Weisheiten aus Ibn Hazms Werk

2981 1533

Ibn Hazm sagte in Al-Achlâqu wa As-Siaru fî Mudâwati An-Nufûs:

 

1. Opfere dich nur für etwas, das noch mehr Wert hat als deine Seele, und das gibt es beim Aufopfern für Allâh den Erhabenen: Für den einladenden Aufruf zum Recht, für die Verteidigung der Ehre, für die Bekämpfung der Erniedrigungen, die dein Schöpfer dir nicht auferlegt hat, und dafür, einem Unterdrückten beizustehen.

 

Wer sich für etwas Weltliches opfert, gleicht demjenigen, der Rubine gegen Steine eintauscht.

 

2. Der Vernünftige akzeptiert für sich keinen Preis außer das Paradies.

 

3. Hinsichtlich des Tadelns ob der Heuchelei hat der Satan seine Listen, denn es mag einer sich enthalten, etwas Gutes zu tun, aus Angst, dass man ihm die Heuchelei nachsagen könnte.

 

4. Vernunft und Ruhe bestehen darin, das Gerede der Menschen nicht zu beachten und auf Allâhs Worte (hocherhaben ist Er) zu achten; das ist sogar Ruhe und Vernunft an sich.

 

5. Wer glaubt, Schmähungen und Kritik der Menschen vermeiden zu können, ist unvernünftig.

 

6. Der Unterschied zwischen Tugenden und Lastern, zwischen Anbetungshandlungen und Sünden besteht nur in der Ab- bzw. der Zuneigung der Seele; der Glückliche ist derjenige, dessen Seele den Tugenden und Anbetungshandlungen zuneigt und gegen die Laster und Sünden Abneigung empfindet, der Unglückliche steht im Gegensatz dazu. Entscheidend hier ist nur der Wille Allâhs und seine Bewahrung.

 

7. Hätte das Wissen nur den Vorteil, dass die Unwissenden dich ehren und achten und dass die Gelehrten dich lieben und verehren, wäre dies ein Grund genug, um es zu suchen, wie wäre es dann mit seinen anderen Tugenden im Diesseits und im Jenseits? Und hätte das Unwissen nur den Mangel, dass der Unwissende die Gelehrten beneidet und mit seinen Kollegen im Unwissen zufrieden ist, wäre dies ein Grund genug, um vor dem Unwissen zu fliehen, wie wäre es dann mit seinen anderen Lastern im Diesseits und im Jenseits?

 

8. Wer mit dem Wissen geizt, ist noch gemeiner als derjenige, der mit dem Geld geizt, denn der Geizige mit dem Geld fürchtet, dass es zu Ende geht, während der Geizige mit dem Wissen mit etwas geizt, das durch Ausgeben nicht zu Ende geht oder weniger wird.

 

9. Das beste Wissen ist jenes, das dich deinem erhabenen Schöpfer näher bringt und das dir hilft, Seine Gunst zu erlangen.

 

10. Hinsichtlich des Vermögens, der Verhältnisse und der Gesundheit sollst du nach denjenigen unter dir sehen; was aber die Religion, das Wissen und die Tugenden angeht, sollst du nach denjenigen über dir sehen.

 

11. Die schwierigen Wissenschaften sind wie die starken Heilmittel, die dem starken Körper helfen und den schwachen verderben, und so sind die schwierigen Wissenschaften auch, sie machen den guten Verstand noch besser und reinigen ihn von allen Mängeln, während sie demjenigen mit einem schwachen Verstand schaden.

 

12. Strebe danach, dass du mit Sanftmut bekannt wirst, und achte darauf, dass du mit Klugheit bekannt wirst, damit die Leute dich nicht fürchten, was dir schaden oder dich sogar töten könnte!

 

13. Wenn die Sorgen sich vermehren, kommt auf einmal die Erleichterung.

 

14. Du sollst dich an die schlechten Dinge gewöhnen, denn so wirst du weniger bekümmert, wenn sie eintreten, und du wirst dich riesig freuen, wenn das unerwartete Gute eintritt.

 

15. Glücklich wird derjenige sein, der seine eigenen Schwächen mehr kennt als die anderen Menschen.

 

16. Verachte keine Tat, die du heute schon erledigt hast, auch wenn sie noch so klein ist und verschiebe sie nicht auf morgen, denn mehrere kleine Taten machen viel aus, und vielleicht kannst du sie nachher nicht erledigen und verlierst dadurch alles!

 

17. Was deine Waage am Jüngsten Tag schwerer macht, das sollst du nicht verachten, auch wenn es ganz wenig ist, sondern du sollst es unverzüglich tun, denn es hilft dir sehr und vielleicht schützt es dich vor der Hölle.

