Zakâ Al-Fitr unter sich verteilen Fatwâ-Nummer: 78700
- Fatwâ-Datum:2-5-2023
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Wir leben als Ausländer in Spanien und müssen sehr viel, bis zu 14 Stunden am Tag, arbeiten. Daher lautet meine Frage: Müssen wir bei einer so anstrengenden Arbeit im Ramadân fasten? Wie sollen wir die Zakâ Al-Fitr entrichten, wo wir wissen, dass es in unserer Stadt außer uns keine Muslime gibt? Dürfen wir die Zakâ Al-Fitr unter uns verteilen?
Der Lobpreis gebührt Allâh und möge Allâh Seinen Gesandten sowie dessen Familie und Gefährten in Ehren halten und ihnen Wohlergehen schenken!
Das Fasten im Ramadân ist euch vorgeschrieben. Jeder von euch muss eindeutig die Absicht zum Fasten haben. Wenn ihm das Fasten jedoch so schwerfällt, so dass er seine Arbeit nicht mehr ausführen kann, darf er das Fasten brechen. Doch er darf nicht bereits in der Nacht (vor dem Fastentag; AdÜ) die Absicht zum Aussetzen des Fastens haben.
Was die Frage anbelangt, wem die Zakâ Al-Fitr zu entrichten ist, so haben die Fiqh-Gelehrten drei unterschiedliche Auffassungen:
Die Mehrheit der Gelehrten sieht es als erlaubt an, wenn diese auf die acht Empfängergruppen aufgeteilt wird, für die auch die gewöhnliche Zakâ (auf Vermögen) entrichtet wird.
Die Mâlikiten und nach einer Überlieferung auch Imâm Ahmad (diese Auffassung wurde von Ibn Taimiyya gewählt) sind der Auffassung, dass die Zakâ Al-Fitr speziell an Arme und Bedürftige geleistet wird.
Bei den Schâfiiten muss sie auf die acht Empfängergruppen aufgeteilt werden bzw. wenigstens auf die Gruppen, die tatsächlich vorhanden sind.
Dementsprechend gilt, dass jemand von euch, der arm oder bedürftig ist, von der Sadaqa Al-Fitr (d. h. Zakâ Al-Fitr) erhalten darf. Als „arm“ (faqir) gilt, wer nichts hat oder nur so viel besitzt, dass es für seine (Grund-)Bedürfnisse nicht reicht und zwar so, dass sein Einkommen weniger als die Hälfte dieser Bedürfnisse deckt. Als „bedürftig“ (miskîn) gilt jemand, der zwar besser dran ist, der jedoch immer noch nicht genug für sich besitzt oder für diejenigen, für die er zu sorgen hat.
Für die Zakâ Al-Fitr gilt eigentlich, dass sie in der Gegend verteilt wird, wo sie als Pflicht eingenommen wurde. Wenn es in eurem Land niemanden gibt, der diese Zakâ empfangen darf, so sollt ihr sie in ein muslimisches Land schicken, wo es Bedürftige gibt. Und solche Länder gibt es viele.
Zur Frage der Verteilung der Zakâ Al-Fitr unter euch: Wenn jemand zu dieser verpflichtet ist und sie entrichtet, daraufhin vom Empfänger wieder die Zakâ nimmt, so ist dies nach
einigen Gelehrten wie den Schâfiiten (im Gegensatz zu den Mâlikiten) erlaubt. Bedingung ist: Wer das macht, muss arm sein. An-Nawawî sagt in „Al-Madschmû“: „Der Verfasser von ‚Al-Hâwî‘ meint: ‚Wenn jemand (die Zakâ Al-Fitr) entrichtet, so darf er sie selbst nehmen anstelle von jemandem, für den sie entrichtet wurde, wenn der Entrichtende zu denen gehört, die Zakâ empfangen dürfen.‘ Mâlik sagte: ‚Er selbst darf nicht diese direkt entgegennehmen, sondern eine andere.‘ Unser Beleg dafür ist: Sie soll eine direkte Zahlung für jemanden darstellen, der sie entgegennimmt. Daher ist es ihm erlaubt, diese anzunehmen wie bei anderen Gütern und weil er sie zu einem bestimmten Zweck abgegeben hat (und das ist die Erleichterung am Îd-Tag) und er sie mit einem anderen Zweck angenommen hat, (nämlich der eigenen Bedürftigkeit). Beides sind zwei unterschiedliche Gründe und daher ist nichts dagegen einzuwenden. Das ist genauso, wie wenn etwas zu jemandem durch Erbschaft zurückkommt; und dies ist nach dem Konsens erlaubt.“
Al-Mahâmilî meint in seinen zwei Werken: „Al-Madschmû“ und „At-Tadschrîd“: „Wenn er die Fitra an einen Bedürftigen entrichtet und dieser zu denjenigen gehört, die auch zur Fitra-Zahlung verpflichtet sind, und dieser Bedürftige ihm diese durch seine Zakâ Al-Fitra bezahlt, so ist es dem ersten von beiden erlaubt, diese Zahlung anzunehmen.“ Er sagte auch: „Ebenso gilt: Wenn er die Zakâ Al-Fitra oder eine andere Zakâ-Zahlung an den Imâm (hier: Anführer der Muslime) übergibt und dieser dann die Spenden aufteilt und dabei der Spendende selbst bedürftig ist, so darf man die Zakâ direkt an ihn leisten. So kommt die Zahlung zwar ihm zugute, aber mit einem anderen Ziel, als wozu sie ausgegeben wurde. So etwas ist erlaubt und es ist genauso wie wenn dies zu ihm durch Erbe, Verkauf oder Schenkung gelangen würde.“
In „At-Tadschrîd“ sagt der Verfasser: „Der Imâm kann ihm (Zakâ Al-Fitr) übergeben und ebenso an andere Bedürftige, weil er genauso wie sie zum Empfang von Spenden berechtigt ist.“ Imâm Al-Haramain schreibt zu dieser Frage: „Es ist nicht untersagt, (von dieser Spende) zu nehmen, nachdem man sie entrichtet hat, da die Pflicht zur Zahlung von Zakâ Al-Fitr nicht im Widerspruch zur Entgegennahme von Spenden steht. Die Pflicht zur Zahlung erfordert ja nicht, so reich zu sein, dass man vollständig frei von Bedürftigkeit und Armut wäre. Die Pflicht-Zakâ auf Vermögen (Zakâ Al-Mâl) kann auch für jemanden vorgeschrieben sein, der gleichzeitig zum Empfang von Spenden berechtigt ist. Es ist erlaubt, Zakâ anzunehmen, obwohl es gar nicht um Armut oder Bedürftigkeit (Faqr, Maskana) geht: so z. B. bei jemandem, dem Schulden aus der Versöhnung von zerstrittenen Personen heraus entstanden sind, beim Reisenden, der in seinem Herkunftsland wohlhabend ist und beim Kämpfer. Diese Personen sind einerseits zur Zahlung von Zakâ auf ihr Vermögen verpflichtet und andererseits empfangen sie Zakâ. Also schließen sich die Verpflichtung zur Zakâ-Zahlung und das Annehmen von solchen Zahlungen gegenseitig nicht aus.“
Und Allâh weiß es am besten!