Gerechtigkeit – Teil 1

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Eine Frau beging während der Einnahme von Makka einen Diebstahl. Der Prophet wollte deshalb an ihr die religiös festgelegte Strafe vollziehen, nämlich das Amputieren der Hand. Da ging ihre Familie zu Usâma ibn Zaid und bat ihn darum, beim Gesandten Allâhs Fürsprache einzulegen, damit dieser ihr die Hand nicht amputiert. Der Prophet liebte Usâma nämlich sehr.

 

Als Usâma für diese Frau Fürsprache einlegen wollte, veränderten sich die Gesichtszüge des Propheten , der zu ihm sagte: „Willst du etwa Fürsprache in einer von Allâh festgelegten Strafe einlegen?!“ Dann hielt der Prophet eine Rede ans Volk: „Diejenigen vor euch wurden nur deswegen vernichtet, weil sie die Angesehenen unter ihnen, die stahlen, frei ließen, während sie an den Schwachen die Strafen vollstreckten. Bei Allâh, wenn Fâtima, die Tochter Muhammads stähle, amputierte ich ihre Hand!“ (Überliefert von Al-Buchârî).

 

Ein Mann aus Ägypten kam zu Umar ibn Al-Chattâb und sagte zu ihm: „O Emir der Gläubigen, ich habe einen Wettbewerb gegen den Sohn von Amr ibn Al-Âs, dem Statthalter Ägyptens, gewonnen. Da schlug er mich mit seiner Peitsche und sagte zu mir: Ich bin der Sohn der Adligen.“

 

Umar ibn Al-Chattâb schrieb an Amr ibn Al-Âs: „Wenn du meinen Brief bekommen hast, dann komm zu mir und bringe deinen Sohn mit!“ Als er kam, gab Umar ibn Al-Chattâb dem Ägypter die Peitsche, um den Sohn von Amr zu schlagen. Umar sagte zu ihm: „Schlage den Sohn der Adligen!“

 

Zur Zeit von Umar ibn Al-Chattâb konvertierte ein Mann von angesehenen Arabern zum Islâm und ging die Pilgerfahrt verrichten. Während seines Umschreitens der Ka‘ba trat jemand auf den Saum seines Gewands. Da schlug er ihn heftig ins Gesicht. Der Mann kam zu Umar ibn Al-Chattâb und beschwerte sich bei ihm. Umar ließ den Mann, der geschlagen hatte, holen. Als dieser kam, befahl Umar dem anderen Mann, ihm den Schlag ins Gesicht zu vergelten. Der Mann fragte verwundert: „Sind wir diesbezüglich gleich?“ Umar sagte: „Ja, der Islâm hat euch gleich gemacht!“

 

Es wurde berichtet, dass ein Mann einen großen Fisch fing und sich darüber freute. Auf seinem Weg zu seiner Frau und seinen Kindern traf ihn der Gouverneur der Stadt, der auf den Fisch blickte und ihn wegnahm. Der Fischer war traurig, erhob seine Hände zum Himmel, beklagte sich bei Allâh dem Allmächtigen und bat Ihn, ihm Seine Strafe gegen diesen Ungerechten zu zeigen.

 

Der Gouverneur kehrte in seinen Palast zurück und als er dem Diener den Fisch geben wollte, damit er ihn zum Essen vorbereitet, biss der Fisch in seinen Finger. Da schrie er und verspürte starke Schmerzen. Die Leute brachten ihm Ärzte, die sagten, dass sein Finger vom Biss des Fisches vergiftet sei und sofort entfernt werden müsse, damit das Gift sich nicht weiter in seinen Arm ausbreite. Nachdem die Ärzte seinen Finger entfernt hatten, spürte er, dass das Gift sich in seinem Arm und dann in seinem Körper verbreitete. Er erinnerte sich an seine Ungerechtigkeit dem Fischer gegenüber und suchte ihn. Als er ihn gefunden hatte, bat er ihn um Vergebung, damit Allâh ihn wieder gesund mache. Er vergab ihm.

 

Eines Tages stritt Alî mit einem Juden über einen Schild. Sie gingen zum Richter. Alî sagte: Dieser Jude hat meinen Schild genommen. Aber der Jude stritt das ab. Der Richter fragte Alî: „Hast du Zeugen?“ Alî sagte: „Ja!“ und brachte seinen Sohn Husain, der bezeugte, dass der Schild seinem Vater gehörte. Aber der Richter fragte Alî: „Hast du noch einen zweiten Zeugen?”

 

Alî sagte: „Nein!”

 

Der Richter entschied, dass der Schild dem Juden gehört, weil Alî keinen Zeugen außer seinen Sohn hatte. Der Jude sagte: „Der Emir der Gläubigen kam mit mir zum Richter der Muslime, der dann sein Urteil gegen den Emir der Gläubigen fällte. Und dieser war sogar mit dem Urteil einverstanden. O Emir der Gläubigen! Bei Allâh! Du hattest Recht! Der Schild gehört dir. Er fiel von deinem Kamel herab, dann nahm ich ihn. Ich bezeuge, dass es keine Gottheit gibt außer Allâh und dass Muhammad der Gesandte Allâhs ist!“ Alî schenkte ihm daraufhin den Schild, weil er sich über dessen Bekehrung zum Islâm freute.

 

Was ist Gerechtigkeit?

