schüler zu sprechen.“

 

Abû Hanîfa legte großen Wert auf sein äußeres Erscheinungsbild und auf seine Kleidung, parfümierte sich oft und war immer würdevoll und sanftmütig. Er sagte: „O Allâh, wer sich über uns ärgert, auf den freuen wir uns!“ Eines Tages beschimpfte ihn jemand und sagte zu ihm: „O du Veränderer der Religion, du Ketzer!“ Da antwortete ihm Abû Hanîfa: „Allâh vergebe dir, von mir weiß Er etwas Anderes, dass ich Ihm nämlich nichts beigesellt habe, seitdem ich Ihn kenne, und dass ich nur Seine Vergebung wünsche und nur Seine Strafe fürchte.“

 

Abû Hanîfa war sehr großzügig, er war ein guter und ehrenhafter Händler, der sich sein Leben lang mit dem Handel beschäftigte. Ihm gehörte ein Laden in Kufa, in dem er Seidengewebe verkaufte, denn er mochte die Arbeit, um sich selbst seinen Lebensunterhalt zu verdienen.

 

Einmal hörte er einen Mann zum anderen sagen: „Da ist Abû Hanîfa, er schläft nicht in der Nacht, das heißt, er verbringt die Nacht im rituellen Gebet.“ Da sagte er: „Bei Allâh, er berichtet von mir nichts, was ich nicht tue.“ Dann pflegte er die Nacht im rituellen Gebet und Anflehen zu verbringen, denn er war sehr fromm. Einen Hadîth übermittelte er niemandem, der diesen schon kannte, und er erwähnte nichts, was er nicht auswendig kannte. Er enthielt sich des Schwures aus Angst vor dem Verderben, sodass er sich verpflichtete, einen Dinar als Spende auszugeben, falls er einen eingehaltenen Schwur ablegte.

 

Er war nachsichtig und sanftmütig in seinem Gespräch mit den Menschen. Es wird erzählt, dass jemand zu ihm sagte: „Fürchte Allâh!“, da zuckte er zusammen, senkte den Kopf, schwieg kurz und sagte dann zu ihm: „O mein Bruder, möge Allâh es dir mit Gutem vergelten! Wie nötig es doch die Leute haben, dass man sie zu jeder Zeit an Allâh den Erhabenen erinnert!“ Er fürchtete die Konsequenzen vom Unrecht, deswegen lehnte er das Richteramt unter dem Kalifen Al-Mansûr dem Abbassiden ab.

 

Er verstarb im Jahre 150 n. H. und wurde in Bagdad begraben. Für ihn verrichteten fünfzigtausend Männer das Totengebet. Man sagt, dass er in derselben Nacht verstarb, in der Imâm Asch-Schâfi’î geboren wurde.

 

Abû Hanîfa ist der Begründer der hanafitischen Rechtsschule, eine der vier sunnitischen Rechtsschulen. Seine Rechtsschule verbreitete sich im Irak, in Indien und den Ländern im Osten.

 

Asch-Schâfi’î sagte über ihn: „Die Menschen sind im Fiqh von Abû Hanîfa abhängig.“ An-Nadhr ibn Schumail sagte über ihn: „Im Fiqh haben die Leute geschlafen, bis Abû Hanîfa sie aufgeweckt hat.“ Es wurde auch gesagt: „Wenn man das Wissen von Imâm Abû Hanîfa mit dem seiner Zeitgenossen vergleicht, wird sein Wissen das ihre übertreffen.“ Ibn Al Mubârak sagte über ihn: „Ich habe im Fiqh seinesgleichen nicht gesehen.“ Yazîd ibn Hârûn sagte über ihn: „Ich habe niemanden gesehen, der geduldiger als Abû Hanîfa ist.“

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