Das Geringschätzen kleiner Sünden

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Sahl ibn As-Sâidî (möge Allâh mit ihm zufrieden sein) berichtet vom Gesandten Allâhs (möge Allâh ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken): „Hütet euch vor den gering erachteten Sünden. Es ist gleich einer Gruppe von Leuten, die in ein Tal hinabstiegen, woraufhin dieser mit einem Stück Holz und jener mit einem Stück Holz kam, bis sie ihr Brot fertig (gebacken) hatten. Die für gering erachteten Sünden führen denjenigen, der sie begeht, ins Verderben“ (Ahmad mit guter Überlieferungskette).

Erklärung des Hadîth

„Muhaqqirât Ad-Dhunûb“ ist der Plural von Muhaqqira und bezieht sich auf etwas Kleines, das man nicht beachtet. Gemeint sind kleine Sünden, die im Auge des Handelnden unwichtig erscheinen.

Was dieser Hadîth bedeutet

Unser Prophet Muhammad (möge Allâh ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken) warnt uns in diesem Hadîth davor, kleine und gering erscheinende Sünden auf die leichte Schulter zu nehmen oder sie gar zu übersehen. Sie vernachlässigen führt zu Niedergang und Katastrophen. Mit den gering erachteten Sünden sind solche gemeint, die der Mensch nicht beachtet. So hat es As-Suddî in seinem Kommentar zum Werk des Ibn Mâdscha gesagt. Al-Munâwî erklärt dies ähnlich: „Muhaqqirât Ad-Dhunûb sind kleine Sünden und diese führen wiederum zu großen.“

Imâm Al-Ghazâlî sagte: „Unter den kleinen Sünden führen die einen zu den anderen, bis dies am Ende bei den Leuten der Glückseligkeit zur Zerstörung der Wurzel ihres Îmâns führt.“

Im Hadîth von Âischa, der Mutter der Mu‘minûn (möge Allâh mit ihr zufrieden sein) berichtet sie, dass ihr der Prophet (möge Allâh ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken) sagte: „Âischa, hüte dich vor den gering erachteten Sünden, denn sie haben einen Aufseher von Allâh (der die Taten niederschreibt)“ (An-Nasâî, Ibn Mâdscha; Ahmad und At-Tabarânî überliefern dies von Ibn Masûd; sahîh nach Ibn Hibbân und Al-Albânî). Dies weist darauf hin, dass man sich wegen ihres gewaltigen Schadens vor ihnen hüten muss.

Einige Gedanken zu diesem Gleichnis

Der Prophet (möge Allâh ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken) vergleicht die Sünden, die der Mensch geringschätzt, mit kleinen Holzstücken, die alleine genommen keinen Wert haben. Doch sie haben gewaltige Auswirkungen, wenn sie gesammelt werden. Wenn kleine Hölzer zusammengenommen werden, können sie Essen zum Kochen bringen, wozu jedes einzelne nicht ausreichen würde. So heißt es im Gleichnis: „Es ist gleich einer Gruppe von Leuten, die in ein Tal hinabstiegen, woraufhin dieser mit einem Stück Holz und jener mit einem Stück Holz kam, bis sie ihr Brot fertig (gebacken) hatten.“ So ist es auch mit den kleinen Sünden. Wenn diese mit ähnlichen Taten zusammengebracht werden, vernichten sie denjenigen am Tage der Auferstehung. Denn es heißt: „So ist es mit den gering erachteten Sünden: Sie führen denjenigen, der sie begeht, ins Verderben.“

 

 

