Tagebuchführung von Kindern hochschätzen

  • Veröffentlicht:01.12.2013
  • Kategorie:Kinder
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Eine großartige Methode, die ich auf unserer Hausunterrichtsreise entdeckt habe, ist die Tagebuchführung. Hört sich einfach an? Ist es auch – doch das Tagebuch ist nicht für mich! Es ist für die Kinder! Sie haben sogar jedes eins!

 
Die Tage damit zu verbringen Kleinkindern Hausunterricht zu erteilen kann chaotisch sein. Besonders dann, wenn die Aufmerksamkeitsspannen der Kinder unregelmäßig sind und ihre Interessen ebenso. Am Ende des Tages frage ich sie, ob sie in ihren Tagebüchern kritzeln wollen. Und an den meisten Tagen lautet ihre Antwort: "Ja!"
 
Ich bin immer erleichtert, wenn wir es schaffen, uns zumindest bei einer Sache am Tag einig zu sein. Und die Tagebücher waren Lebensretter. Sie waren nicht nur einfache Bücher, zu deren Aufbewahrung ich sie ermuntert habe, anstatt auf Blättern herumzuschmieren, die sie dann herumliegen lassen. Sie sind keine Alternativen zu Wänden und zur Couch, na ja sie sind es eigentlich schon – aber das war nicht der Hauptgrund, weshalb ich mich dafür entschied, eine Tagebuchroutine einzuführen.
 
Ich entdeckte, dass es, wenn ich sie ihre Dinge, die sie tagsüber gelernt haben, aufschreiben oder aufmalen lasse, ihnen dabei hilft, sich abends nach stundenlangem pausenlosem Chaos zu beruhigen.
 
Kinder müssen auch schreiben. Sachen aufzuschreiben und einen bestimmten Ort zur Dokumentation aller Dinge zu haben, reduziert den Stress erheblich. Es hilft den Menschen, an Gefühlen wie Furcht oder Angst zu arbeiten.
 
Psychologen haben Erwachsenen stets zur Tagebuchführung geraten. Gefühle und Probleme herauszuschreiben und/oder Tage vorauszuplanen hat Wunder gewirkt, was Ärger- und Stressmanagement anbelangt. Aus diesem Grund ist das Internet mit Abermillionen Blogs von Frauen aller Art übersät, die abends ihrem Bedürfnis nachgehen, all ihren Stress auszuplaudern.
 
Sachen aufzuschreiben und einen bestimmten Ort zur Dokumentation aller Dinge zu haben, reduziert den Stress erheblich. Es hilft den Menschen an Gefühlen wie Furcht oder Angst zu arbeiten und ist im Großen und Ganzen eine Realitätsprüfung – mit hautnaher und brutaler persönlicher Aufrichtigkeit.
 
Dasselbe gilt für Kinder. Und meine Hausschüler konnten ihrem Temperament selbst an den anspruchsvollsten Tagen freien Lauf lassen.
 
Sei es unsere imaginäre Reise nach Ägypten oder das Aufsammeln und Einkleben von alten Eintrittskarten eines Wissenschaftsmuseumsbesuchs – meinen Kindern gefällt es und es ist wichtig, ein spezielles Buch zu haben, das sie selbst verfassen können. Ihre Tagebücher sind zudem das beständigste Erziehungswerkzeug, das wir bislang benutzt haben und im Großen und Ganzen auch das geschätzteste.     
 
Die Tagebücher haben es ihnen ermöglicht sich kreativ auszudrücken und sie dazu ermutigt, die Welt aus ihrer Perspektive zu bewerten. Manchmal ist das Gekritzel schwierig zu entziffern, doch mit ein bisschen Fantasie und vor allem durch das Geplapper der Kleinkinder ersetzt ein Bild wahrhaftig Millionen Worte.
 
Vor nicht allzu langer Zeit fuhren wir zu unserem ersten Familienurlaub als Hausschüler. Neben dürftigen Versuchen das ganze Haus ins Auto zu quetschen, war die einzige Hausunterrichtsausstattung, die wir einpacken konnten, ihre Tagebücher und Malkästen. Dies war mehr als ausreichend.
 
