Erziehung mittels Überzeugung

  • Veröffentlicht:19.02.2013
  • Kategorie:Kinder
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Erziehung zu Sklaven

Nein, du darfst nicht in diesen Kleidern essen!
Geh und zieh dich erst um, bevor du zum Essen kommst!
Kind: Warum? Ich möchte meine Kleider aber nicht wechseln. Ich habe so großen Hunger, dass ich nicht warten kann.


Vater (voller Strenge): Hab ich dich nicht aufgefordert, sofort zu gehen und dich umzuziehen? Geh sofort, sonst schlage ich dich!


In diesem Moment geht das Kind, in dessen Gesichtszügen sich Wut und Verärgerung abzeichnen. Es murmelt Worte der Erbitterung und Verdrossenheit vor sich hin, aber fügt sich endlich der Aufforderung!

 

Erziehung mittels Überzeugung

 

Vater:Mein Kind, geh und zieh dich vor dem Essen um!
Kind: Warum Vater? Ich habe Hunger und kann es kaum abwarten.


Vater: Mein Kind, diese Kleider sind zum Ausgehen bestimmt und wir gehen am Abend deine Vetter besuchen. Wir möchten dir diesen Besuch wegen deiner schmutzigen Kleidung nicht verwehren. Außer diesen Kleidern hast du heute keine sauberen Kleider. Deine Mutter hat außerdem keine Zeit, andere Kleider zu waschen.
Kind: Ich bin aber nicht mehr so klein, dass ich meine Kleider beim Essen beschmutze.


Vater: Du bist unbestritten erwachsen genug. Deshalb sollst du vorsichtig sein. Der Erwachsene ist derjenige, der immer vorsichtig ist. Der Kleine ist hingegen derjenige, der sich rücksichtslos und unvorsichtig verhält. Dein erwachsener Vater hat seinen Hausanzug angezogen, bevor er mit dem Essen anfängt. Denn er kann nicht dafür bürgen, seine Kleider beim Essen nicht zu beschmutzen.

Kind: Na gut! Ich gehe mich jetzt umziehen, aber wartet auf mich!
Vater: Sicher, wir warten auf dich!


In diesem Moment geht das Kind und wechselt seine Kleider, ohne Erbitterung, Verärgerung, Wut, Zorn oder Protest und kommt somit der Aufforderung nach.

 

Erziehung mittels Überzeugung ist eine uralte Erziehungsmethode

 

Betrachten wir den Qurân, finden wir, dass er uns lehrt, wie wir unsere Kinder mittels Überzeugung erziehen können, aber keineswegs mittels Demütigung und Gewalt. Werfen wir auf die Rede der Eltern mit ihren Kindern einen Blick, finden wir, dass sie sich nur der Methode der Überzeugung bedienten, aber keineswegs der der geistigen Unterdrückung.

 

Als Ya’qûb seinem Kind Yûsuf  einen Rat geben wollte, sagte er zu ihm: „Er sagt: ‚O mein lieber Sohn, erzähle dein (Traum)gesicht nicht deinen Brüdern, sonst werden sie eine List gegen dich schmieden. Gewiss, der Satan ist dem Menschen ein deutlicher Feind.‘“ (Sûra 12:5). Und als er seinen Kindern danach einen Rat geben wollte, sagte er zu ihnen: „O meine Kinder, geht und erkundigt euch über Yûsuf und seinen Bruder. Und gebt nicht die Hoffnung auf das Erbarmen Allâhs auf. Es gibt die Hoffnung auf das Erbarmen Allâhs nur das ungläubige Volk auf.“ (Sûra 12:87).

 

 

In sanfter Weise belehrt Luqmân sein Kind. In überzeugender Methode erteilt er ihm einen Ratschlag:

 

„O mein lieber Sohn, gewiss, wäre es auch das Gewicht eines Senfkorns und befände es sich in einem Felsen oder in den Himmeln oder in der Erde, bringt es Allâh bei! Gewiss, Allâh ist feinfühlig, Allkundig.“ (Sûra 31:17). Ibrâhîm sprach zu seinem Kind in überzeugender Weise, als er ihm die am meisten erschreckende Nachricht, über dessen bevorstehenden Tod, verkündete: „Als dieser das Alter erreichte, dass er mit ihm laufen konnte, sagte er: ‚O mein lieber Sohn, ich sehe im Schlaf, dass ich dich schlachte. Sieh jetzt, was du meinst.‘ Er sagte: ‚O mein lieber Vater, tu, was dir aufgetragen wird! Du wirst mich, wenn Allâh will, als einen der Standhaften finden.‘“ (Sûra 37:102).