Warnung vor kleinen Fehlern 

Al-Munâwî schreibt in seinem Kommentar „Al-Mathal Al-Madrûb“ über diesen Hadîth: „Wenn kleine Sünden zusammenkommen und nicht gesühnt werden, vernichten sie einen. Hier wurden die großen Sünden nicht erwähnt, weil sie normalerweise kaum auftreten und man sich von ihnen eher fernhält. Und so warnt er vor dem, dem die Menschen keine Beachtung schenken.“ Al-Ghazâlî sagt: „Eine kleine Sünde wird zu einer großen aus verschiedenen Gründen. Darunter zählt, wenn man sie als gering ansieht und darauf beharrt. Wann immer eine Sünde von einem Menschen als gewaltig angesehen wird, dann ist sie bei Allâh klein. Und wann immer er sie als klein oder gering ansieht, dann wird sie wichtig bei Allâh. Denn eine Sünde als gewaltig ansehen rührt daher, dass man sie im Herzen verabscheut und hasst. Der Abscheu verhindert, dass sie eine große Wirkung hervorruft. Und eine Sünde als gering ansehen rührt daher, weil man sich an sie gewöhnt hat. Das wiederum bringt eine starke Wirkung auf das Herz hervor, das eigentlich aufgerufen wäre, durch Gehorsam erleuchtet zu werden und das davor gewarnt wird, durch Sünden schwarz zu werden.“

Der Unterschied zwischen großen und kleinen Sünden

Allâh der Erhabene sagt: „Wenn ihr die schwerwiegenden (Dinge) meidet, die euch verboten sind, tilgen Wir euch eure bösen Taten“ (Sûra 4:31). „Diejenigen, die schwerwiegende Sünden und Abscheulichkeiten meiden, außer leichten Verfehlungen“ (Sûra 53:32). Eine große Sünde ist eine solche, für die im Diesseits eine Hadd-Strafe vorgesehen ist oder eine solche, für die das Höllenfeuer angedroht wird oder der Fluch bzw. Zorn Allâhs. Durch manche wird sogar der Îmân annuliert. Bei manchen wird (in den Texten die Formulierung verwendet): „So jemand ist nicht von uns“, oder der Prophet hat sich von solchen Leuten losgesagt. Kleine Sünden wiederum sind solche, die ohne Hadd-Strafen sind. Auch wurde gesagt, dass dies jede Sünde sei, die nicht mit dem Fluch Allâhs, Seinem Zorn oder dem Höllenfeuer verbunden wird. Manche sagten: Es sind solche Sünden, für die es keine Hadd-Strafe im Diesseits gibt, noch eine Strafandrohung im Jenseits.

Schlimme Auswirkungen von großen oder kleinen Sünden 

Man muss sich vor Sünden und Widersetzlichkeiten hüten und darf nichts davon auf die leichte Schulter nehmen. Wenn sich kleine Sünden häufen und nicht gesühnt werden, oder wenn der Betreffende auf ihnen beharrt, so werden sie zur Ursache für seinen Niedergang und sein Verderben. Imâm Ibn Al-Qayyim sagt: „Handlungen der Widergesetzlichkeit haben schreckliche und tadelnswerte Folgen. Sie schaden dem Herz und dem Körper im Diesseits und im Jenseits, so wie nur Allâh es weiß. Darunter zählt der Verlust von Wissen. Denn Wissen ist ein Licht, das Allâh auf das Herz des Menschen treffen lässt. Doch die Sünde löscht dieses Licht aus. Auch zählt darunter der Verlust des Lebensunterhalts und eine tiefe Entfremdung zwischen ihm und Allâh, die der widersetzlich Handelnde in seinem Herzen spürt. Dies wiegt nicht seine Lust auf und kann keinesfalls damit verglichen werden. Und wenn sich alle Genüsse des Diesseits vor ihm auftun, bleiben sie noch immer diesem Gefühl der Entfremdung und Einsamkeit unvergleichbar. Doch dies fühlt nur jemand, der in seinem Herzen Leben besitzt. Wer tot ist, der spürt auch keine Verwundung mehr. Wenn schon die Sünden nicht aus Sorge unterlassen werden, in diese Entfremdung zu geraten, so stünde es einem Vernünftigem doch an, sie zu unterlassen.“

Wir schließen ab mit einem Wort Imâm Al-Ghazâlîs über Leichtfertigkeit bei kleinen Sünden: „Kleine Sünden fortzusetzen hat eine gewaltige Wirkung auf das Schwarzwerden des Herzens. Dies ist wie bei Wassertropfen, die unablässig auf einen Stein fallen. Sie werden unweigerlich den Stein aushöhlen, obwohl das Wasser so weich und der Stein hart ist.“ Wir bitten Allâh darum, uns vor kleinen und großen Sünden zu schützen. Möge Er uns Erfolg verleihen in allem, was Ihm lieb ist und mit dem Er zufrieden ist.

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