Der erste Freitag – Teil 2

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Ich bin etwa drei Meilen zum historischen Chân Al-Chalîlî-Basar gelaufen. Es war so, wie ich zuvor darüber gelesen hatte; überfüllt, laut und fröhlich. Jede Art von Kunsthandwerk, Schmuck, Parfüm, Souvenirs und Kleidung war erhältlich. Das Spannendste für mich war das Feilschen um die Preise. Es war dreißig Minuten vor Maghrib. Ich war noch dabei, Geschenke für Familie und Freunde zu kaufen. In einem Geschäft fragte mich ein Mann, ob ich faste. „Sollte ich das?“, fragte ich. „Es sind die ersten zehn Tage von Dhû Al-Hiddscha“, antwortete er. „Nein, ich faste nicht. Das habe ich vergessen“, sagte ich ihm. Dann dachte ich nach. Ich hatte den ganzen Tag noch nichts gegessen. Ich war zu sehr in der Stadt beschäftigt. Alles ging so schnell, dass ich nicht einmal Zeit zum Essen hatte. Ich bedankte mich bei dem Mann, dass er mich daran erinnert hat und setzte meinen Einkauf fort. Ein paar Minuten später ertönte der Adhân aus einer großen Moschee in der Nähe. Ich bahnte mir einen Weg durch die Massen in Richtung Moschee. Schließlich merkte ich, dass ich nicht wusste, wohin ich ging, und fragte einen Passanten, wo die Moschee sei. „Da ist eine, gleich hier“, antwortete er. „Folge mir.“ Er führte mich fünf Treppen hinauf zu einer Musalla (Gebetsraum) in einem der Gebäude auf dem Basar.

Moscheen gibt es überall in Kairo. Die unbeschwerliche Verrichtung des rituellen Gebets ist etwas, wonach sich amerikanische Muslime sehnen. Wenn ich in meiner Heimatstadt in einer überfüllten Einkaufszone einkaufe, muss ich entweder in der Öffentlichkeit das Gebet verrichten oder nach Hause gehen. Es ist wahrscheinlich nicht sicher und auch nicht angenehm, das rituelle Gebet in der Öffentlichkeit zu verrichten. Es war erstaunlich für mich zu sehen, wie die gesamte Gesellschaft um den Islâm herum aufgebaut war. Ich musste daran denken, wie viele Ausländer aus muslimischen Ländern sich abmühen, von dieser Lebensweise wegzukommen und eine fremde anzunehmen. Ich kombinierte mit dem Ischâ-Gebet, da ich ein Reisender war. Noch immer hatte nichts gegessen. Langsam überforderte mich der Tag. Ich war müde und hungrig. Ich fragte einen jungen Ladenbesitzer, ob er wüsste, wo ich etwas zu essen finden könnte. Er bot mir ein Sandwich an, das er kurz zuvor noch zu essen beabsichtigt hatte. Ich lehnte zunächst ab, aber er bestand darauf, dass ich es ganz esse. Dann rief er einen Jungen herbei und bat ihn, mir Tee zu bringen.

Ich wusste nicht, was ich von der außergewöhnlichen Gastfreundschaft halten sollte. Ich fühlte mich so sehr in der Schuld des jungen Mannes, wusste aber nicht, wie ich es ihm vergelten sollte. Er lehnte mein Geld ab. Es versteht sich von selbst, dass dies meine erste Erfahrung in dieser Art war. Ich begann zu erkennen, wie einfach es ist, den Islâm zu praktizieren, wenn man in einem muslimischen Land ist. Die gleichen Dinge, die mich in Amerika vom Islâm wegzogen, zogen mich in Kairo zu diesem hin.

Am Ende der Chân Al-Chalîlî-Gassen entdeckte ich zwei große Moscheen: Al-Azhar und die Imâm-Hussain-Moschee. Ich besuchte zuerst die historische Al-Azhar-Moschee. Ein Reiseleiter in der Moschee erzählte mir von der Geschichte des Gebäudes. Die Moschee lediglich auf Bildern zu sehen, wird ihr nicht gerecht.

Die Imâm-Hussain-Moschee war mit etwa 300 Gläubigen gefüllt. Sie war dennoch nur zu 20% voll. Dutzende von Marmorsäulen bekundeten die Macht des Islâm. Die Beleuchtung war hell. Ich stand da und bewunderte den Anblick von Hunderten von Muslimen in der prachtvollen Moschee. Ich war stolz darauf, einer von ihnen zu sein.

Ein Rezitator trug den Qurân über das Lautsprechersystem vor. Es war die schönste Rezitation, die ich je gehört hatte. Ich setzte mich an eine der Säulen und versuchte, alles auf mich wirken zu lassen. Ich brach in Tränen aus, von denen ich fürchtete, sie würden nie enden. Ich saß und sah, wie das Ischâ-Gebet verrichtet wurde.

Ich nahm ein Taxi zurück zu meinem Hotelzimmer. Der Taxifahrer ließ den Qurân von demselben Rezitator abspielen, dem ich als Jugendlicher beim Auswendiglernen des Qurâns zugehört hatte: Muhammad Al-Minschâwî. Als ich in meinem Hotel ankam, ging ich direkt in das Internetcafé im Erdgeschoss, um meinen Freunden eine E-Mail zu schreiben und ihnen meine Erlebnisse zu erzählen. Auf halbem Weg drehte ich um und ging zurück in mein Zimmer. Ich glaube nicht, dass Worte meine Erlebnisse beschreiben können. Meine Freunde müssen es selbst erleben.

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