Der edle Prophetengefährte Abû Dharr Al-Ghifârî hieß mit vollem Namen Dschundub ibn Dschunâda. Er wurde im Stamm Ghifâr geboren und gehörte zu den ersten Muslimen. Abû Dharr kam verkleidet nach Makka und ging zum Propheten, um ihm seinen Übertritt zum Islâm mitzuteilen. Der Gesandte rief zu dieser Zeit nur im Geheimen zum Islâm auf. Abû Dharr fragte den Propheten : „Was weist du mich an?“ Der Gesandte antwortete ihm: „Kehre zu deinem Volk zurück und unterrichte es, bis meine Anordnung zu dir kommt!“ Abû Dharr sagte: „Bei Dem, in Dessen Hand meine Seele ist, ich werde es [das Glaubensbekenntnis] wahrhaftig in ihrer Mitte rufen!“ Er ging, bis er zur Moschee gelangt war, und rief, so laut er konnte: „Ich bezeuge, dass es keine Gottheit gibt außer Allâh und dass Muhammad Sein Gesandter ist!“ Da griffen ihn die Götzendiener an und schlugen ihn heftig. Al-Abbâs ibn Abdulmuttalib, der Onkel des Propheten , kam und beugte sich über ihn. Er sagte: „Wehe euch! Wisst ihr denn nicht, dass er vom Stamm der Ghifâr ist, die sich auf eurem Handelsweg nach Asch-Schâm (dem heutigen Syrien und Irak) befinden?“ Sie besannen sich und ließen von ihm ab. Am nächsten Tag tat Abû Dharr das gleiche, worauf sie ihn schlugen, bis er das Bewusstsein verlor. Al-Abbâs beugte sich über ihn und rettete ihn.“ Überliefert von Al-Buchârî und Imâm Muslim.
Abû Dharr kehrte zu seinem Volk zurück und rief es zum Islâm auf. Durch ihn trat die Hälfte des Stammes Ghifâr und die Hälfte des Stammes Aslam zum Islâm über. Als der Prophet nach Madîna ausgewandert war, kam Abû Dharr mit dem Stamm Ghifâr und dem benachbarten Stamm Aslam zu ihm. Der Prophet freute sich und sagte: „Möge Allâh Ghifâr verzeihen und Aslam bewahren!“ Überliefert von Imâm Muslim.
Der Prophet erwies Abû Dharr eine besondere Ehre, indem er sagte: „Der Himmel hat niemandem Schatten gespendet und die Erde hat niemanden getragen, der ehrlicher und vertrauenswürdiger redet als Abû Dharr.“ Ein von At-Tirmidhî und Ibn Mâdscha überlieferter authentischer Hadîth.
Abû Dharr gehörte zu den bescheidensten Menschen. Er kleidete sich wie sein Diener und aß von dem, was er ihm zu essen gab. Man sagte zu ihm: „O Abû Dharr, wenn du dein Gewand und das Gewand deines Dieners nähmest, es zu einem Gewand machtest und deinem Diener ein anderes, minderwertigeres Gewand gäbest, würde dir niemand Vorwürfe machen! Du bist schließlich sein Herr und er ist dein Sklave!“ Abû Dharr entgegnete: „Ich beleidigte Bilal und beschimpfte ihn ob seiner Mutter. Ich sagte zu ihm: O du Sohn einer Schwarzen! Er beschwerte sich beim Gesandten Allâhs über mich, worauf der Prophet mich fragte: O Abû Dharr, hast du ihn ob seiner Mutter beschimpft? Du bist wahrhaftig ein Mann, in dem noch Ignoranz steckt! Da legte ich meinen Kopf auf den Boden und sagte zu Bilal: Setz deinen Fuß auf meinen Nacken, damit Allâh mir verzeiht! Bilal entgegnete mir: Ich habe dir verziehen, möge Allâh dir verzeihen! Der Gesandte Allâhs sagte: Eure Sklaven sind eure Brüder, die Allâh euch anvertraute. Wer für seinen Bruder verantwortlich ist, der soll ihn von dem speisen, was er isst, und mit dem kleiden, mit dem er sich kleidet. Lastet ihnen nichts auf, was sie überfordert! Wenn ihr sie mit etwas beauftragt, dann helft ihnen dabei!“ Überliefert von Al-Buchârî.