 

18. Wer Allâhs Gebote geringschätzt, dem sollst du nichts anvertrauen, was dir wertvoll ist.

 

19. Die beiden trügerischsten und hässlichsten Sätze des Satans, die er seine Helfern gelehrt hat, sind erstens, dass man seinen Fehler damit rechtfertigt, dass Andere vor ihm Fehler gemacht haben, und zweitens, dass es einem leicht wird, heute einen Fehler zu machen, nur weil man am Tag zuvor einen Fehler gemacht hat, oder auf einem Gebiet etwas falsch macht, nur weil man woanders etwas falsch gemacht hat. Denn diese beiden Sätze haben als Rechtfertigung vielen Menschen Fehler leicht gemacht und dazu geführt, dass man das Falsche sieht und nicht zu ändern versucht.

 

20. Die Vernachlässigung für eine Stunde macht die Arbeit eines Jahres zunichte.

 

21. Wenn sich der Unvollkommene seiner Unvollkommenheit bewusst wäre, würde er vollkommen werden.

 

22. Kein Geschöpf ist frei von Fehlern; der Glückliche ist aber derjenige, dessen Fehler wenig und klein sind.

 

23. Wenn der Mensch einschläft, verlässt er die Welt und vergisst alle Freuden und jeden Kummer. Würde er sich im Wachzustand auch so verhalten, hätte er die völlige Glückseligkeit erlangt.

 

24. Wer dich tadelt, der hält dich [als Freund] zurück.

 

25. Nähere dich nicht demjenigen, der sich von dir abwendet, sonst erntest du nur Enttäuschung und Scham!

 

26. Wer dich liebt, dem sollst du nicht den Rücken kehren, denn das gehört zum Unrecht und nicht zur Dankbarkeit, was sehr verhasst ist.

 

27. Mach deinen Ratschlag von dessen Befolgung nicht abhängig, mach deine Fürbitte nicht von deren Erfüllung abhängig und mach dein Geschenk nicht von der Belohnung abhängig! Mach dies alles vielmehr als eine Wohltat und als Erfüllung deiner Pflicht, den Menschen Ratschlag, Fürbitte und Gefallen zu erweisen!

 

28. Es gibt vier Quellen der Tugend, auf denen alle Tugenden beruhen, nämlich: Gerechtigkeit, Vernunft, Hilfeleistung und Freigebigkeit.

 

29. Es gibt vier Quellen des Lasters, auf denen alle Laster beruhen, nämlich: Ungerechtigkeit, Unwissen, Feigheit und Geiz.

 

30. Das Merkwürdige ist, dass Tugenden gut, aber schwer gefunden werden, während die Laster hässlich, aber leicht gefunden werden.

 

31. Wer sich eine gerechte Behandlung wünscht, der soll sich an der Stelle seines Gegners vorstellen, so wird er seine eigene Willkür entdecken.

 

32. Zu den merkwürdigen Worten des Neides gehört, was der Neider sagt, wenn er einen hört, der die Merkwürdigkeiten auf einem Wissensgebiet erwähnt; da sagt er nämlich: „Das ist albern, das hat niemand zuvor erwähnt.“ Wenn der Neider dann jemanden hört, der dieses Erwähnte erklärt, sagt er: „Das ist albern, das wurde schon vorher erwähnt.“ Dies sind böse Leute, die die Menschen vom Wissen abhalten wollen, damit sie mehr unwissende Kollegen haben.

 

33. Es ist nichts dagegen zu sagen, wenn man sich von Natur aus einigen Schlechtigkeiten zuneigt, auch wenn sie sogar die größten Fehler und abscheulichsten Laster sind, solange man diese Neigung nicht durch Worte oder Taten zeigt; dieser ist vielleicht sogar besser als derjenige, der von Natur aus den Tugenden zuneigt. Denn die Bekämpfung der faulen Natur deutet auf eine gesunde und tugendhafte Vernunft.

 

34. Unnachgiebigkeit im Sinne von Entschlossenheit ist der des Eigensinns sehr ähnlich, sodass nur derjenige sie unterscheiden kann, der die Manieren der Menschen sehr gut kennt. Der Unterschied liegt darin, dass Eigensinn unberechtigt ist, oder was man nur zur Verteidigung einer Meinung vornimmt, die ihm als falsch erscheint oder weder als falsch noch als richtig erscheint, und das ist verpönt; das Gegenteil davon heißt: die gerechte Behandlung.

 

Dahingegen bedeutet Unnachgiebigkeit im Sinne von Entschlossenheit, was man zu Recht tut oder was man für richtig hält, solange man nicht weiß, dass es falsch ist. Dies ist natürlich empfehlenswert; das Gegenteil davon heißt: Schwankung.

 

Beide Haltungen sind zum Teil zu kritisieren, weil man dabei die Überprüfung des eigenen Standpunktes versäumte und sich dessen nicht vergewisserte, ob seine Meinung richtig oder falsch ist.

 

Verwandte Artikel