Nach spannenden Tagen im Freien, verbrachten die Kinder an den Abenden mindestens eine Stunde auf der Veranda unseres Chalets mit dem Ausmalen ihres Abenteuers des Tages, wobei sie sorgfältig die Momente reflektierten, die ihnen am wichtigsten waren. An einem Tag, an dem es wolkenbruchartig regnete und wir zu Hause gefangen waren, schlug sich mein unermüdlicher Sohn seine Stirn an einem Türscharnier. Es dauerte tatsächlich nicht lange, bis seine Schwester dies durch das Malen seiner überdimensionalen Stirn und eines Kinderpflasters dokumentierte. Obwohl dies ein Ereignis war, an das ich mich nicht gerne erinnere, erinnert mich ihr Malen daran, dass es passiert ist. Und es war eine wichtige Lehre für meine Tochter, die endlose Fragen darüber hatte, warum Allâh uns erlaubt zu bluten.
 
Ihre eigenen "perspektivkünstlichen Werte" sind wichtig, damit die rechte Gehirnhälfte das linke Gehirngewicht austariert. Die rechte Gehirnhälfte ist das Organ, das dazu verhilft, zwischenmenschliche und soziale Fertigkeiten, Kreativität und allgemeines Denken über den Tellerrand hinaus zu entwickeln.
 
Viele ihrer Fragen wurden durch ihre Tagebücher beantwortet, da sie die Möglichkeit nutzen, in ihren Enzyklopädien nach Antworten zu suchen, diese genau zu verstehen und in ihre eigenen Worte umzuschreiben. Und je mehr Fragen beantwortet sind, bevor der Tag geschafft ist, desto weniger Schlafenszeit-Hinauszögerungstaktiken gibt es, die manchmal bis in die Nacht schallen. Für meine Tochter, die sagt, dass sie Schwierigkeiten hat einzuschlafen, weil ihr Gehirn nicht aufhören will zu denken, war das Tagebuchschreiben therapeutisch, da sie ihr künstlerisches Nachsinnen über die Welt freisetzt, bevor sie ihre Zähne putzt.
 
Durch das Tagebuchschreiben können sie mit Farben und Gewebe gleichzeitig experimentieren (Buntstifte, Ölkreiden, Filzstifte und Farbstifte).
 
Das Fach "Kunst" wird in schulischen Lehrplänen oft vernachlässigt. Besonders in Teilen der Welt, in denen die Gewichtung darauf gelegt wird, Zahlen und Fakten auswendig zu lernen und diese in Prüfungen wiederzugeben.
 
Künstlerische Werte sind jedoch wichtig, damit die rechte Gehirnhälfte das linke Hirngewicht austariert. Die rechte Gehirnhälfte ist das Organ, dass dazu verhilft, zwischenmenschliche und soziale Fertigkeiten, Kreativität und allgemeines Denken über den Tellerrand hinaus, zu entwickeln – und tief in mir bin ich davon überzeugt, dass dieses einfache Hausunterrichtswerkzeug eine gestalterische Dimension in all den anderen Fächern, die wir behandeln wollen, aktiviert.
 
Doch Tagebuchführung ist nicht nur malen und kritzeln. Die Kinder konnten in den kleinen Enklaven ihrer Welten, in denen es keine Vorurteile gibt, auch ihre Grundfähigkeiten im Schreiben und Zählen trainieren. Ich habe bemerkt, wie viel selbstsicherer sie beim Zusammensetzen von Buchstaben und Zahlen sind und wie enthusiastisch sie lange, komplizierte Sätze ausschreiben. Einzig aus dem Grund, dass sie daran interessiert sind, sie auszuschreiben, anstatt sie in einem Arbeitsbuch abzupausen. Etwas, was sie früher nie mochten.
 
Das Beste daran ist, dass es eine Art Aufzeichnung gibt, die von unserer Hausunterrichtsreise aufbewahrt wurde. Und zwar von den Hausschülern persönlich. Ich muss mir keine Sorgen machen, dass sie nichts Neues lernen, da jede Seite in ihrem Tagebuch Millionen Wörter verschiedener Farben und Töne spricht. Es ist nicht nur ein Reisedokument für mich, sondern auch ein Gegenmittel für meine Nerven als Hausschullehrer, durch das ich erinnert werde, dass meine Kinder dazu fähig sind, sich kreativ auszudrücken, und das Selbstbewusstsein haben, die Welt aus ihrer eigenen Sicht zu bewerten.

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