Die Erwähnung der Eltern im Qurân: „Mein Herr, veranlasse mich, für Deine Gunst zu danken“ Fatwâ-Nummer: 365863
- Fatwâ-Datum:2-12-2020
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Warum erwähnt Allâh die Eltern an dieser Stelle im Qurân: „Mein Herr, veranlasse mich, für Deine Gunst zu danken, die Du mir und meinen Eltern erwiesen hast?” (Sûra 27:19).
Der Lobpreis gebührt Allâh und möge Allâh Seinen Gesandten sowie dessen Familie und Gefährten in Ehren halten und ihnen Wohlergehen schenken!
Dieses Bittgebet kommt im Qurân zweimal vor. Einmal als Aussage des Propheten Sulaimân (), als er die Rede der Ameise begriff und daraufhin sagte: „Mein Herr, veranlasse mich, für Deine Gunst zu danken, die Du mir und meinen Eltern erwiesen hast, und rechtschaffen zu handeln, womit Du zufrieden bist. Und lasse mich durch Deine Barmherzigkeit eingehen in die Reihen Deiner rechtschaffenen Diener“ (Sûra 27:19).
Al-Alûsî (Allâh erbarme sich seiner) sagt über die Weisheit der Erwähnung der Eltern an dieser Stelle: „Er hat die Eltern zusätzlich genannt, um die Vermehrung der Gnadengaben deutlich zu machen. Denn die Gnade gegenüber ihnen ist auch eine Gnade gegenüber ihm und erfordert Dankbarkeit. Es kann auch eine Ausweitung sein: Die besondere Begünstigung Sulaimans () kommt auch den Eltern zugute. Zwischen beiden Bedeutungen gibt es einen Unterschied. Der Autor der Qurânexegese „Al-Kasschâf“ hat sich auf die zweite Bedeutung beschränkt, und dies passt besser zur Erwähnung der Dankbarkeit und zu der Tatsache, dass dieses Bittgebet zweifellos nach dem Tod der Eltern () ausgesprochen wurde. Die erste Bedeutung wird bevorzugt, weil sie besser zu folgendem Wort Allâhs passt: ‚Verrichtet, ihr Sippe Dawuds, eure Arbeit in Dankbarkeit‘ (Sûra 34:13) und dies steht nach der Aussage des Erhabenen: ‚Und Wir gaben ja Dawud eine Huld von Uns‘ (Sûra 34:10). Auch wird im Qurân erwähnt: ‚Und Sulaiman (machten Wir) den Wind (dienstbar)‘ (Sûra 34:12, 21:81). Wer darüber nachdenkt, versteht diese Nuance.”
Die andere Erwähnung dieses Bittgebets findet sich in der Sûra Al-Ahqâf im Wort des Erhabenen: „Wenn er dann seine Vollreife erlangt hat und das Alter von vierzig Jahren erreicht hat, sagt er: ‚Mein Herr, veranlasse mich, für Deine Gunst zu danken, die Du mir und meinen Eltern erwiesen hast, und rechtschaffen zu handeln, womit Du zufrieden bist. Und gib mir Rechtschaffenheit in meiner Nachkommenschaft. Ich wende mich Dir ja in Reue zu, und ich gehöre ja zu den (Dir) Ergebenen‘“ (Sûra 46:15). Im gleichen Vers wird kurz davor die Güte zu den Eltern betont. Daher ist es klar, dass diese hier erwähnt werden, weil frommes Verhalten und Dankbarkeit gegenüber den Eltern vervollständigt werden, wenn man für sie betet und sie bewusst in sein eigenes Bittgebet einschließt.
At-Tâhir ibn Âschûr (Allâh erbarme sich seiner) sagt: „Die Bedeutung des Ausdrucks ‚Wenn er seine Vollreife erlangt hat‘ bedeutet: Er fährt fort, sich gut gegenüber ihnen zu verhalten, bis er seine volle Reife erlangt hat. Dann spricht er in seinem Gebet diese Worte aus, mit denen er Allâh darum bittet, dass Dieser ihm helfe, seinen Eltern noch mehr Gutes zu tun und dass Er ihm eingebe, Dankbarkeit zu zeigen gegenüber den Wohltaten, die er und seine Eltern bekommen haben.