 

Gerechtigkeit ist treue Beurteilung. Es handelt sich darum, dass man seine Rechte bekommt und seine Pflichten erfüllt. Viele Verse im Qurân fordern Gerechtigkeit, halten dazu an und rufen zum Festhalten daran auf. Allâh der Erhabene sagt: „Allâh gebietet Gerechtigkeit, gütig zu sein und den Verwandten zu geben: ...“ (Sûra 16:90). Er sagt weiterhin: „... und, wenn ihr zwischen den Menschen richtet, in Gerechtigkeit zu richten...“ (Sûra 4:58). Die Gerechtigkeit ist einer der schönen Namen Allâhs und eine Seiner Eigenschaften.

 

Arten der Gerechtigkeit:

 

Die Gerechtigkeit hat viele Arten, darunter:

 

Die Gerechtigkeit zwischen Streitenden: Der Prophet war ein Vorbild für die Anwendung des Gerechtigkeitsprinzips. Zu ihm kamen zwei sich streitende Männer von den Ansâr (die den aus Makka Ausgewanderten in Madîna Helfenden) und baten ihn, über sie ein Urteil zu fällen. Der Prophet informierte sie, dass derjenige, der seinem Bruder das Recht nimmt, sich so verhält, als ob er ein Stück vom Höllenfeuer genommen hätte.

 

Da weinten sie und verzichteten einander auf ihre Rechte.

 

Gerechtigkeit beim Wiegen und Messen: Der Muslim soll volles Maß und Gewicht geben und gerecht wiegen. Er soll die Rechte der Anderen nicht verletzen und beim Kaufen nicht mehr als das eigene Recht suchen; beim Verkaufen sollen Maß und Gewicht gerecht sein. Allâh droht denjenigen, die sich anders verhalten. Der Erhabene sagt: „Wehe den das Maß Kürzenden, die, wenn sie sich von den Menschen zumessen lassen, sich volles Maß geben lassen, wenn sie ihnen aber zumessen oder wägen, Verlust zufügen. Glauben jene nicht, dass sie auferweckt werden zu einem gewaltigen Tag.“ (Sûra 83:1-5). Und Er sagt: „Und messt das Gewicht in Gerechtigkeit und gebt beim Wägen nicht weniger.“ (Sûra 55:9).

 

Gerechtigkeit zwischen den Ehefrauen: Der Muslim soll seiner Frau gegenüber gerecht sein, indem er ihr ihre Rechte gibt. Hat er mehr als eine Ehefrau, dann soll er allen gegenüber bezüglich des Essens, des Trinkens, der Kleidung, der Wohnung, der Schlafgelegenheit und des Lebensunterhalts gerecht handeln. Der Prophet sagte: „Wer zwei Frauen hat und einer mehr zugeneigt ist als der anderen, kommt am Jüngsten Tag, wobei eine seiner Körperseiten schräg ist.“ (Überliefert von Abû Dâwûd, An-Nasâ‘î, At-Tirmidhî und Ibn Mâdscha und von Al-Albânî als authentisch eingestuft).

 

Mit der Zuneigung, wovor der Hadîth warnt, ist hier die Vernachlässigung ihrer Rechte gemeint.

 

Gerechtigkeit zwischen den Kindern: Der Muslim soll seine Kinder gleich behandeln, auch wenn es um das Küssen geht. Er soll das eine nicht vor dem anderen bezüglich der Geschenke vorziehen und damit unter ihnen Gefühle der Feindseligkeit und des Hasses entzünden.

 

An-Nu‘mân ibn Baschîr sagte: „Mein Vater gab mir ein Geschenk.“ Amra bint Rawâha (die Mutter von An-Nu‘mân) sagte: „Ich akzeptiere das nicht, außer wenn du den Gesandten Allâhs das bezeugen lässt.“ Da ging er zum Gesandten Allâhs und sagte: „Ich habe meinem Sohn von Amra bint Rawâha etwas geschenkt. Sie forderte mich auf, dass ich dich, o Gesandter Allâhs, zum Zeugen mache.“ Der Gesandte Allâhs sagte: „Hast du all deinen Kindern gleiche Geschenke gegeben?“ Er antwortete: „Nein!“ Da sagte der Prophet : „Seid Allâh gegenüber ehrfürchtig und behandelt eure Kinder gleich!“ (Überliefert von Al-Buchârî).

 

Gerechtigkeit allen Menschen gegenüber: Der Muslim ist dazu aufgefordert, alle Menschen gerecht zu behandeln, egal ob sie Muslime oder Nicht-Muslime sind. Allâh verbietet es, die Rechte der Menschen zu verachten. Er sagt: „Und schmälert den Menschen nicht ihre Sachen ...“ (Sûra 26:183) und sagt ferner: „... Und der Hass, den ihr gegen (bestimmte) Leute hegt, soll euch ja nicht dazu bringen, daß ihr nicht gerecht handelt. Handelt gerecht. Das kommt der Gottesfurcht näher...“ (Sûra 5:8). Das heißt, dass die Feindseligkeit gegenüber einem Volk oder der Streit mit ihm euch nicht dazu führen soll, es ungerecht zu behandeln. Vielmehr muss man mit allen gerecht umgehen, egal ob es Freunde oder Feinde sind.

 

Gerechtigkeit – Teil 2

 

 

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