Offenbarung bedeutet, dass Allâh der Erhabene an denjenigen, den Er für Seine Botschaft auserwählt hat, das übermittelt, worin Er ihm von Seinen Angelegenheiten und Seinem Wissen Einblick gewähren will. Er verkündet dies den Geschöpfen, die Allâh der Erhabene dafür bestimmt.
Die Offenbarung ist also eine allen Gesandten gemeinsame Angelegenheit, und zwar gemäß den Worten des Erhabenen: „Gewiss, Wir haben dir (Offenbarung) eingegeben, wie Wir Nûh und den Propheten nach ihm (Offenbarung) eingegeben haben, und Wir haben Ibrâhîm, Ismâ'îl, Ishâq, Ya'qûb, den Stämmen, Îsâ, Ayyûb, Yûnus, Hârûn und Sulaimân (Offenbarung) eingegeben, und Dâwûd haben Wir haben Wir ein Buch der Weisheit gegeben. Und (Wir sandten) Gesandte, über die Wir dir schon zuvor berichtet haben, und andere, über die Wir dir nicht berichtet haben, und zu Mûsâ hat Allâh unmittelbar gesprochen.“ (Sûra 4:163-164).
Möglichkeit des Erfolgens der Offenbarung:
Die Offenbarung ist eine reale Angelegenheit, die kein Mensch, der an das Dasein Allâhs des Erhabenen und an die Vollkommenheit Seiner Macht glaubt, leugnen kann. Der regelnde Schöpfer sorgt für Seine Schöpfung so, wie Er will. Der Kontakt zwischen dem Schöpfer und Seinen Geschöpfen erfolgt lediglich durch Seine Gesandten. Die Gesandten Allâhs erkennen den Willen Allâhs nur durch die Offenbarung, wobei es unerheblich ist, ob dies durch Mittler oder ohne Mittler erfolgt. Der gesunde Verstand schließt also nicht die Möglichkeit der Offenbarung aus, denn dem fähigen Schöpfer fällt nichts schwer.
Eigentliche Bedeutung göttlicher Offenbarung:
Diese Offenbarung ist kein persönlicher Leidensweg, den der Prophet an sich erfährt, das heißt, sie ist nicht etwa eine Art Inspiration, die der Mensch durch das Praktizieren einiger strenger geistiger Übungen erlangt. Vielmehr handelt es sich bei der Offenbarung um einen hochstehenden Dialog zwischen zwei Wesen: Einem sprechenden anweisenden und gebenden Wesen, und einem angesprochenen angewiesenen und empfangenden Wesen. Weder der Prophet (möge Allah ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken) noch die Propheten (Friede sei mit ihnen) verwechselten ihr menschliches angewiesenes und empfangendes Wesen mit dem anordnenden erhabenen Offenbarungswesen. Der Mensch begreift, dass er ein schwacher Mensch vor Allâh ist. Er fürchtet die Pein Seines Herrn, wenn er sich Ihm widersetzt, hofft auf Seine Barmherzigkeit, bittet Ihn um Hilfe und verkündet das laut, was Er ihm anbefiehlt. Zuweilen wird er sehr getadelt und erkennt stets seine absolute Unfähigkeit zur Abänderung eines Buchstabens im Offenbarungsbuch Allâhs (Qurân) an. Der Erhabene sagt: „Wenn ihnen Unsere Zeichen als klare Beweise verlesen werden, sagen diejenigen, die nicht die Begegnung mit Uns erwarten: Bringe einen anderen Qurân als diesen oder ändere ihn ab. Sag: Es steht mir nicht zu, ihn von mir selbst aus abzuändern. Ich folge nur dem, was mir (als Offenbarung) eingegeben wird. Gewiss, ich fürchte, wenn ich mich meinem Herrn widersetze, die Strafe eines gewaltigen Tages. Sag: Wenn Allâh wollte, würde ich ihn euch nicht verlesen, und Er würde euch nicht davon Kenntnis geben. Ich habe doch vordem ein Leben lang unter euch verweilt. Begreift ihr denn nicht?" (Sûra 10:15-16).
All dies und viel Weiteres führen zur Überzeugung vom endlosen Unterschied zwischen dem Wesen des Schöpfers und dem Wesen des Geschöpfes hin, zwischen der Eigenschaft des Schöpfers und der Eigenschaft des Geschöpfes und zwischen dem Stil des Schöpfers und dem Stil des Geschöpfes.
Unterscheidung des Propheten zwischen seinen Worten und den Worten Allâhs:
Daher war der Prophet (möge Allah ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken) stets darauf bedacht, seine Worte, die er in seinem eigenen Stil formulierte, von der qurânischen Offenbarung zu unterscheiden. Sie sind unter dem Namen „der prophetische Hadîth“ bekannt, obwohl sie ursprünglich von der Offenbarung durch die Inspiration stammen. Er untersagte es sogar anfangs, dass man etwas anderes als den Qurân niederschreibt, damit der Qurân seine besondere Stellung beibehält, die darin liegt, dass sein Wortlaut und seine Bedeutung von Allâh dem Erhabenen sind und nichts an Worten der Menschen enthält.
Der Prophet (möge Allah ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken) pflegte das, was er aus eigener Bemühung sprach, von dem, was er Allâh dem Erhabenen zuschrieb, zu unterscheiden. Daher sagte er: „Ich bin ja nur ein menschliches Wesen gleich euch. Die Vermutung kann richtig oder falsch sein. Wenn ich euch aber gesagt habe Allâh sagt, dann wisset, dass ich nie über Allâh lüge!“
Die Angelegenheit der Offenbarung ist gar nicht die Angelegenheit des Gesandten:
Die Offenbarung ist eine über das Wesen des Propheten hinausgehende Macht, über die er nicht nach seinem Gutdünken verfügen kann. Zu dem, was dies bestätigt, gehört, dass es zuweilen Schicksalsschläge gab, die den Propheten oder jemanden in seiner Umgebung trafen und eine schnelle Lösung erforderten. Er fand hierzu nichts im Qurân, was er den Menschen vortragen könnte. So schwieg er und wartete. Manchmal zog sich die Wartezeit in die Länge, während er ob einer Weisheit, die nur Allâh der Erhabene kennt, dringend Antwort und Lösung brauchte. Als ein Beispiel dafür gilt etwa das Ereignis der ungeheuerlichen Lüge über Âischa, die Ehefrau des Propheten (möge Allah ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken), die von einigen Heuchlern verbreitet wurde, obwohl sie völlig unschuldig war. Die Menschen diffamierten so lange die reine Ehre des Propheten, bis der Bogen überspannt war; doch musste er tatenlos zusehen. Er konnte nur sagen: „O Âischa! Man teilte mir dies und das mit. Wenn dich keine Schuld trifft, wird Allâh dich davon freisprechen. Wenn du jedoch eine Sünde begangen hast, so bitte Allâh um Vergebung!“ Es dauerte einen ganzen Monat, bis die Offenbarung die Unschuld Âischas und die Reinheit des Hauses des Prophetentums bestätigte. Kurz gesagt: Die Offenbarung liegt nicht im Ermessen des Propheten, sie ist ein außerordentliches Ereignis, eine übermenschliche Macht, eine wissende Macht, denn sie gibt Wissen ein. Sie ist eine unfehlbare gute Macht, denn sie bringt nur die Wahrheit und verpflichtet nur zur Rechtschaffenheit.