Farbe wieder sehen lernen – Teil 1

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Warum ich Regenbögen und Buntstifte mag

Der sanft abklingende Frühlingsregen hatte die weite grüne Landschaft, die in seiner wässrigen Oberfläche wuchs, erfrischt. Schattierungen von verstärktem Grün leuchteten überall. Aus den Tiefen des Teiches trieben tanggrüne Meerespflanzen wie Gespenster aus einem geheimnisvollen Seemannsgarn nach oben. Das Laub des Waldes war zu einem Schmuckkästchen der Königin geworden, das mit Blättern aus blasser Jade, Olivin-Peridot und kalkfarbenem Turmalin glitzerte. Das Strauchwerk, das die Weiden umgab, sah aus wie ein mintfarbenes Zuckergussband entlang des Randes einer Torte. Alles war grüner als die sagenumwobenen Vorgärten der Kleopatra, schöner als jede Wiese in Irland. Es war wirklich so, als wäre die Smaragdinsel angereist, um die Vereinigten Staaten für eine Weile zu besuchen.

Grün ist eine wunderschöne Farbe. Ihre Bedeutungen und Gefühle treffen den hoffnungsvollsten Ton auf der Oktave, die unser menschliches Bewusstsein umspannt. In unseren unruhigen, am Weltlichen hängenden Herzen lässt die Farbe Grün einen Blick auf den wahren Kern unserer Seelen werfen, der im hohen Garten sprießt, welchen wir alle zu betreten hoffen und von dem wir alle träumen.

Liest man den edlen Qurân, taucht die Farbe Grün ständig in Allâhs Beschreibung der Gaben dieser Erde auf. Grün ist eine bedeutungsvolle Farbe. Dennoch ist es nur ein Buntstift aus der Schachtel, ein Ton auf der musikalischen Skala, ein Fetzen vom Regenbogen. Diese Farbe bringt eine herrlich erfrischende Atmosphäre in die Welt, entspannt den Geist und gibt uns ein belebendes Gefühl. Was würdest du denken, wenn du eine Frühlingswiese oder einen sommerlichen Wald sehen würdest, der im Winter schwarz und grau ist? Ich wäre verzweifelt, würde mich unwohl fühlen, sogar melancholisch, den Wald so seltsam außerhalb der Jahreszeit zu sehen. Das Grün ist aber nur ein Ton in unserem vielstimmigen Chor der Welt.

Allâh ist es, der uns den Wunsch nach Vielfalt eingeflößt hat. Dadurch werden unsere Sinne belebt. Er spricht in seiner Offenbarung ständig über Farben und ihre Bedeutung für die Menschen. Farben und unterschiedliche Schattierungen in der Welt werden in vielen Versen des Qurân und insbesondere in fünf Suren besonders hervorgehoben. In der Sûra Ar-Rûm stoßen wir auf einen äußerst bemerkenswerten Vers: „Und zu Seinen Zeichen gehört die Erschaffung der Himmel und der Erde und (auch) die Verschiedenheit eurer Sprachen und Farben. Darin sind wahrlich Zeichen für die Wissenden“ (Sûra 30:22).

Farbe! Dies ist weder ein beiläufiges Wort, das hier verwendet wird, noch ein oberflächliches. Allâh beschreibt nicht nur unsere Hautfarben und wie sie variieren. Der Erhabene enthüllt uns etwas viel Tieferes. Aber was genau? In der Sûra Fâtir schenkt Allâh unserem phantasievollen Verstand ein lebendiges Bild. Darin gewährt Er uns schmackhafte Früchte zum Kosten, während er mit besonderer Sorgfalt die markant befleckten Berge beschreibt und darauf hinweist, wie auch sie sich in ihrem robusten Erscheinungsbild unterscheiden: „Siehst du nicht, dass Allâh vom Himmel Wasser herabkommen lässt? Damit bringen Wir dann Früchte von unterschiedlichen Farben hervor. Und von den Bergen gibt es Schichten, weiße und rote – von unterschiedlichen Farben – und rabenschwarze“ (Sûra 35:27).

So atemberaubend und ehrfurchtgebietend ist dieses Bild von den Bergen – den mächtigen Ankern unserer Erde –, wie sie sich in ihrer märchenhaften Farbenpracht besonders unterscheiden, so dass Allâh damit etwas ganz Wesentliches meint. Beim Lesen dieser schönen Worte müssen wir viel mehr mitnehmen als bloße Ansichtskarten aus den Pyrenäen in Europa oder dem Karakorumgebirge in Asien. Nein. Die Farbe weist uns auf einen Sinnschlüssel hin, der viel wichtiger ist als bloße Ästhetik.

Auf meinem Abendspaziergang neulich in die Gegend beim unserem Wald, dachte ich über diese Verse nach, welche auf eindrucksvolle Weise über die Farbe in unserem Leben sprechen. Warum werden sie immer und immer wieder erwähnt? Was ist so besonders an Farbe? Was ist der tiefere Grund dafür, außer dass es ein Anstrich für die weißen Flächen im künstlerischen Bewusstsein des Menschen ist?

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