 

Zuvor warnte Nûh seinen Sohn mit den Worten: „Er sagte: ‚Ich werde auf einem Berg Zuflucht suchen, der mich vor dem Wasser schützt.‘ Er sagte: ‚Es gibt heute nichts, das vor der Anordnung Allâhs schützen könnte, außer für den, dessen Er Sich erbarmt.‘ Die Wogen trennten sie beide, und so gehörte er zu denjenigen, die ertränkt wurden.“ (Sûra 11:43).

Betrachten wir diesen beredten Stil des Qurân, lernen wir Erzieher wie wir mit unseren Kindern diskutieren und wie wir mit ihnen am besten sprechen können, und zwar als Erwachsene und nicht als Kinder. Wir verstehen vom Leben mehr als sie und wir ahnen von den Zusammenhängen auch mehr als sie, weshalb wir dazu in der Lage sind, mehr als sie auf ihr Wohlergehen bedacht zu sein. Das berechtigt uns aber nicht dazu, sie mittels Unterdrückung und Willkür zu erziehen.

 

Überzeugung ist für die Bildung der Persönlichkeit des Kindes nötig

Würden wir unsere alltäglichen Gespräche mit unseren Kindern auf Tonband aufnehmen, würde sich herausstellen, dass es sich zum größten Teil um Aufforderungen zur Erfüllung ihrer täglichen Verpflichtungen handelt: Beeile dich mit dem Anziehen! Dein Hemd ist schmutzig; ziehe ein sauberes Hemd an! Iss auf! Sitz nicht so krumm! Kämm dir deine Haare! Räum deine Spielsachen auf! Erledige deine Schulaufgaben! Lasse deine Schwester! Geh schlafen!

 

Lieber Erzieher, wenn wir die Gespräche mit unseren Kindern betrachten, finden wir, dass es Gebote sind und sich gar kein überzeugendes Gespräch darunter befindet. In Wirklichkeit lernt das Kind nur mittels Überzeugung. Es leistet keinem Befehl Folge, es sei denn mittels Überzeugung. Wir beharren dennoch darauf, einer leichten Methode zu folgen, von der wir denken, dass sie wirkt. Aber auch wenn sie am Anfang leicht scheint, führt sie am Ende sicherlich zu komplexen Problemen. Hinzu kommt noch, dass diejenigen Kinder, die nur zwangsbedingt einer Aufforderung nachkommen, gar keine Eigeninitiative haben können. In diesem Kind gedeihen vielmehr die Verschlagenheit und die Distanzierung von jeder Verantwortlichkeit, insofern es keiner direkten Kontrolle untergezogen wird. Das Kind, das mittels Überzeugung erzogen wird, ist hingegen dazu bereit, seine Fehler aufzugeben. Sein Inneres gleicht seinem Äußeren. Es bemüht sich darum, auch ohne elterlichen Antrieb zu verbessern.

 

Überzeugung heißt nicht Nachlässigkeit!

Zum Schluss möchten wir dich, lieber Erzieher, darauf aufmerksam machen, dass die Wichtigkeit der Übezeugungsmethode nicht heißt, dass die Eltern nichts unternehmen dürfen, wie beispielsweise die Bestrafung ihrer Kinder, wenn diese sich weigern, ihren Aufforderungen Folge zu leisten. Wir meinen also nicht, dass Überzeugung die einzige Erziehungsmethode ist. Wir meinen nur, dass die Überzeugung die allererste Erziehungsmethode sein sollte. Kommt das Kind den Aufforderungen auch nach mehrmaligen Überzeugungsversuchen nicht nach, sollte es bestraft werden, insofern es keine Entschuldigungsgründe dafür hat. Zum Schluss wünschen wir unseren Kindern alles Gute und eine blühende Zukunft!

 

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