Abdullâh ibn Al-Mubârak

3788 67

Im Jahre 118 n. H. wurde Abdullâh ibn Al-Mubârak in der Stadt Marw geboren. Er wuchs fromm unter den Gelehrten auf, lernte den edlen Qurân auswendig, studierte die arabische Sprache und den Fiqh (die Rechtswissenschaft) und lernte viele Überlieferungen vom Gesandten Allâhs (möge Allah ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken) auswendig. Schon seit seiner Kindheit schenkte Allâh ihm ein gutes Gedächtnis, sodass er alles schnell auswendig lernte und nie vergaß. Davon erzählte einer seiner Verwandten, der Sachr ibn Al-Mubârak hieß, indem er sagte: “Wir waren noch Jungen in der Qurân-Schule, da kamen wir – Abdullâh ibn Al-Mubârak und ich – an einem Mann vorbei, der eine lange Predigt hielt. Als er damit fertig war, sagte Abdullâh ibn Al-Mubârak zu mir: Ich habe die Predigt auswendig gelernt. Jemand hatte ihn gehört und sagte zu ihm: Na denn! Wenn du sie wirklich auswendig gelernt hast, wie du sagst, dann lass sie uns hören! Ibn Al-Mubârak wiederholte ihm die Predigt, ohne einen einzigen Fehler zu machen.”

Im Alter von dreiundzwanzig Jahren bereiste Abdullah mehrere islâmische Länder auf der Suche nach Wissen; er besuchte den Irak, den Hedschas und andere Länder. Er traf viele Gelehrte seiner Zeit und lernte bei ihnen Hadîth und Fiqh, wie beispielsweise den Imâm Mâlik ibn Anas, Sufyân At-Thaurî und Abû Hanîfa An-Nu’mân. Je mehr Wissen sich Abdullâh aneignete, desto größer wurden seine Furcht vor Allâh und seine Enthaltsamkeit. Wenn er ein ermahnendes Buch las, das ihn an Jenseits, Paradies und Höllenfeuer erinnerte und daran, dass er Allah Rechenschaft ablegen muss, weinte er sehr und es schauderte ihm und ließ ihn so zittern, dass niemand ihn anzusprechen wagte.

Durch Handel verdiente er viel Geld, und hier erteilte er uns eine gute Lektion im richtigen Verhalten des Muslims, als ein Freund von ihm namens Abû Ali, der der Meinung war, Enthaltsamkeit und Handel seien nicht miteinander vereinbar, zu ihm sagte: „Du predigst uns Enthaltsamkeit und trotzdem sehen wir, dass du Waren aus Chorasan bringst und sie im gesegneten Land verkaufst. Wie kann dies denn sein?“ Abdullâh ibn Al-Mubârak antwortete ihm: „O Abû Ali, ich mache dies, damit ich mein Gesicht und meine Ehre wahre. Es hilft mir, meinem Herrn gegenüber gehorsam zu sein und meinen Pflichten Ihm gegenüber nachzukommen.“ Abdullâh ibn Al-Mubârak war mit seinem Geld wahrhaftig nicht geizig, er war sehr großzügig und freigebig. Jedes Jahr gab er für die Armen und Bedürftigen hunderttausend Dirham aus. 

Auch für die Studenten sorgte er äußerst großzügig, sodass man ihn deswegen tadelte, woraufhin er sagte: „Ich schätze diese tugendhaften und ehrlichen Leute sehr hoch, denn sie lernen den Hadîth, weil die Leute sie nötig haben. Wenn wir sie in Not lassen, geht ihr Wissen verloren, und wenn wir ihnen helfen, werden sie ihr Wissen unter der Umma des Gesandten Allahs (möge Allah ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken) verbreiten. Nach der Prophetenschaft halte ich die Verbreitung des Wissens für die beste Tat“.

Ibn Al-Mubârak mochte die Stadt Makka sehr und besuchte sie oft, um Haddsch und Umra (Pilgerfahrt mit geringeren Riten als Haddsch) durchzuführen.

Abdullâh ibn Al-Mubârak liebte die Überlieferungen des Proheten (möge Allah ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken) überaus, sodass er niemandem, der ihn nach einem Hadîth fragte, beim Gehen antwortete. Er sagte zu ihm: “Das gehört nicht zum Respekt vor dem Wissen.” Wenn sich die Hadîth-Gelehrten in Kufa über einen Hadîth nicht einig waren, sagten sie: “Lass uns den Arzt fragen!” [Damit meinten sie Abdullâh ibn Al-Mubârak.]

Eines Tages waren einige seiner Freunde zusammen und sagten: „Lasst uns die guten Charakterzüge von Abdullâh ibn Al-Mubârak zählen.“ Und so zählten sie auf: „Er besitzt Wissen, Fiqh, Literatur, arabische Grammatik, Sprachwissenschaft, Gedicht, Rhetorik, Enthaltsamkeit, Frömmigkeit, Gerechtigkeit, das freiwillige Beten in der Nacht, die Anbetungshandlungen, Reitkunst, Tapferkeit, körperliche Kraft, das Ablassen von unnötiger Rede, …“, bis sie vom Zählen müde waren.

Die Leute schätzten Abdullâh ibn Al-Mubârak und respektierten ihn noch mehr als den Kalifen Hârûn Ar-Raschîd. Eines Tages kam Harûn Ar-Raschîd nach Ar-Raqqah und fand die Leute zu Abdullâh ibn Al-Mubârak eilen, um ihn zu sehen und zu begrüßen. Die Frau von Hârûn Ar-Raschîd sah aus dem Fenster, und als sie die Leute sah, fragte sie: „Was ist los?“ Man sagte ihr: „Das ist ein Gelehrter aus Chorasan namens Abdullâh ibn Al-Mubârak.“ Da sagte sie: „Bei Allah, das ist die wahre Macht, nicht die von Hârûn, der die Leute nur mit Hilfe von Soldaten und Helfern um sich hat!“

An einem Ramadân-Tag im Jahre 181 n. H. verstarb Abdullâh ibn Al-Mubârak im Alter von 63 Jahren, als er auf dem Rückweg von einer Feldzug war. Es wird erzählt, dass Ar-Raschîd, als er vom Ableben Abdullâhs erfuhr, sagte: „Heute ist der Herr der Gelehrten gestorben.“

Verwandte Artikel