Zu den vielen Gnadengaben, die der Mensch bekommen kann, gehört dass er die innere Stärkung bekommt, seinen Eltern Gutes zu tun. Zu den Wohltaten, die die Eltern erhalten haben, gehört, dass Er ihnen ein solches Kind geschenkt hat, das sich gut zu ihnen verhält. Diese beiden Gnadengeschenke sind das erste, was man aus der allgemeinen Aussage des Verses („Gnaden, die Du mir und meinen Eltern erwiesen hast“) ableiten kann. Hierin liegt auch ein Hinweis darauf, dass eine Tat, die später im erwachsenen Alter ausgeführt wird – also das Bittgebet „Mein Herr, veranlasse mich zu danken“ – zu den empfohlenen Handlungen gehört. Man soll sich also besonders im Erwachsenenalter um seine Eltern kümmern.
„Und Wir haben dem Menschen anempfohlen, zu seinen Eltern gütig zu sein”: Dies bedeutet, dass sich der Mensch sogar als Erwachsener ständig um gutes Verhalten in jeder Hinsicht gegenüber den Eltern bemühen solle und auch im Bittgebet. Als Zeit dafür wird explizit das Erwachsenenalter betont. Denn dies ist eine Zeit, in dem der Mensch stark mit der Sorge um den Lebensunterhalt beschäftigt ist. Der Mensch hat einen Ehepartner, Haus und Kinder und hohe Ausgaben für sie. Hier könnte man erwarten, dass er durch diese Sorgen abgelenkt ist und sich nicht um seine Eltern kümmert. Daher wird betont, dass man dies in dieser Situation nicht vernachlässigen dürfe.
Der Versteil „Mein Herr, veranlasse mich“ erscheint wie ein Bericht, dass ein solches Bittgebet gesprochen wurde, doch vielmehr ist es eine Aufforderung, ein solches zu sprechen. Man soll sich in seinem Gebet nicht nur auf sich selbst konzentrieren, sondern den Eltern auch Gutes tun in ihrer Abwesenheit, wenn man sich an seinen Herrn wendet. Wenn dies schon erforderlich ist, so ist es erst recht erforderlich, sich in der direkten Begegnung mit ihnen gut zu verhalten. Diese Ableitung wird „Fahwâ Al-Chitâb“ genannt und findet sich auch im Verbot, zu ihnen ungehalten zu sein. Im Qurân heißt es: „Sag nicht zu ihnen: ‚Pfui!‘“ (Sûra 17:23). Wenn bereits dies verboten ist, wie sehr ist dann erst bewusstes Schaden verboten!
Zusammengefasst kann gesagt werden, dass Allâh das gute Betragen gegenüber den Eltern in jeglicher Beziehung aufgetragen hat: im direkten Kontakt, in der Abwesenheit und mit allen Mitteln, die ihnen zum Nutzen gereichen. Das ist enthalten im Wort des Erhabenen: „Mein Herr, erbarme Dich ihrer, wie sie mich aufgezogen haben, als ich klein war!“ (Sûra 17:24).
Indem Allâh das Bittgebet für die Eltern aufgetragen hat, hat Er auch versprochen, es zu erhören. Dies hat uns sein Gesandter (möge Allâh ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken) mitgeteilt in den Worten: „Wenn der Sohn Adams (d.h. ein Mensch) stirbt, so kommen seine Werke zu einem Stillstand außer in drei Fällen: durch eine bleibende Spende (Stiftung), durch Wissen, das anderen weitergegeben wurde und durch ein rechtschaffenes Kind, das für ihn im Dua um Gutes bittet.“
Die Dankbarkeit eines Kindes gegenüber Allâh für die Wohltaten, die Allâh ihm und seinen Eltern gewährt hat, geschieht gewissermaßen stellvertretend für seine Eltern. Eine solche Tat gehört zu den Handlungen, die das Kind für seine Eltern ausführt (und sie erhalten Lohn, weil sie ihm dieses Handeln beigebracht haben; Anm. d. Übers.).
Und Allâh weiß es am besten!