Schimpfen: Was die Sunna dazu sagt – Teil 1

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Jeder von uns wird vor Allâh dem Erhabenen für jedes Glied des Körpers, das Allâh zu Diensten des Menschen erschaffen hat, zur Rechenschaft gezogen. Diese Körperglieder werden das Gute oder Schlechte, welches der Mensch im irdischen Dasein begangen hat, am Tag des Gerichts bezeugen. Allâh der Erhabene sagt: „Wenn sie dann dort angekommen sind, legen ihr Gehör, ihre Augen und ihre Häute gegen sie Zeugnis ab über das, was sie zu tun pflegten. Sie werden zu ihren Häuten sagen: ‚Warum habt ihr gegen uns Zeugnis abgelegt?‘ Sie sagen: ‚Allâh, Der alles reden lässt, hat uns reden lassen. Er ist es, Der euch das erste Mal erschaffen hat, und zu Ihm werdet ihr zurückgebracht“ (Sûra 41:21).

Die Zunge ist es, die am meisten dazu beiträgt, dass Menschen ins Höllenfeuer kommen. Gemäß einem langen Hadîth von Mu’âdh ibn Dschabal (möge Allâh mit ihm zufrieden sein) sagte der Prophet (möge Allâh ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken): „Soll ich dich nicht über die Basis des Ganzen, dessen Tragpfeiler und dessen Gipfel unterrichten?“ Ich sagte: „Doch ja, o Gesandter Allâhs!“ Er erklärte: „Die Basis des Ganzen ist der Islâm, seine Tragpfeiler sind die Pflichtgebete und seine Spitze ist der Einsatz für die Sache Allâhs!“ Dann fügte er hinzu: „Soll ich dich nicht über die wesentliche Voraussetzung des Ganzen unterrichten?“ Ich sagte: „Doch ja, o Gesandter Allâhs!“ Da ergriff er seine (eigene) Zunge und sagte: „Halte diese zurück!“ Ich sagte: „O Prophet Allâhs, werden wir etwa für unser Gerede bestraft werden?“ Da sagte er: „Wehe deiner Mutter! Was sonst lässt die Leute ins Höllenfeuer auf ihre Gesichter niederstürzen, außer der Ernte ihrer Zungen!“ (At-Tirmidhî).

Der einzige Weg zur Errettung besteht darin, die Zunge vom Schlechten zurückzuhalten und gute Worte zu sprechen oder zu schweigen. Beispiele für solch ein Übel sind Fluchen und Verunglimpfung. Die Sunna des Propheten (möge Allâh ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken) enthält zahlreiche Überlieferungen, die das Beschimpfen verbieten; dazu gehören die folgenden:

Verbot, die Gefährten zu beschimpfen

Abû Sa’îd Al-Chudrî (möge Allâh mit ihm zufrieden sein) überliefert, dass der Prophet (möge Allâh ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken) sagte: „Beschimpft keinen meiner Gefährten! Selbst wenn einer von euch so viel Geld wie der Berg von Uhud spendet, würde er doch nie auch nur eine Handvoll dessen erreichen, was sie erreichten; auch nicht einmal die Hälfte davon!“ (Al-Buchârî). Ein Gefährte wird von den Gelehrten wie folgt definiert: Es handelt sich dabei um jemanden, der den Propheten (möge Allâh ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken) getroffen hat, während er gläubig war und als Muslim gestorben ist.

Der Hadîth weist auf ein klares Verbot hin, da die Gefährten die Träger der Scharîa waren und sie sich in der Gesellschaft des besten Propheten und Gesandten Allâhs befanden. Die Prophetengefährten zu schmähen bedeutet, ihren edlen Rang zu untergraben und sowohl den Qurân als auch die Sunna in Frage zu stellen, da Allâh der Erhabene sie in Seinem Buch gepriesen und Seinen Wohlgefallen an ihnen bestätigt hat.

