Den Qurân leben – Teil 5

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Nicht die Tradition, sondern allein der Qurân ist die sichere Quelle der Rechtleitung. Die schlimmsten Irrlehren der Welt werden seit Jahrhunderten und Jahrtausenden im Namen der Tradition verteidigt. Die Trinitätslehre, die der Qurân mit Unglauben und Polytheismus gleichsetzt, ist eine der am stärksten verteidigten Ansichten. Menschen finden stets ausgeklügelte Wege, sich in ihrem Irrtum zu behaupten und zu verteidigen – doch nur Gott kann den Menschen retten. Traditionen bieten keine Garantie, vor Fehlern sicher zu sein: Sie sind sowohl ein Risiko als auch Schutz. Unterzieht man Traditionen einer ständigen Überprüfung durch den Qurân, werden sie zu einem Speicher der Gelehrsamkeit, der Weisheit und Wahrheit innerhalb der rechtgeleiteten Gemeinschaft des Islâm.

Wir schließen daraus, dass inhaltslose Rituale, blinde Nachahmung, leere Sprichwörter und Gedichte und Behauptungen über mystische Visionen nicht die richtige Art und Weise darstellen, den Islâm zu leben. Nur eine beständige Rückkehr zum Qurân kann diese Lebensweise bieten.

Der Qurân ist Lebensinhalt eines jeden Gläubigen und nicht nur die der Gelehrten und Experten. Der Islâm ist keine gewöhnliche Religion: Die Überbringung der Botschaft obliegt nicht nur dem Propheten der Gemeinschaft, wie es früher der Fall war. Vielmehr übernimmt jedes Mitglied dieser Umma die Übermittlung der Botschaft, je nach Fähigkeit: „Sag: Das ist mein Weg: Ich rufe zu Allâh aufgrund eines sichtbaren Hinweises, ich und diejenigen, die mir folgen. Preis sei Allâh! Und ich gehöre nicht zu den Götzendienern“ (Sûra 12:108).

Die Verantwortung, die der Qurân überträgt, ist schwer; sie zu übernehmen erscheint angesichts der Verlockungen des Satans und des menschlichen Egos besonders belastend. Folglich haben verschiedene vom Islâm abweichende Gruppen in der muslimischen Geschichte den Islâm auf eigensinnige Deutungen reduziert. Die Beschäftigung mit dem Qurân in allen Lebenslagen ist erforderlich, um uns zu helfen, all diese einseitigen Auffassungen zu vermeiden, und um uns zu wahren Muslimen zu erziehen: wahre, geistig und intellektuell vollkommene Gläubige, die die prophetische Aufgabe auf Erden erfüllen können.

Da fällt mir noch ein weiterer Grund ein, warum Allâh uns auffordert, uns ständig mit dem Qurân zu beschäftigen. Unsere Umma hat eine Aufgabe in der Welt erhalten, die sich schneller als je zuvor in der Geschichte verändert. Die Verpflichtung, „eine Gemeinschaft der Mitte“ und somit die beste zu sein, die die Menschheit zum Guten ruft und das Schlechte verbietet, erfordert eine permanente Begegnung mit der Welt und ein unablässiges Bemühen, sie zu reformieren, ebenso wie uns selbst. Da wir in dieser Welt leben, ist die Verbesserung der Welt um uns herum unausweichlich mit der Veränderung unseres persönlichen Lebens verknüpft. Diese große Verantwortung erfordert eine fortwährende Quelle der Führung. Deshalb brauchen wir eine regelmäßige Beschäftigung mit dem Qurân. Wenn wir der Welt ohne den Qurân entgegentreten, sind wir selbst blind und können nicht führen. Und falls wir den Qurân nur als reine Lektüre lesen oder sogar als bloßen Segen betrachten, ohne zu versuchen, unsere Seele und die Welt um uns herum durch ihn zu verändern, verstehen wir ihn nicht. Allâh gab dem Propheten (möge Allâh ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken) den Qurân als Mittel, um der Welt zu begegnen und diese zu verändern: „So gehorche nicht den Ungläubigen und mühe dich damit gegen sie ab mit großem Einsatz“ (Sûra 25:52). Mittlerweile gibt es keine Propheten mehr; die Umma hat die Aufgabe, mehr als nur zu überleben und ihr eigenes Heil zu sichern: Sie hat die Aufgabe, dem Propheten (möge Allâh ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken) zu folgen und das wahre Wesen des Islâms für jede neue Begegnung auf angemessene Art und Weise wiederzugeben.

Der Qurân als Buch der Lebensführung

Nachdem wir die zentrale Bedeutung des Qurân für die Bestimmung und die Aufgabe der muslimischen Umma erörtert haben, werden wir im Folgenden die wesentlichen Merkmale des Qurân vorstellen, die wir schätzen müssen. Mit diesen müssen wir unsere Haltung ihm gegenüber formen müssen. Abschließend werden wir einige praktische Möglichkeiten aufzeigen, wie wir das Bewusstsein für den Qurân in unserem Leben stärken können.

Erste Erkenntnis: Der Qurân ist der Weg zu Gottes ewiger Liebe und Wohlgefallen

Der Qurân hat das höchste Ziel, die Menschen zu ihrem Schöpfer und Herrn zu führen. Dieses Buch hat zum Zweck, durch Warnung und frohe Botschaft zu motivieren, sprich: den Gläubigen zu weisen, zu lehren, geistig vorzubereiten und ihn auf ganzheitlicher Ebene zu Allâh zu geleiten. Imâm As-Schâfi‘î drückt dies wie folgt aus: Anstatt das Wort „Liebe“ für Allâh zu überladen, hat der Qurân eine vollkommen ausgewogene Beziehung beschrieben, die ebenso innig, verständlich und spürbar ist wie Liebe: „Und doch gibt es unter den Menschen manche, die außer Allâh andere als Seinesgleichen annehmen und ihnen dieselbe Liebe schenken wie Allâh. Aber die Gläubigen sind stärker in ihrer Liebe zu Allâh“ (Sûra 2:165). Diese einzigartige, besondere und unvergleichlich große Liebe wird im islâmischen Glaubensbekenntnis festgehalten: Lâ ilâha illa-llâh – es gibt keine Gottheit außer Allâh.

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