Der Einfluss der Umgebung auf das menschliche Verhalten

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Zweifellos gehört der Einfluss der Umgebung zum Menschsein. Viele Gegebenheiten und Umstände sind untrennbar miteinander verflochten, um die Persönlichkeit, das Wesen, die Identität und vielleicht sogar die Religiosität eines Menschen zu formen. Hierzu gibt es Überlieferungen aus der Sunna. Der Prophet (möge Allâh ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken) sagte: „Jedes Kind wird mit der Fitra (angeborene Neigung zum Islâm) geboren, und seine Eltern machen dann aus dem Kind entweder einen Juden, einen Christen oder einen Zoroastrier“ (At-Tabarânî, Al-Baihaqî).

Diese Einflussfaktoren variieren und umfassen sogar den Ort oder die Umgebung, in der ein Mensch lebt. Im Qurân und in der Sunna gibt es Belege, die vor bestimmten Gebieten warnen und die Muslime auffordern, sie zu meiden. Es gibt aber auch Belege, in denen bestimmte Stätten gelobt und zu unverletzlichen Heiligtümern erklärt werden. An diesen Orten werden Belohnungen für Anbetungshandlungen vervielfacht, so dass sie ein bevorzugtes Reiseziel für jene sind, die ihren Anteil an guten Taten vermehren möchten und das Ausmaß ihrer schlechten Taten in den Aufzeichnungen der Engel fürchten.

Auch der Ort beeinflusst die Handlungen der Bewohner. In diesem Zusammenhang sei die Überlieferung über den Mann, der hundert Menschen getötet hatte, erwähnt. Ein Gelehrter riet ihm zur Reue und sagte: „... kehre nicht in dein Land zurück, denn es ist ein übler Ort.“

Es finden sich im Qurân auch Metaphern, die Orten in Bezug auf ihre Bewohner oder ihre Zustände das Böse zuschreiben. Beispielsweise sagt Allâh der Erhabene: „… damit du die Mutter der Städte und diejenigen rings umher (Wohnenden) warnst“ (Sûra 6:92). Dieser Vers wendet sich an den Propheten (möge Allâh ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken). Die Mutter der Städte ist Mekka. In diesem Zusammenhang bedeutet die Warnung Mekkas, dass der Prophet die Bewohner der Stadt warnen soll.

Es versteht sich von selbst, dass leblose Materie keine bösen Taten begehen oder Gutes tun kann. Hierbei richtet sich das Wort oder die Warnung nicht an Orte und Gebäude. Vielmehr sind die dort lebenden Menschen gemeint. Der Qurân bezieht sich äußerst eloquent auf Menschen und ihre Gebiete. Dies ist ein Hinweis auf die starke Korrelation zwischen den Handlungen einer Person und der räumlichen Umgebung, in der sie lebt.

Betrachten wir den Einfluss der Umgebung aus einer rein sozialen Perspektive, stellen wir fest, dass einige Gesellschaftstheorien die Existenz eines solchen Ansatzes bestätigen. Wie die Soziologie beschreibt, sind natürlich Wüsten- und Bergbewohner von ihrer rauen Umwelt beeinflusst. Ihr Wesen spiegelt die Eigenschaften der rauen Umgebung, Nahrung und Reittiere wider. Solche Menschen neigen dazu, hart und zäh zu sein. Im Gegensatz dazu sind Stadtbewohner eher sanft, haben einen Hang zur Bequemlichkeit, sind nachgiebig und spiegeln so die Eigenschaften ihrer Umgebung, Lebensmittel und Transportmittel wider. Die Gelassenheit der Menschen, die in Tälern und auf dem Land leben, im Vergleich zur Schroffheit der Bergbewohner, entgeht wohl niemandem. Menschen werden erheblich von ihrer Umgebung beeinflusst. Sie eignen sich, wissentlich oder unwissentlich, Merkmale dieser Umgebung an.

Daraus können wir die Verantwortung einer Person für ihre Handlungen und Verhaltensweisen im Rahmen der Scharîa bestimmen. Ein Mensch ist zwangsläufig frei in der Wahl seiner Umgebung, seines Wohnortes und seiner Begleiter. Es ist verständlich, dass er die Konsequenzen und Ergebnisse seiner Wahl tragen muss. Ein Mensch sollte eine gute Umgebung und aufrechte Begleiter wählen, um seine Standhaftigkeit auf dem Pfad der Rechtleitung und der Rechtschaffenheit zu gewährleisten. Solche Freunde werden ihn unterstützen, wenn seine Entschlossenheit auf dem rechten Weg nachlässt. Es ist erwähnenswert, dass der Qurân auf Gut und Böse mit Begriffen wie Pfad, Weg und ähnlichen Bezeichnungen verweist, die alle zur Beschreibung eines Ortes verwendet werden. Womöglich geht es darum, die Aufmerksamkeit darauf zu lenken, einen fruchtbaren Boden für Weisung und Rechtschaffenheit zu schaffen. Denn die Wahrheit ist ein ganzheitliches System, in dem der Einzelne nicht rechtschaffen sein kann, ohne die Umgebung zum Guten hin zu entwickeln.

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