Verbot, die Zeit zu beschimpfen

Abû Huraira (möge Allâh mit ich zufrieden sein) überlieferte, dass Allâhs Gesandter (möge Allâh ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken) sagte: „Beschimpft nicht die Zeit, denn wahrlich, Allâh ist die Zeit!“ (Muslim). In einem anderen Hadîth heißt es: „Allâh sagt: ‚Ich bin die Zeit. Nacht und Tag sind in meiner Hand! Ich erneuere sie und lass sie vergehen, und ich lasse die Könige vergehen und bringe sie hervor.‘“

Allâhs Wort „Ich bin die Zeit“ bedeutet: Ich besitze die Zeit und verfüge darüber, wie ich will. Dieser Hadîth verbietet die Gepflogenheit der Araber aus der vorislâmischen Zeit der Unwissenheit, die Zeit für ein dem Leben und Besitz widerfahrenes Unglück zu beschimpfen und zu verfluchen. Die Menschen in der vorislâmischen Zeit meinten, die Zeit bewirke das Unglück. Deshalb beschimpften sie die Zeit. Die Verunglimpfung der Zeit bedeutet die Beleidung desjenigen, der alle Dinge verursacht: Allâh. Daher verbietet der Hadîth dies aus Ehrfurcht vor Allâh. Dieser ist zu verherrlichen und Er ist von allen Makeln freizusprechen. Er ist erhaben über all das, was sie Ihm zuschreiben und an Respektlosigkeit zeigen.

Verbot, die Verstorbenen zu beschimpfen

Âischa (möge Allâh mit ihr zufrieden sein) überlieferte, dass der Prophet (möge Allâh ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken) sagte: „Beschimpft nicht die Verstorbenen, denn sie haben die Folgen ihres Tuns bereits erreicht“ (Al-Buchârî).

Einige Gelehrte erklärten, der Hadîth beziehe sich auf verstorbene Muslime im Besonderen, während andere der Meinung waren, er beziehe sich auf alle verstorbenen Menschen im Allgemeinen. Nichtsdestotrotz ist der Hadîth ein Beweis dafür, dass es verboten ist, die Toten zu schmähen. Ibn Ruschd (Allâh erbarme sich seiner) sagte: „Es ist verboten, einen (verstorbenen) Glaubensverweigerer zu beschimpfen, sofern es einem lebenden Muslim Schaden zufügt, aber erlaubt, wenn es keinen Schaden zufügt. Was einen Muslim betrifft, so ist es (in allen Fällen) verboten, es sei denn, es besteht eine Notwendigkeit, die es erfordert.“

Die Worte des Propheten „denn sie haben die Folgen ihres Tuns bereits erreicht“ sind der Grund für das Verbot, da sie diese Welt verlassen haben und ihren Herrn treffen werden, um ein gerechtes Urteil zu empfangen. Allâh fügt ihnen kein Unrecht zu; Er belohnt sie für ihre guten Taten und bestraft sie für ihre Sünden. Daher macht es keinen Sinn, solche Menschen zu verfluchen. Ein weiterer Grund kann folgendem Hadîth entnommen werden: „Beschimpft nicht die Verstorbenen, um den Lebenden keinen Schaden zuzufügen“ (Ahmad u. a.).

Die Beschimpfung der Toten hat hier zwei Bedeutungen: Erstens wird es als unnützes Gerede betrachtet, denn sie haben die Folgen ihres eigenen Handelns bereits durch ihren Tod erfahren. Zweitens wird deren Verunglimpfung ihre lebenden Verwandten und Angehörigen verletzen. Wir können also zusammenfassen, dass die Beschimpfung der Toten entweder sinnloses Gerede darstellt und somit nutzlos ist oder ein solches Verhalten dazu führ, den Lebenden zu schaden. Aufgrund dieser Umstände hat der Prophet (möge Allâh ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken) die Beschimpfung der Verstorbenen verboten.

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