Heiratsantrag bei gutem Charakter und Religiosität: Darf die Frau dies zurückweisen? Fatwâ-Nummer: 382384
- Fatwâ-Datum:16-10-2022
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Vor sieben Monaten hielt ein Mann von gutem Charakter und Religiosität um meine Hand an. Unter dem Druck der Familie stimmte ich zu, obwohl ich diese Ehe von Anfang an nicht wollte.
Darf ich einen solchen Mann ablehnen, weil ich ihn einfach nicht heiraten will? Werde ich dafür vom Schöpfer zur Verantwortung gezogen?
Diese Frage kam mir, nachdem ich eine Geschichte gehört hatte, die sich zur Zeit des Propheten (möge Allâh ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken) zugetragen haben soll. Es kam ein Mann zum Propheten und beklagte sich über seine Tochter, dass sie jeden Brautwerber ablehnte. Der Prophet habe darauf ungefähr gesagt, dass man sie lassen solle.
Der Lobpreis gebührt Allâh und möge Allâh Seinen Gesandten sowie dessen Familie und Gefährten in Ehren halten und ihnen Wohlergehen schenken!
Wenn jemand um die Hand einer Frau anhält und man mit seiner Religiosität und seinem Charakter zufrieden ist, dann soll man ihn akzeptieren, weil der Prophet (möge Allâh ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken) dies empfohlen hat: „Wenn zu euch jemand kommt, mit dessen Charakter und Religion ihr zufrieden seid, so verheiratet ihn. Tut ihr das nicht, so entsteht Zwietracht (Fitna) auf der Erde und weitverbreitetes Unrecht“ (Ibn Mâdscha, At-Tirmidhî).
Und Allâh weiß es am besten!
Die vorzuziehende Interpretation ist, dass man dies als eine Empfehlung (Nadb) versteht, aber nicht als Pflicht (Wudschûb). Dementsprechend ist es keine Sünde für die Frau oder ihre Eltern, wenn sie einen Brautwerber ablehnen, obwohl dieser über Religiosität verfügt und von gutem Charakter ist. Al-Munâwî (Allâh erbarme sich seiner) kommentiert diesen Hadîth folgendermaßen: „‚So verheiratet ihn mit ihr‘ ist als bestätigte Empfehlung (Nadb mu‘akkad) zu verstehen.“
Eine Frau darf jedoch nicht für immer auf die Heirat verzichten, wenn sie befürchtet, auf diese Weise in etwas Verbotenes zu geraten. Al-Buhûtî (Allâh erbarme sich seiner) sagte: „Eine Ehe ist zu schließen, wenn man dafür ein Gelübde (Nadhr) gefasst hat, oder wenn man befürchtet, durch einen Verzicht auf die Ehe in Unzucht zu fallen. Dies gilt für jemanden, der imstande ist, eine freie Frau zu ehelichen, auch wenn seine Befürchtung nur eine reine Vermutung ist. Dies bezieht sich sowohl auf Männer als auch auf Frauen. Sich in Keuschheit vor Verbotenem zurückzuhalten geschieht durch die Ehe. Al-Mardâwî schreibt bei der Behandlung der verschiedenen Arten von Ehen: „Wenn wir sagen, dass die Ehe (in solchen Fällen) vorgeschrieben ist, so gilt das für Frauen und für Männer gleichermaßen.“
Zweifellos ist die Ehe eine große Gnade und eine Gepflogenheit von den Sunna-Handlungen der Propheten. Der Gesandte Allâhs (möge Allâh ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken) empfahl den Jugendlichen die Heirat, ermunterte sie dazu und warnte sie davor, sich von der Ehe abzuwenden. Er sagte: „Die Heirat gehört zu meiner Sunna. Und wer nicht nach meiner Sunna handelt, der gehört nicht zu mir. Heiratet, so werde ich durch euch die anderen Gemeinschaften übertreffen. Wer vermögend ist, der soll heiraten. Und wer es nicht kann, der soll fasten, denn das Fasten ist für ihn ein Schutz“ (Ibn Mâdscha).
Al-Ainî (Allâh erbarme sich seiner) sagte: „Die Ehe ist eine Sunna der Propheten und Gesandten. Mit ihr erfüllt man die Hälfte der Religion. Es gibt Überlieferungen und Berichte auf der Stufe von Tawâtur (mit großer Anzahl von Überlieferungsketten), die denjenigen warnen, der sich von der Ehe abwendet, und denjenigen ermuntern, der sich ihr zuwendet.“
Wir raten dir, dich nicht von der Ehe zu distanzieren und diesen Brautwerber nicht zurückzuweisen, solange er über Religiosität und Charakter verfügt. Was die Geschichte betrifft, die du diesbezüglich erwähnt hast, so meinst du möglicherweise das Ereignis der Frau, die zum Propheten (möge Allâh ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken) gekommen sei, um ihn über das Recht des Ehemanns auf seine Ehefrau zu befragen. Als sie erfuhr, wie groß das Recht des Ehemanns ist, habe sie angeblich gesagt: „Ich werde nicht heiraten, solange ich auf dieser Welt bin.“ Doch diese Geschichte und ähnliche sind keine korrekten Überlieferungen!