Abû Dharr liebte Allâh und Seinen Gesandten sehr. Es ist überliefert, dass er zum Propheten sagte: „O Gesandter Allâhs, der Mensch liebt Leute, ist aber nicht in der Lage, wie sie zu handeln.“ Der Prophet entgegnete ihm: „Du wirst [im Jenseits] bei dem sein, den du liebst, o Abû Dharr!“ Abû Dharr sagte: „Ich liebe Allâh und Seinen Gesandten.“ Der Prophet sagte zu ihm: „Du wirst bei dem sein, den du liebst!“ Überliefert von Imâm Ahmad.
Er pflegte Abû Dharr zu bevorzugen, wenn er anwesend war, und nach ihm zu fragen, wenn er abwesend war.
Abû Dharr liebte das Wissen und vertiefte sich in die Religion und deren Wissenschaften. Alî ibn Abû Tâlib sagte über ihn: „Abû Dharr wurde Wissen gegeben, mit dem die Menschen nicht mithalten konnten. Dann stützte er sich darauf und nichts verließ ihn. Er sagte: Ein Kapitel (des Wissens), das man erlernt, ist besser als 1.000 freiwillige Rak’as (Gebetseinheiten).“
Er war in weltlichen Dingen sehr asketisch und hing nicht an diesen. Er nahm nur so viel von ihnen mit, wie ein Reisender an Proviant mit sich führt. Der Prophet sagte über ihn: „Abû Dharr wandelt auf Erden mit der Askese von Jesus, dem Sohn der Maria.“ Überliefert von At-Tirmidhî.
Abû Dharr sagte: „Meine Essensration betrug zur Zeit des Gesandten Allâhs ein Sâ (viermal beide Hände voll) Datteln. Und ich werde nicht mehr verlangen, bis ich Allâh den Erhabenen treffe!“ Er sagte ferner: „Die Armut ist mir lieber als der Reichtum und die Krankheit ist mir lieber als die Gesundheit.“ Ein Mann fragte ihn eines Tages: „Willst du dir nicht einen Garten nehmen, wie es die und die Person getan hat?“ Er entgegnete: „Nein! Was mache ich damit, dass ich wie ein Amîr bin? Es reicht mir, jeden Tag etwas Wasser oder Milch zu trinken, und am Freitag genügt mir ein Scheffel Weizen.“ Er wehrte sich dagegen Vermögen anzuhäufen und sagte: „Verkünde denjenigen, die Gold und Silber anhäufen, dass ihre Stirn und ihre Seiten am Jüngsten Tag mit einem glühenden Eisen gebrandmarkt werden!“
Er setzte sich für die Armen ein und forderte von den Reichen deren Pflicht zur Zakâ ein. Daher wurde er Anwalt der Armen genannt. Als Uthmân ibn Affân ihm anbot, bei ihm zu bleiben und ihn zu versorgen, sagte er zu ihm: „Ich brauche eure weltlichen Dinge nicht.“
Als sich Abû Dharr nach Rabadha begab, sah er, dass ihr Führer ein schwarzer Junge war, den Uthmân ibn Affân ausgewählt hatte. Als zum Gebet gerufen wurde, sagte der Junge: „Tritt vor, o Abû Dharr!“ Und der Junge ging nach hinten. Abû Dharr entgegnete: „Tritt vor! Denn der Gesandte Allâhs wies mich an zu hören und zu gehorchen, selbst wenn es ein schwarzer Diener sei.“ Da ging der Junge nach vorn und Abû Dharr betete hinter ihm.
Abû Dharr blieb mit seiner Frau und seinem Sohn in Rabadha, bis ihn eine tödliche Krankheit befiel. Seine Frau weinte sehr, worauf er sie fragte: „Warum weinst du?“ Sie entgegnete: „Warum soll ich nicht weinen, wo du in einer Wüste stirbst und ich weder ein Leichentuch habe, mit dem ich dich umhüllen kann, noch ich dich allein waschen kann?“ Abû Dharr entgegnete: „Wenn ich sterbe, wascht mich und wickelt mich ein! Dann legt mich auf den Weg! Dem ersten Reiter, der an euch vorbeikommt, sagt ihr: Das ist Abû Dharr. Als er verstorben war, taten sie wie ihnen geheißen. Abdullah ibn Mas’ûd kam mit einer Gruppe aus Kufa vorbei und fragte: „Was ist das?“ Man sagte ihm: „Das Begräbnis von Abû Dharr.“ Ibn Mas’ûd weinte und sagte: „Der Gesandte Allâhs sagte die Wahrheit: „Möge Sich Allâh Abû Dharrs erbarmen! Er geht alleine, stirbt alleine und wird alleine auferstehen!“ Er betete für ihn das Totengebet und begrub ihn eigenhändig. Überliefert von Ibn Sa’d.
Dies geschah im Jahre 31 oder 32 nach der Hidschra.